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Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter

Titel: Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenther Bentele
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Anders als bei den Vulkanen und Erdbeben überfliegen die Kometen die ganze Welt und können ihr Gift überall wirksam machen.
    Er konnte diese Gründe nicht widerlegen, kannte aber zum Glück schon die Wahrheit.

Die Antwort des vierten Gelehrten:
    Ich selbst, August de Lure, fragte einen berühmten geistlichen Gelehrten in der Papstburg zu Avignon. Bei der Mutter Kirche ist die Wahrheit am ehesten zu finden. Das Sterben ist eine Strafe Gottes, sagte der fromme Mann, verhängt um unserer Sünden willen.
    Dass die Welt sündig ist und verdorben, wird niemand in Abrede stellen. Aber, so hätte ich antworten können, Gott der Herr hat nach der Sintflut geschworen, die Menschheit nicht mehr zu vernichten! Und er hat den Regenbogen als Zeichen gesetzt für diesen Schwur.
    Doch ich habe geschwiegen - die Inquisition lässt schlecht mit sich reden, und mein Tod auf dem Scheiterhaufen wegen dieses meines Widerspruchs hätte der Verbreitung der Wahrheit nicht gedient.
     
    Es wird gesagt, die Seuche sei aus dem Osten zu uns gelangt. Das muss nicht die Wahrheit sein, aber es widerspricht auch nicht der Wahrheit.
    Deshalb sei hier der Bericht des Augenzeugen Gabriel de Mussis eingefügt.

Bericht des Notars und Augenzeugen Gabriel de Mussis:
    Im Jahre des Herrn 1347 nach der Geburt unseres Erlösers geschah es bei der Belagerung der Stadt Kaffa am Schwarzen Meer durch die Tartaren, dass im dritten Jahr die Belagerer von eben dieser Krankheit ergriffen worden sind. Täglich starben viele tausende mit den Anzeichen, die den Schwarzen Tod auch heute begleiten. Dem Anführer der Tartaren gab nun der Teufel den Gedanken ein, die Leichen mit den Katapulten der Belagerung in die Stadt zu schießen, sodass die Menschen in der Stadt vom Gift, das die Leichen ausströmten, ebenfalls erkrankten und unter Qualen starben. Es waren aber viele Kaufleute aus Italien in dieser Stadt, von denen es einigen gelang, Schiffe zu besteigen und damit nach ihrer Heimat zu segeln: Diese brachten die Pest von Kaffa nach Italien, von wo aus die Seuche sich nun anschickt, den ganzen Welt-kreis zu erobern.
     
    Wir halten den Bericht des Gabriel de Mussis, einem sehr gelehrten Mann, für möglich, und sicher nennt er den Weg der Pestilenz richtig. Aber wer klug ist, sieht, es ist nicht das, was wir die ganze Wahrheit nennen. Wie ist die Seuche nach Kaffa gekommen? Auf welche Weise ist sie von den Schiffen mitgebracht worden? Und wie ist es geschehen, dass sie sich nun von Italien her immer weiter verbreitet?
    Diese Fragen beantwortet er nicht.

Die ganze Wahrheit:
    Deshalb sei nun auf den folgenden Seiten die ganze Wahrheit gegeben. Wir wissen seit dem griechischen Philosophen Empedokles, sagen uns die Gelehrten, dass die vier Elemente - Feuer, Wasser, Luft und Erde - das Leben möglich machen, ja, dass alles auf der Welt, Lebendes und Totes, aus diesen vier Elementen besteht. Wem es nun gelingt, eines der vier Elemente zu vergiften, der vergiftet alles Leben.
    Das ist eine gute Lehre, finden wir, sie erklärt vieles, aber freilich noch nicht alles. Gift in der Grundlage des Seins - es muss verderblich sein, wie nichts anderes.
    Feuer, Erde, Luft und Wasser!
    Ist das Gift im Feuer? Nein, Feuer ist jedem Gift und jeder Krankheit feindlich, sagen die Gelehrten.
    Was dann? Erde? Nein! Wie will man Erde vergiften? Nehmen wir doch die Erde in ihrer reinen Form gar nicht zu uns, sondern nur in der durch Tiere oder Pflanzen zu Nahrung verwandelten Form, setzen die Gelehrten hinzu.
    Wo und wie sollte hier Gift ins Spiel kommen?
    Die Luft? Die Lehre von den Vulkanen, den Kometen und den Erdbeben scheint dies zu bestätigen - aber wir wissen die Wahrheit. Und dazu: Wird ein bösartiger Mensch die Lüfte verpesten, auf dass sie die Landschaften und Städte durchziehen? Wo er doch selbst mit jedem Atemzuge Luft braucht?
    Bleibt also das Wasser! Und nichts ist einfacher, als die Brunnen zu vergiften, aus denen uns das Wasser kommt! Dazu braucht es nur das Gift, das die beschriebenen Eigenschaften der Krankheit hervorruft!
    Es ergeben sich daraus zwei Fragen:
    Gibt es dieses Gift?
    Und wenn es dieses Gift gibt - wer ist es, der damit die Brunnen vergiftet?
    Die Antwort auf die erste Frage ist sehr einfach: Zum Beweis, dass es dieses Gift gibt, geben wir diesem Bericht ein Säckchen desselben bei.
    Jeder kann es probieren, wovor wir doch aber höchlichst warnen müssen: Schon die kleinste Menge des teuflischen Stoffes kann jedermann dieser verfluchten Krankheit aussetzen!

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