Avalon 08 - Die Nebel von Avalon
Schicksal hat sich erfüllt, wie es geweissagt wurde. Nimm es mit allem Mut an, den du aufbringst.«
Sie kniete nieder und betete… sie betete für Gorlois und dann weinend für sich. Sie erflehte den göttlichen Segen für das unbekannte Schicksal, das vor ihnen lag. War es wirklich vom Anbeginn der Welt so bestimmt gewesen? Oder hatte ein Zauber es geschehen lassen… der Merlin, Avalon und sie selbst? Gorlois war tot. Als sie in Uthers Gesicht blickte, das ihr bereits lieb und teuer war, wußte sie, daß bald andere kommen würden und er die Bürde seines Amtes auf sich nehmen mußte. Er würde ihr nie mehr so uneingeschränkt gehören wie in dieser einen Nacht. Und während Igraine dort zwischen ihrem toten Gemahl und dem Mann kniete, den sie ihr ganzes Leben lang lieben würde, kämpfte sie gegen die Versuchung, sich Uthers Liebe zunutze zu machen und seine Gedanken von Königtum und Staat abzulenken und auf sich zu richten. Sie wußte, es würde ihr gelingen. Aber der Merlin hatte sie beide nicht zu ihrem Vergnügen zusammengebracht. Igraine wußte, wenn sie Uther nur für sich behalten wollte, würde sie sich gegen das Schicksal auflehnen, das sie zusammengeführt hatte, und großen Schaden anrichten. Vater Columba erhob sich und bedeutete den Soldaten, den Leichnam in die Kapelle zu tragen. Igraine berührte ihn am Arm. Er wandte sich ihr ungeduldig zu. »Herrin?«
»Ich muß Euch viel beichten, ehe mein Herr, der Herzog, im Grabe liegt… und ehe ich vermählt werde. Wollt Ihr mir die Beichte abnehmen?«
Der Priester sah sie stirnrunzelnd und überrascht an. Schließlich sagte er: »Im Morgengrauen, Herrin«, und schritt davon. Der Merlin ließ Igraine nicht aus den Augen, als sie zu ihm zurückkam. Sie sah ihn an und sagte: »Hier und jetzt, mein Vater, seid mein Zeuge, daß ich von diesem Augenblick an für immer der Zauberei entsage. Gottes Wille geschehe.«
Der Merlin blickte zärtlich in ihr aufgewühltes Gesicht. Seine Stimme klang sanfter, als Igraine sie je gehört hatte. »Glaubst du, all unser Zauber könnte etwas anderes als Gottes Wille sein, mein Kind?« Mit Mühe nahm sie sich zusammen – sie wußte, sie würde gleich wie ein Kind vor all diesen Männern zu weinen beginnen – und sagte: »Ich werde nun gehen und mich ankleiden, wie es sich ziemt, mein Vater.«
»Du mußt den Tag begrüßen, wie es einer Königin würdig ist, meine Tochter!«
Königin.
Bei diesem Wort rannen Schauer durch ihren
Körper. Aber hierfür hatte sie alles getan, was sie getan hatte. Dafür war sie geboren worden. Langsam schritt Igraine die Treppe nach oben. Sie mußte Morgaine wecken und ihr sagen, daß ihr Vater tot war. Zum Glück war das Kind zu jung, um sich deutlich an ihn zu erinnern oder um ihn gar zu trauern.
Igraine rief ihre Frauen und befahl ihnen, die besten Gewänder, den schönsten Schmuck zu bringen und ihre Haare zu flechten. Nachdenklich legte sie ihre Hand auf ihren Leib. In dem Augenblick, in dem sie der Zauberei abgeschworen hatte, sagte ihr eine letzte wunderbare Ahnung, daß sie nach dieser einen Nacht, in der sie nur Liebende gewesen waren, noch nicht König und Königin, Uthers Sohn in ihr heranwachsen würde. Ob der Merlin es auch wußte?
Morgaine erzählt…
Ich glaube, meine erste wirkliche Erinnerung ist die Hochzeit meiner Mutter mit Uther Pendragon. Von meinem Vater weiß ich nicht mehr viel. Wenn ich als kleines Mädchen unglücklich war, schien er in meiner Erinnerung ein ernster Mann mit dunklem Bart und dunklem Haar. Ich weiß noch, daß ich mit einer Kette spielte, die er um den Hals trug. Ich erinnere mich, wenn ich als Mädchen unglücklich war, wenn meine Mutter oder meine Lehrer mit mir schimpften oder Uther… aber das kam nur selten vor… mich tadelnd zur Kenntnis nahm, tröstete ich mich mit dem Gedanken, wenn mein Vater noch lebte, würde er mich gernhaben, mich auf seinen Schoß setzen und mir hübsche Dinge schenken. Jetzt bin ich älter und weiß, was für ein Mann er war. Wahrscheinlich hätte er mich in ein Kloster gesteckt,sobald ich einen Bruder gehabt hätte, und mich dann völlig vergessen.
Uther war nie unfreundlich zu mir. Aber ihn interessierte eine Tochter einfach nicht. In seinem Herzen war nur Platz für meine Mutter und in ihrem nur Platz für ihn. Ich lehnte mich dagegen auf, meine Mutter an diesen großen, blonden, ungeschlachten Mann verloren zu haben. Wenn Uther im Feld war – und in meiner Kindheit gab es immer Krieg –, liebte und
Weitere Kostenlose Bücher