Augen der Nacht (Dunkelmond Saga) (German Edition)
das ist auch gut so. Dadurch haben wir unsere Wurzeln
gewahrt und unsere Königslinie.“
Neue Pfeifen wurden gestopft und neue Probleme erörtert.
Unterdessen
nippte Vell
an
ihrer zweiten
Tasse
und
beobachtete Willet, der sich abseits in das Feuer vertieft
hatte.
Er wirkte ernst und in sich gekehrt. Nur ab und an sah er in
ihre Richtung, immer dann wenn sie zufällig wegsah. So
konnte das alles nicht weitergehen! Sie musste etwas über
ihren Vater erfahren und es war ihr mittlerweile egal, ob er
nun zum Reden aufgelegt war oder nicht.
„ Wie sieht es mit dir aus, Willet ?“, unterbrach Adamus ihre
Gedanken, „ ich spiele gerne Schach und hatte gehofft, du
würdest einem alten Mann die Ehre geben.“
„Warum fragt ihr nicht euren Freund? Er würde sicher davon
profitieren.“
„Nun, ich fürchte, er spielt nicht gerne“, gestand Adamus,
„ ich habe nur sehr selten die Gelegenheit, ein Gegenüber zu
finden und wäre froh
wenn
du diesen
Platz einnehmen
könntest.“
„Also schön“, gab sich Willet geschlagen, „ eine Partie .“
„ Wundervoll!“, freute sich der Bruder, „ dann komm und hilf
mir!“
Er holte einen Schemel mit Tisch herbei und sie fingen an,
das Brett aufzubauen.
„ Was ist mit dir?“ ,
fragte
er Velura, „ möchte
mich
die
Gefangene
vielleicht beraten? Das Spiel ist zwar
meine
Leidenschaft, doch mein Gedächtnis neigt dazu, mich ab und
an im Stich zu lassen.“
„Wenn ihr das wünscht “, erwiderte Vell. Dabei war sie froh,
nicht länger herum zu sitzen.
Auch wenn es bedeutete, dass sie ihrem Problem nun direkt
gegenüber saß.
Das Schachbrett war alt und die meisten Figuren hatten ein
geschnitztes Gesicht. Natürlich nahm Willet schwarz.
Er verschanzte sich hinter einer dunklen Schlachtreihe und
erwartete ihren Zug.
„ Vor uns stehen die Horden der Finsternis“, erklärte der
Bruder, „ und unser Ziel ist es, ihren schwarzen König zu
stürzen.“
„ Ich weiß“, erwiderte Vell, „ ich kenne das Spiel.“
„ Was wir brauchen ist eine Strategie“, flüsterte Adamus,
„ eine, die er nicht durchschauen kann.“
„ Nun kommt schon“, drängte Willet, „ der Herr der Finsternis
beginnt sich allmählich zu langweilen.“
„ Hochmut kommt vor dem Fall“, erinnerte der Graubart ,
„noch heute Abend wird er uns um Gnade anflehen.“ „ Wird er nicht“ , versicherte Willet, „also schickt endlich ein
paar Bauern in den Tod. “
„ Vielen Dank für den Hinweis“, sagte der Bruder und zog sein
Pferd auf ein freies Feld.
„nun kann es also beginnen.“
*
Im Laufe der Partie gab es dank Adamus viel zu lachen.
Nach
Willets Zügen
verwickelte er
Vell jedes Mal in
ausführliche Spekulationen, was wohl gerade im Kopf ihres
Gegners vor
sich
ging.
Tatsächlich
hatte sie höchstens
zweimal in ihrem Leben Schach gespielt. Doch in den Augen
ihres Gegners gab es stets etwas, dass ihr verriet, ob sie
richtig oder falsch lag.
So dauerte das Spiel etwas länger und sie verloren erst nach
einer gefühlten Stunde.
„ Matt“, erklärte Willet.
Er schien seinen Sieg zu genießen.
„ Ich schätze, das verlangt morgen nach einer Revenge“ , sagte
Adamus. Vell dachte ebenso, nur, dass sie das Wort Rache
als passender empfand. Immerhin waren sie dem Sieg schon
so nahe gewesen.
„ Schade, dass es schon so spät ist“, fand der Bruder, „ aber ich
denke es wird nun Zeit für mich, zu Bett zu gehen. Das eure
liegt übrigens im ersten Stock. Zwei Kammern, zwei Betten,
so wie du es wolltest, Tengol.“
„Danke dir “, erwiderte der Nordmann, „ geh nur schon vor.
Wir werden hier unten noch Ordnung schaffen.“
„Dann gute Nacht“, verabschiedete sich der Bruder, „ wir
sehen uns morgen.“
„Gute Nacht“, erwiderte Vell und sah, wie Adamus nach
draußen schlich, in seinem Schatten der alte Hund.
„ Möchtest du noch spielen?“ , erkundigte sich Willet.
„ Ja“, entschied sie , „wieso nicht.“
„Weiß oder schwarz?“
„Weiß. Nein schwarz. Dann kann ich sehen, was du vorhast.“ „ Du wusstest was ich vor habe“, entgegnete
er, „ genau
deshalb habt ihr das Spiel auch verloren. “
„Wie meinst du das?“
„ Naja, du willst verhindern, dass ich dir Schaden zufüge. Aber
dadurch
verlierst
du
dein
Ziel aus
den
Augen,
und die
Möglichkeit, mich zu schlagen.“
Vell sagte nichts mehr. Vielleicht hatte sie ja tatsächlich
Angst, Angst, ihm nicht gewachsen zu sein, aber, dass er das
wusste, war noch viel schlimmer.
Sie musste eine Ausrede finden. Doch
Weitere Kostenlose Bücher