Aus den Augen (T-FLAC) (German Edition)
dachte? Er war dabei, sie unehrenhaft nach Hause zu schicken. Was blieb da noch übrig? Eine Tracht Prügel? Die nächste Spitzzüngigkeit? Bei dieser Vorstellung wogte etwas Dunkles, Heißes in ihr auf, und sie vermutete, dass der Schlag auf den Kopf härter gewesen sein musste als gedacht.
Er schüttelte den Kopf und zog diese alten, dünnen Lippen zu einer grimmigen Linie, die ihr bedeutete, dass er mit Reden fertig war. Sie hielt gleichfalls den Mund. Die Straßenlaternen zogen vorbei, während sie durch die frühmorgendliche Stadt fuhren, und AJ schaute stur geradeaus, während sie ihre Möglichkeiten überdachte.
Sie war nicht nur entschlossen, Raazaq zu töten, einen Mann, der in den USA zu den Top Ten der meistgesuchten Terroristen zählte. Sie musste auch beweisen, dass sie alles hatte, um eine der besten T-FLAC-Kräfte zu werden.
Sie musste es sich selbst beweisen.
Und Kane Wright.
Und Mac MacKenzie, ihrem psychologischen Betreuer, der sie gewarnt hatte, dass ihr aggressiver Erfolgswille sie noch umbringen werde, wenn sie ihn nicht zu kontrollieren lernte. Schön. Sie kontrollierte ihn. Schau mich an, Mac. Siehst du? AJ Cooper beißt sich auf die Zunge.
Alles, was sie brauchte, war eine zweite Chance.
Es half ihr nicht weiter, dass sich in die Heldenverehrung für den Mann, der stoisch den Wagen lenkte, eine natürliche und sehr unwillkommene Lust mischte, die sie nicht einmal auf dem vierundzwanzigstündigen Flug hierher hatte abschütteln können. Während der letzten drei Tage waren ihre Gefühle Achterbahn gefahren, und der letzte Mann, der wirklich absolut letzte Mann, an dem sie ein romantisches Interesse hätte haben sollen, war Kane Wright.
Der Mann war ein Einzelkämpfer. Kam nicht gut mit anderen aus. Er war ein Perfektionist. Er tolerierte Fehler weder bei sich noch bei anderen. Und er war störrisch, unfreundlich und verschroben.
AJ hörte schon die Glocken der Hölle, während sie auf ihrem Sitz zusammensank und die sandigen Augen schloss. Wenn sie jetzt so darüber nachdachte, mochte sie ihn eigentlich nicht einmal!
Das Auto bremste, sie öffnete die Augen und sah sich um.
Die Sicherheitsunterkunft lag auf dem Westufer des Nils, am Rande des Vororts Imbaba. Es handelte sich um eine relativ hoch aufragende Bruchbude. Die abblätternde Farbe, die Graffiti und die zerbrochenen Fenster im Erdgeschoss zeigten, dass es sich um keines der neueren Gebäude in der seit kurzem wieder aufstrebenden Gegend handelte. Genau genommen, war es nur eine größere Version der verfallenden Mietskasernen, die um es herumstanden. Gerade, als über Kairo mit einem rauchigen, goldenen Nebel der Tag anbrach, bog Kane in die Tiefgarage ein.
Die Dinge spitzten sich zu. Er hatte sie hierher gebracht, bevor er sie zum Flughafen schaffen würde.
AJ schnaubte erleichtert, als er auf einen leeren Parkplatz fuhr und den Motor abstellte. Sie war am Boden zerstört, und er musste das eigentlich auch sein. Flöhe oder nicht, die Zuflucht würde zumindest eine funktionierende Dusche und Toilette haben. Und ein Bett. Sie brauchte eine Dusche, etwas zu essen und eine horizontale Ebene, auf der sie für die nächsten paar Stunden zusammenbrechen konnte. Dann würde sie sich aufsetzen und überlegen, wie sie ihren Ruf retten und den Job erledigen konnte, für den man sie nach Ägypten geschickte hatte.
»Darf ich noch duschen und etwas schlafen, bevor du mich zum Flughafen schaffst?«, fragte sie und ließ den zerfransten Sicherheitsgurt aufschnappen, sobald sie zum Stehen gekommen waren. Die Tatsache, dass sie schon die letzten drei Monate über keine Nacht mehr durchgeschlafen hatte, war jetzt ohne Bedeutung.
»Im Flugzeug hast du genug Zeit zum Schlafen«, sagte er kurz angebunden und fasste, ohne in ihre Richtung zu sehen, nach dem Türgriff. »Du solltest allerdings abseits der Zivilisten bleiben.«
AJ stieg aus dem Wagen und schlug die Tür ein wenig fester hinter sich zu als nötig. Blödmann . Er roch auch nicht besser als sie.
Wäre er ihr Bruder Gabriel gewesen, sie hätte ihm einen soliden Schlag in den Solarplexus verpasst. Aber ihr überschäumendes Temperament hatte sie mehr als einmal in Schwierigkeiten gebracht, und sie war ohnehin schon Kanes unbeliebteste Einsatzkraft. AJ biss sich noch fester auf die Unterlippe. Sie musste nicht sein Liebling sein.
Bring ihn nicht um , sagte sie sich nachdrücklich, und küss ihn auch nicht. Tu einfach deine Arbeit. Mach sie gut und fahr heim. Mission
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