Ausgewichtelt
eigenes Licht in sich. Ein einzigartiges Geschenk; kein Wunder, dass du es in Ehren hältst. Aber jetzt auf zum nächsten Saunagang!«
Sie setzten sich wieder auf die Schwitzbank, und nun fühlte sich der Dampf in dem dunklen Raum noch weicher an. Zuerst erwärmten sich ihre Glieder, dann trieb ihnen das auf den Ofen zischende Wasser den Schweiß aus den Poren, und schließlich mussten sie erneut nach draußen gehen, um sich abzukühlen. Der Hund Seippu erwartete sie an der Tür und bellte Sampo, der sich wieder im Schnee wälzte, übermütig an. Der ächzte zufrieden, ließ sich auf die Bank vor der Sauna fallen und war im Nu von tanzenden Dampfwolken umhüllt.
Seippu erklärte dem Weihnachtsmann eifrig, wie wichtig es sei, sich zu wälzen.
»Sich im Schnee zu wälzen ist eine ausgezeichnete Methode, sein Fell zu pflegen. Ich tue es immer, wenn mein Rücken juckt. Aber sag mal, Weihnachtsmann, woher stammst du eigentlich? Wenn ich ganz genau schnuppere und schnüffle, nehme ich merkwürdige Gerüche an dir wahr. Du hast wohl viel von der Welt gesehen?«
Der Weihnachtsmann überlegte. Es kam ihm vor, als hätte er immer schon gelebt. Aufgrund dessen hatte er seine Zauberkraft überhaupt erst entdeckt, denn ihm war aufgefallen, dass die Jahre ihn nicht älter machten. Die Menschen um ihn herum veränderten sich, doch er selbst blieb immer gleich. Dass er Zauberkräfte besaß, hatte ihn anfangs bestürzt. Traurig hatte er sein Elternhaus verlassen und war lange und weit gewandert, um andere zu finden, die so waren wie er. Erst nach langer Zeit, irgendwo im Süden, begriff er, dass es womöglich einen Grund für sein Anderssein gab. Vielleicht hatte er eine Aufgabe zu erfüllen.
Damals hörte er viele wichtige Geschichten. Eine erzählte vom heiligen Nikolaus, der armen Mädchen half, eine andere vom Sinterklaas, der hübsche kleine Geschenke an brave Kinder verteilte. Überall auf der Welt fanden sich wundersame Gestalten, die gute Werke taten: der tschechische König Wenzel, in Frankreich der alte Père Noël und der Hirte von Les Baux, die Italienerin La Befana, die ein Vergehen sühnte – sie alle und viele andere hatten ihr Leben der Aufgabe gewidmet, die Menschen froh zu machen. Sie brachten braven Kindern Geschenke und schienen dabei glücklich zu sein.
Der Weihnachtsmann erinnerte sich, wie froh er gewesen war, als er erkannt hatte, dass er sein langes Leben für Wohltaten nutzen konnte. Er hatte beschlossen, allen Kindern, die er erreichen konnte, die Botschaft der Freude und der Freundschaft zu bringen, und damit bereits in der nächsten Nacht begonnen. Es war die Weihnachtsnacht gewesen.
An diesem Weihnachten überkam ihn die Zauberkraft zum ersten Mal. Am Himmel leuchtete das Polarlicht auf, das man in den südlichen Gefilden, in denen er sich damals aufhielt, nur selten sieht. Es flammte bis auf die Erde und riss den Weihnachtsmann mit sich. Bevor er wusste, wie ihm geschah, war er von einem Kind zum anderen geeilt, hatte ihnen die Freude und das Wunder der Weihnacht gebracht und ein glückliches Lächeln auf unzählige Kindergesichter gezaubert. Als endlich der Morgen dämmerte, setzte das Polarlicht den völlig erschöpften Weihnachtsmann in Finnisch-Lappland ab, mitten auf einem verschneiten Fjell, der Korvatunturi hieß.
»Ich bin tatsächlich viel gereist«, berichtete der Weihnachtsmann. »In meiner Jugend bin ich im Süden herumgezogen, weit weg von hier, auf der Suche nach meinem Lebenszweck, und ich habe ihn gefunden. Ohne das Wunder der Weihnachtsnacht wäre ich wahrscheinlich ziemlich einsam. Aber wollen wir nicht ins Haus gehen? Man verkühlt sich so leicht, wenn man nach der Sauna zu lange in der Kälte sitzt.«
Sie zogen sich an und gingen durch die Abenddämmerung zurück ins Haus. Sampo bereitete dem Weihnachtsmann ein bequemes Lager auf der Wandbank. Zufrieden streckte sich der Weihnachtsmann darauf aus. Wie schön das Leben doch war: Die Sauna hatte ihn in eine friedliche Stimmung versetzt, er hatte in seinem neuen Nachbarn einen Freund gefunden und sich den Bauch mit leckerer Hechtsuppe vollgeschlagen. Seippu sprang zu ihm, rollte sich am Fußende zusammen und legte den Kopf seufzend auf die Knie des Weihnachtsmannes. Der schmunzelte über das zufriedene Schnaufen des Hundes: Seippu schien den Geruch des Saunadampfes zu genießen, auch wenn er selbst die Dampfstube nicht betreten mochte.
Sampo ging in die Stubenecke, holte hinter einem Vorhang eine große Trommel hervor und
Weitere Kostenlose Bücher