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Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Hocker mit einem bestickten Kissen. Sie breitete die Arme aus und sagte: »Komm her, Morgaine! Erinnerst du dich noch an mich?«
    Ich wußte nichts von ihr. Aber ich blickte in das dunkle, freundliche Gesicht und glaubte, sie seit Ewigkeiten zu kennen. Ich zierte mich ein bißchen und fürchtete, sie würde mich auffordern, mich wie ein kleines Kind auf ihren Schoß zu setzen. Statt dessen lächelte sie und machte mir auf ihrem Hocker Platz. Jetzt sah ich, daß sie kein Mädchen, sondern eine Dame war.
    »Wir sind beide nicht sehr groß«, sagte sie, »ich denke, wir werden zusammen auf dem Hocker Platz haben, denn er ist für größere Menschen gemacht.«
    Von diesem Augenblick an liebte ich sie. Ich liebte sie so sehr, daß ich manchmal Schuldgefühle hatte, weil Priester Columba mir sagte, ich müsse Vater und Mutter mehr als alle anderen Menschen ehren. Und so saß ich die ganze Hochzeitsfeier über neben Viviane. Ich erfuhr, daß sie Morgauses Ziehmutter war. Ihre eigene Mutter war bei Morgauses Geburt gestorben, und Viviane hatte sie selbst gestillt. Das erfüllte mich mit großer Bewunderung. Denn ich war zornig geworden, als Igraine sich weigerte, meinen kleinen Bruder einer Amme zu übergeben und ihn selbst stillte. Uther sagte, es schicke sich nicht für eine Königin, und ich
hatte ihm zugestimmt. Ich haßte den Anblick von Gwydion an Igraines Brust. Ich glaube, in
'
Wirklichkeit nagte Eifersucht in mir, obwohl ich mich geschämt hätte, es zuzugeben.
    »War Eure und Igraines Mutter eine Königin?« fragte ich sie, denn Viviane war ebenso reich gekleidet wie Igraine oder eine der Königinnen aus dem Norden.
    »Nein, Morgaine, keine Königin. Sie war eine große Priesterin, die Herrin vom See, und ich bin jetzt an ihrer Stelle die Herrin von Avalon. Vielleicht wirst auch du eines Tages eine Priesterin sein. Du bist vom Alten Blut, und vielleicht hast du auch das Gesicht.«
    »Was ist ›das Gesicht‹?«
    Sie runzelte die Stirn. »Hat es dir Igraine nicht gesagt? Morgaine, Kleines, siehst du je Dinge, die andere nicht sehen können?«
    »Immerzu«, antwortete ich, denn mir war klar, daß Viviane mich ganz und gar verstand. »Aber Vater Columba behauptet, es sei das Werk des Teufels. Mutter sagt, ich sollte nicht darüber sprechen, mit niemandem, nicht einmal mit ihr. Sie sagt, diese Dinge seien an einem Christenhof nicht passend, und wenn Uther davon erfahren sollte, würde er mich in ein Kloster schicken. Ich glaube, ich möchte nicht in ein Kloster gehen, schwarze Gewänder tragen und nichts mehr zu lachen haben.«
    Viviane sagte ein Wort, wofür meine Amme mir einmal den Mund mit Seifenlauge ausgewaschen hatte: »Hör zu, Morgaine. Deine Mutter hat recht, wenn sie sagt, du solltest über diese Dinge nie mit Vater Columba
sprechen…«
    »Aber Gott wird mir zürnen, wenn ich einen Priester belüge.«
    Sie wiederholte das schlimme Wort. »Hör zu, liebes Kind: Ein Priester wird zornig, wenn du ihn anlügst. Er wird behaupten, sein Gott zürne. Aber der große Schöpfer hat besseres im Sinn, als auf junge Menschen zornig zu sein. Und dies ist eine Sache, die nur dein eigenes Gewissen etwas angeht. Glaube mir, Morgaine. Sage Vater Columba nie mehr, als du mußt, aber glaube immer, was das Gesicht dir zeigt, denn es kommt direkt von der Göttin zu dir.«
    »Ist die Göttin dasselbe wie die Jungfrau Maria, die Mutter Gottes?«
    Sie runzelte die Stirn. »Alle Götter sind ein Gott, und alle Göttinnen sind eine Göttin. Die Große Göttin wird nicht zornig sein, wenn du sie Maria nennst, denn Maria war gut und liebte die Menschen. Hör zu, mein Liebes, das ist kein Gespräch für ein Fest. Aber ich schwöre, du sollst nie in ein Kloster gehen müssen, solange ich lebe… was Uther auch immer sagen mag. Ich weiß jetzt, daß du das Gesicht hast, und ich werde Himmel und Erde in Bewegung setzen, wenn es sein muß, um dich nach Avalon zu holen. Wollen wir dies als ein Geheimnis zwischen uns bewahren, Morgaine? Versprichst du es?«
    »Ich verspreche es«, antwortete ich. Sie beugte sich zu mir und gab mir einen Kuß auf die Wange.

9
    An einem Frühlingstag im siebenten Jahr der Herrschaft von Uther Pendragon, der in Caerleon Hof hielt, ging Viviane, die Priesterin von Avalon und Herrin vom See, in die Dämmerung hinaus, um in ihren magischen Spiegel zu blicken. Die Überlieferung, in deren Folge die Herrin als Priesterin stand, war älter als die der Druiden. Trotzdem teilte sie eine der großen Lehren des

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