Augen der Nacht (Dunkelmond Saga) (German Edition)
Hanora erheitert, „ sie ist
noch ein Kind.“
„Und schon so appetitlich“, fand der Hausherr, „ allerdings
werde ich ein wenig übertreiben müsse, um ihre prüde Aura
zu übertönen.“
Wie bitte??!!! . Hatte er eben prüde gesagt!? Er kam jetzt
näher und hob ihr Kinn.
„ Sie ist noch ungepflückt “, sprach er, „ hat unser Kätzchen
auch einen Stammbaum? “
„Ich habe sie von der Straße aufgelesen. Denkt ihr, sie ist die
siebenhundert wert?“
„ Kommt ganz darauf an . An welche Art von Investition hattet
ihr denn gedacht? “
„An eine bestimmte“, erwiderte die Dame vielsagend, „ sein
Name ist Victor Na Tiliano. Er soll einer eurer besten Kunden
sein.“
„Was ihr nicht sagt. Ihr wollt doch nicht etwa am Stoff
sparen?"
„Keineswegs“, versicherte Hanora, „ die Kleine soll ihm nur
Appetit machen. “
„ Und das Dessert ?“
„ Gibt es nicht. Es sei denn wir kommen nicht überein.“
„Nun, das tun wir, denke ich. Ich werde euch den Happen fein
zubereiten.“
„Ausgezeichnet“, erwiderte Hanora zufrieden, „ ich erwarte
das Kleid gegen sieben.“
„ Dann gegen sieben “, versicherte er , „und nun entschuldigt
mich. Es gibt viel zu tun.“
Mit einem abermals angedeuteten Handkuss zwang er die
Dame zum Abschied und sorgte dafür, dass die Diener sie
wieder hinaus geleiteten.
*
„ Das lief ja bestens“, fand Hanora.
Vell sagte nichts mehr.
Und so würde es bleiben, die ganze bevor stehende Fahrt
über.
„ Ist alles in Ordnung ?“, fragte die Dame. Ihre Stimme klang
bestenfalls aufgesetzt.
„ Nein , ist es nicht .“ fauchte Vell,.
„Es gibt nichts, wofür du dich zu schämen brauchst.Wir beide
wissen, dass ein noch unberührter Körper zu deiner Mitgift
gehört.
Was du nach
der Heirat tust,
interessiert später
niemanden mehr.
Auch
nicht,
mit wem du die einsamen
Abende verbringst.“
„Warum erzählt ihr mir das alles? Ich bin erst sechzehn!
Außerdem interessiert es mich gar nicht!“
„Das sollte es aber. Immerhin geht es hier um deine Zukunft.“
„Meine Zukunft?!“ Ihr wisst ganz genau, dass ich keine habe!
Genau deshalb benutzt ihr mich doch!“
„Sei vorsichtig“, erwiderte die Dame, „ du kannst von Glück
reden, dass dir bisher noch nichts zugestoßen ist. Dieser
Willet ist eine Gefahr
für uns alle.
Und ich
werde nicht
zulassen, dass er sich weiterhin einmischt. “
„ Er wollte mich nur beschützen!“
„ Mein armes Kind. Alles was er wollte war mir die Stirn zu
bieten. Er sieht dich als eine Art Verpflichtung, verstehst du?
Du selbst hast nicht die geringste Bedeutung für ihn.“ Vell tat, als würde sie raussehen.
Aber was, wenn Hanora Recht hatte? Was, wenn sie ihm
eine Last war? Nur durch sie steckte er jetzt in der Klemme
und ohne sie war er sicher besser dran.
Ihr war nun schlecht. Als würde ein schwerer Stein in ihrem
Magen liegen.
Dabei fing die Kutsche auch noch zu rumpeln an.
Tatsächlich hatten sie die Straße verlassen und folgten jetzt
einem schmalen und steilen Feldweg. Alte Villen säumten
ihren
Weg und von
Park
zu Park wurde es
allmählich
grüner.
Vor einem alten Herrenhaus blieb das Gefährt schließlich
stehen. Das Anwesen lag auf dem höchsten Hügel, umgeben
von wilden Gärten.
„ Komm schon!“, drängte Hanora, „ wir sind da.“ Sie erhob
sich und öffnete die Kutschentür.
Von außen wirkte das Haus unbewohnt. Die Fenster waren
verschlossen.
Aber Hanora zog einen Schlüssel aus ihrem Mantel und
sperrte die Tür auf. Im Erdgeschoß war es staubig. Der
Geruch alter Möbel stieg in Veluras Nase. Sonst war es
vollkommen still.
Die Dame öffnete die erste Tür von rechts und trat ein. Sie
führte in ein Kaminzimmer mit offener Feuerstelle.
Die gesamte Einrichtung war mit weißen Laken bedeckt.
Doch ihr Diener eilte herbei, um sie abzunehmen.
„ Du musst Hunger haben“, sprach die Dame, „ ich werde
dafür sorgen, dass man uns etwas zu essen bringt.“ Aber Vell fühlte nichts dergleichen. Stumm setzte sie sich
auf das Sofa und sah aus dem Fenster. Sie wollte weder
reden noch essen. Unterdessen sorgte der Diener für Feuer
und Hanora für die nötige Ablenkung.
„ Deine Verwirrung wird sich schon sehr bald legen“ versprach
sie, „ es ist nur natürlich, dass du noch verunsichert bist.“
„Ist das denn wichtig?“, zweifelte Vell , „ich bin euch doch
völlig gleichgültig.“
„Ganz und gar nicht. Immerhin kannte ich deinen Vater.“ Gebannt sah Vell zu ihr auf .
„Überrascht dich
das?“, fragte die Dame, „
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