Avalon 08 - Die Nebel von Avalon
und da habt ihr alle etwas zu tun.«
Mißmutig aber gehorsam kehrten sie in die Halle zurück. Gwenhwyfar seufzte kopfschüttelnd, während sie ihnen mit Morgause langsam folgte.
»Mein Gott, was sind diese Mädchen heute alle so unbändig! Und ich muß darauf achten, daß sie sittsam und anständig bleiben. Sie scheinen den lieben langen Tag nur zu kichern und zu tuscheln, anstatt an ihr Spinnen zu denken. Ich schäme mich, daß es an meinem Hof nur geistlose und vorlaute kleine Mädchen gibt!«
»Aber, aber meine Liebe«, erwiderte Morgause begütigend. »Ihr wart doch auch einmal fünfzehn, und sicher nicht nur die Tugend in Person… habt Ihr nie einem gutaussehenden jungen Mann verstohlene Blicke zugeworfen und Euch Gedanken darüber gemacht, wie es wohl sein würde, ihn zu küssen… mit oder ohne Bart?«
»Ich weiß nicht, was Ihr mit fünfzehn getan habt«, fuhr Gwenhwyfar auf, »ich lebte jedenfalls hinter Klostermauern! Mir scheint, das wäre ein guter Platz für diese ungezogenen Mädchen!«
Morgause lachte: »Mit vierzehn hatte ich Augen für alles, was Hosen trug. Ich erinnere mich, daß ich mich Gorlois auf den Schoß setzte… er war mit Igraine verheiratet, ehe Uther sich in sie verliebte… und Igraine wußte das wohl. Denn das erste, was sie nach der Hochzeit mit Uther tat, war mich mit Lot zu verheiraten. Und er lebte so weit von Uthers Hof entfernt, daß sie mich auch übers Meer hätte schicken können. Aber Gwenhwyfar, könnt Ihr schwören, daß Ihr trotz Eurer Klostermauern niemals einen Blick auf einen gutaussehenden Mann geworfen habt, der an den Hof Eures Vaters kam, um die Pferde einzureiten… oder auf den roten Mantel eines jungen Ritters?«
Gwenhwyfar blickte betroffen auf ihre Schuhspitzen. »Das scheint alles so weit zurückzuliegen…« Dann nahm sie sich zusammen und erklärte energisch: »Die Jäger haben gestern einen Hirsch zurückgebracht. Ich werde anordnen, daß er für heute abend gebraten wird. Vielleicht sollten wir auch ein Schwein schlachten, wenn all diese Sachsen bewirtet werden sollen. Das Bettstroh in den Kammern muß erneuert werden… wir werden nie genug Betten haben für all diese Männer!«
»Beauftragt Eure Edelfräuleins damit«, sagte Morgause, »sie müssen lernen, Gäste in einer großen Halle zu bewirten… wozu sonst sind sie in Eurer Obhut, Gwenhwyfar? Es ist die Pflicht einer Königin, ihren Gebieter zu begrüßen, wenn er aus dem Krieg zurückkehrt.«
»Ihr habt recht«, erwiderte Gwenhwyfar und beauftragte einen Pagen, ihre Anordnungen den Hofdamen zu überbringen. Dann begaben sich die beiden Königinnen zu den großen Außentoren von Camelot.
Morgause dachte:
Es ist, als seien wir unser ganzes Leben lang Freundinnen gewesen… nun ja, es sind nicht mehr viele übrig von früher.
Dieses Gefühl wurde sie auch am Abend in der großen geschmückten Halle nicht los, wo sich die Ritter und Damen in ihren prächtigen Gewändern versammelten. Es war beinahe wieder wie an den großen Tagen von Camelot. Aber so viele der alten Gefährten waren im Krieg geblieben oder hatten die Suche nach dem Gral mit ihrem Leben bezahlt und würden nie wieder zurückkehren. Morgause dachte nur selten daran, daß sie eine alte Frau war, denn diese Vorstellung erschreckte sie. Beinahe die Hälfte der Tafelrunde schien jetzt aus haarigen Sachsen mit langen Bärten und grobgewebten Umhängen zu bestehen, oder aus jungen Männern, die kaum alt genug zu sein schienen, um Waffen zu tragen. Selbst ihr Jüngster, Gareth, gehörte inzwischen zu den älteren Rittern der Tafelrunde. Die neuen Ritter begegneten ihm nur mit Ehrerbietung, redeten ihn mit ›Herr‹ an, suchten seinen Rat oder widersprachen ihm nur vorsichtig, wenn sie anderer Meinung waren. Und Gwydion… die meisten sprachen nur von dem ›edlen Mordred‹… er schien der Anführer der Jüngeren zu sein – der Ritter und Sachsen, die Artus zu seinen Gefährten gemacht hatte.
Gwenhwyfars Hofdamen und Küchenmeister hatten ihre Aufgabe sehr gut bewältigt. Es gab gebratenes und gekochtes Fleisch im Überfluß, große Pasteten mit Sauce, Schalen voller Äpfel und Trauben, heißes Brot und Linsengerichte. Als das Mahl vorüber war, begannen die Sachsen zu trinken und spielten ihr Lieblingsspiel: Sie stellten Rätsel. Artus bat Niniane zu singen. An Gwenhwyfars Seite saß Lancelot mit verbundenem Kopf und einem Arm in der Schlinge – die Streitaxt eines nordischen Kriegers hatte ihn getroffen. Er konnte den Arm
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