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Ausgeliefert: Roman (German Edition)

Ausgeliefert: Roman (German Edition)

Titel: Ausgeliefert: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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flach auf der Dachneigung. Sein Kopf und seine Schultern waren über dem Dachfirst kaum zu sehen. Er hob erneut seinen Feldstecher, hielt den Atem an und wartete.
     
    Sie sahen Borkens erregtes Gestikulieren, und dann richtete sich der verletzte Mann auf und trat neben den anderen, der Holly niedergeschlagen hatte. Sie sahen, wie sie ihr die Arme auf den Rücken drehten und sie in die Höhe zerrten. Ihr Kopf hing herunter. Ein Bein war abgeknickt, das andere steif. Sie stützten sie und warteten, bis eine Handbewegung Borkens sie aufforderte, sie quer über die Straße zu zerren. Dann war Borkens Stimme wieder an Websters Ohr zu hören, laut und schwer atmend.
    »Okay, das war’s dann wohl«, sagte er. »Ich will ihren Alten sprechen.«
    Webster reichte Johnson das Funkgerät. Der starrte es zuerst an und hielt es sich dann ans Ohr.
    »Was Sie wollen«, sagte er. »Alles. Tun Sie ihr bloß nicht weh.«
    Borken lachte. Ein lautes, erleichtertes Lachen.
    »Die Einstellung gefällt mir«, sagte er. »Und jetzt passen Sie auf.«
    Die beiden Männer schleppten Holly den kleinen Hügel vor der Ruine des Bezirksgebäudes hinauf. Schleppten sie zu dem abgestorbenen Baumstamm. Dann drehten sie sie herum und führten sie ein Stück weiter, bis sie mit dem Rücken gegen das Holz stieß. Sie schlangen ihre Arme um den Stamm. Jetzt hob sich ihr Kopf. Sie schüttelte ihn benommen. Ein Mann hielt ihre beiden Handgelenke, während der andere mit irgendetwas hantierte. Handschellen. Er fesselte die Handgelenke hinter dem Baum. Dann entfernten sich die beiden Männer wieder von ihr, kehrten zu Borken zurück. Holly sackte an dem Baumstamm herunter. Dann stemmte sie sich dagegen
und stand wieder auf. Schüttelte wieder den Kopf und sah sich um.
    »Zielübungen«, sagte Borken in das Funkgerät.
    Johnsons Adjutant drehte an den Stellknöpfen und vergrößerte das Bild. Borken hatte sich jetzt in Bewegung gesetzt, ging zwanzig Meter nach Süden und drehte sich um, hielt die Sig-Sauer zu Boden gerichtet und hielt sich mit der anderen das Funkgerät vors Gesicht.
    »Es geht los«, sagte er.
    Er drehte sich zur Seite und hob den Arm. Hielt ihn ganz gerade, die Schultern zur Seite gewandt, wie ein Duellant in einem alten Film. Visierte über den Lauf der Waffe und feuerte. Die Pistole ruckte lautlos zurück, und einen knappen Meter vor Holly spritzte eine Staubwolke auf.
    Wieder lachte Borken.
    »Schlechter Schuss«, sagte er. »Ich muss üben. Könnte eine Weile dauern, bis ich näher komme. Aber ich habe ja noch vierzehn Schuss, nicht wahr?«
    Er feuerte erneut. Wieder eine Staubwolke, diesmal einen Meter hinter dem Stamm.
    »Noch dreizehn«, sagte Borken. »Ich schätze, Sie versuchen es am besten mit CNN, ja? Rufen Sie sie an und erzählen Sie ihnen die ganze Geschichte! Machen Sie eine offizielle Erklärung daraus. Webster soll es bestätigen. Und dann schalten Sie sie auf dieses Funkgerät. Sie wollen mir ja meine Faxleitung nicht wiedergeben, also muss ich direkt mit denen kommunizieren.«
    »Sie sind verrückt«, sagte Johnson.
    »Sie sind derjenige, der verrückt ist«, widersprach Borken. »Ich bin eine Macht der Geschichte. Ich bin nicht aufzuhalten. Ich schieße auf Ihre Tochter. Das Patenkind des Präsidenten. Sie verstehen nicht, Johnson. Die Welt ist im Begriff, sich zu ändern. Ich verändere sie. Die Welt muss Zeuge sein.«
    Johnson blieb stumm. Benommen.
    »Okay«, sagte Borken. »Ich werde jetzt abschalten. Führen Sie das Gespräch! Ich habe noch dreizehn Schuss. Wenn ich nicht von CNN höre, wird der letzte Schuss Holly töten.«
    Johnson hörte, wie die Verbindung abbrach, blickte auf die Bildschirme und sah, dass Borken das Funkgerät fallen ließ. Sah, wie er mit beiden Händen die Sig-Sauer hob. Sah ihn zielen. Sah, wie er einen Schuss genau vor die Füße seiner Tochter setzte.
     
    Reacher lehnte sich an den warmen Kamin und ließ den Feldstecher sinken, stellte fieberhaft eine Berechnung im Kopf an. Eine Berechnung, bei der es um Zeit und Entfernung ging. Er war zwölfhundert Meter von Holly entfernt. Er würde es nie schaffen, rechtzeitig hinzukommen. Und auch nicht lautlos. Er legte sich mit der Brust aufs Dach der Kantine und rief zu McGrath hinunter. Seine Stimme war ganz ruhig und entspannt, so als ob er in einem Restaurant eine Bestellung erteilen würde.
    »McGrath?«, sagte er. »Sie müssen in die Waffenkammer einbrechen. Das ist die Hütte ganz am Ende, die abseits von den anderen steht.«
    »Okay«,

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