Avalon 08 - Die Nebel von Avalon
und es starb. Meine Söhne sind nicht um mich.« Ein Schauer durchlief sie. »Das ist mein Schicksal, und ich versuche, ihm zu gehorchen wie du dem deinigen. Nur um dies eine bitte ich dich, Igraine. Alles andere überlasse ich ihr, der Herrin über uns alle. Wenn Gorlois zurückkommt, wird er zur Wahl des Großkönigs nach Londinium reisen. Irgendwie mußt du erreichen, daß du ihn begleitest.«
Igraine lachte laut. »Nur darum bittest du mich? Aber das ist schwieriger als alles andere! Glaubst du wirklich, Gorlois wird seine Männer damit behelligen, eine junge Frau nach Londinium zu eskortieren? Ich würde wirklich gerne gehen. Aber Gorlois wird mich erst dann mitnehmen, wenn im Garten von Tintagel Feigen und Orangen aus dem Süden wachsen!«
»Trotzdem muß es dir irgendwie gelingen. Du mußt Uther Pendragon sehen.«
Igraine lachte wieder. »Vermutlich wirst du mir einen Zauber mitgeben; und er wird sich so in mich verlieben, daß er mir nicht widerstehen kann.«
Viviane strich ihr über die lockigen roten Haare. »Du bist jung, Igraine. Ich glaube, du weißt wirklich nicht, wie schön du bist. Ich denke, Uther wird keinen Zauber brauchen, um sich in dich zu verlieben.«
Igraine spürte, wie ihr Körper plötzlich in einem seltsamen Erschrecken bebte. »Vielleicht solltest du mir den Zauber besser geben, damit ich nicht vor ihm davonlaufe.«
Viviane seufzte. Sie berührte den Mondstein an Igraines Hals und sagte: »Das ist kein Geschenk von Gorlois…«
»Nein, ich habe ihn von dir bei meiner Vermählung bekommen. Erinnerst du dich? Du sagtest, er habe meiner Mutter gehört.«
»Gib ihn mir!« Viviane griff unter die Locken, die über der Schwester Nacken fielen, und öffnete den Verschluß des Halsbandes. »Wenn dieser Stein zu dir zurückkommt, Igraine, erinnere dich an meine Worte und tue, was die Göttin dir eingibt.«
Igraine betrachtete den Stein in den Händen der Priesterin. Sie seufzte, widersprach aber nicht.
Ich habe ihr nichts versprochen,
dachte sie entschlossen,
nichts!
»Wirst du zur Wahl des Großkönigs nach Londinium reisen, Viviane?«
Die Priesterin schüttelte den Kopf. »Ich begebe mich in das Land eines anderen Königs, der noch nicht weiß, daß er an Uthers Seite zu kämpfen hat. Ban von Armorica wird zum Großkönig der Bretonen ernannt. Und um die Wahl zu bekräftigen, haben ihm seine Druiden geraten, das Große Ritual zu vollziehen. Ich bin beauftragt, die Heilige Ehe zu vollziehen.«
»Ich dachte, die Bretonen seien mittlerweile Christen.«
»Ja, das stimmt«, erwiderte Viviane gleichgültig, »seine Priester werden die Glocken läuten und ihn mit ihrem heiligen Öl salben und ihm sagen, daß sein Gott das Opfer für ihn auf sich genommen hat. Aber das Volk erkennt keinen König an, der sich nicht selbst dem Großen Opfer geweiht hat.«
Igraine holte tief Luft. »Ich weiß so wenig…«
»In früherer Zeit«, sagte Viviane, »war das Leben jedes Königs an das Wohlergehen seines Landes geknüpft, und er gelobte, wie jeder Merlin von Britannien es tut, in Zeiten der Gefahr und des Unglücks zu sterben, damit das Land lebe. Sollte er dieses Opfer verweigern, würde das Land verderben. Ich… dürfte darüber nicht sprechen, es ist ein Geheimnis. Aber du, Igraine, bietest auf deine Weise dein Leben für die Genesung dieses Landes an. Keine Frau weiß bei der Geburt eines Kindes, ob die Göttin nicht ihr Leben fordern wird. Auch ich lag gebunden und hilflos mit dem Messer an der Kehle und wußte, daß mein Blut das Land erlösen würde, wenn der Tod mich ereilte…« Ihre Worte verloren sich im Schweigen. Auch Igraine blieb ehrfurchtsvoll stumm.
»Ein Teil der Bretagne ist im Nebel verschwunden und das Große Heiligtum der Steine ist schon nicht mehr auffindbar. Die Straße, die dort hinführt, ist nichts als Stein, solange man den Weg nach Karnak nicht kennt«, fuhr Viviane fort. »Aber König Ban hat geschworen zu verhindern, daß die Welten auseinandertreiben. Er verbürgt sich dafür, die Pforten zu den Mysterien geöffnet zu halten. Deshalb wird er die Heilige Ehe mit dem Land schließen, zum Zeichen, daß sein Blut vergossen wird, um die Ernte zu retten, wenn es das Schicksal verlangt. Es ist angemessen, daß ich als letzten Dienst, den ich der Mutter erweise, bevor ich meinen Platz unter den weisen Frauen einnehme, sein Land an Avalon binde. Und so werde ich bei diesem Mysterium für ihn die Göttin sein.«
Die Schwester schwieg. Aber Igraine spürte, daß das Echo
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