Babel 1 - Hexenwut
voraus, dass Babel ihr erst einmal von der Magie erzählte und Tamy nicht schreiend davonlief oder versuchte, Babel in eine Irrenanstalt zu stecken. Aber sie hatte ja sowieso vorgehabt, es ihr eines Tages zu erzählen, warum also nicht jetzt?
»Ich werde sie fragen.«
Er nickte und drehte sich endlich auf seinem Stuhl um, um die Anlage einzuschalten. Ausnahmsweise störte sie die Musik mal nicht, im Gegenteil, Babel fand sie beruhigend. Solange Dolly mit bebendem Busen über die Liebe sang, schien noch nicht alles verloren.
So saßen sie da und lauschten ihrer Stimme, während sie ihren Gedanken nachhingen.
Erst nach einer ganzen Weile fragte Karl: »Und jetzt?«
Babel stand auf und zog wieder einmal den Rock nach unten. »Jetzt fahre ich erst mal nach Hause und sehe zu, dass ich aus diesen Klamotten rauskomme. Das war wirklich genug Folter für einen Tag.«
Es war mitten in der Nacht, als Babel plötzlich erwachte, weil ihr ein stechender Schmerz in die Schultern gefahren war und ihr den Atem raubte. Adrenalin pumpte durch ihr Blut, und ihr Unterbewusstsein hatte einen magischen Schutzwall aufgebaut, der so stark war, dass ihr die Fingerspitzen kribbelten.
Jemand hatte das Sicherheitsfeld um das Haus durchbrochen.
Mit rasendem Herzen starrte Babel in die Dunkelheit und lauschte. Nichts war zu hören. Das Haus lag still. Ihre magischen Energien glitten am Energienetz des Hauses entlang, aber das Muster hatte sich nicht verändert. Der Eindringling war keine Hexe.
Babel aktivierte ihre Magie, um dem ungebetenen Gast einen magischen Schwinger verpassen zu können, doch noch immer war nichts zu hören. Langsam schlug sie die Decke zurück und setzte die Füße auf die Dielen. Die kalte Luft traf auf ihre schlafwarme Haut und ließ sie frösteln. Möglichst leise erhob sie sich und ging ein paar Schritte auf die Tür zu, die halb offen stand.
Da endlich hörte sie die Treppenstufen knarren. Der Eindringling war im oberen Geschoss angekommen und bewegte sich zielstrebig auf das Schlafzimmer zu.
Sie stellte sich neben die Tür, den Rücken an die Wand ge-presst, und hob die linke Hand, die von der Magie warm geworden war. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals.
Ziel auf den Solarplexus, dann klappt er zusammen wie ein Taschenmesser.
Sie hielt den Atem an.
Als Erstes schob sich ein Fuß über die Schwelle, gefolgt von einer Schulter. Im Dunkeln konnte sie nicht viel erkennen und hatte nur eine vage Vorstellung davon, in welcher Höhe sie zuschlagen sollte. Langsam hob sie den Arm und wollte die Energie schon ausstoßen, als eine leise Stimme sagte: »Keinen Schaden ... nur reden ... Hexe ...«
Peking?
Der Schatten schob sich weiter ins Zimmer, und jetzt erkannte sie den verwirrten Plag auch an seiner Kleidung und dem Haarschopf. Vor Überraschung atmete Babel laut aus. Der Plag wirbelte zu ihr herum und ließ sich im gleichen Moment auf alle viere fallen. Wie eine Spinne hockte er in der Mitte des Zimmers und starrte sie an. Mehrere Herzschläge lang stand Babel wie erstarrt, den Arm noch immer erhoben, bevor sie ihn langsam senkte.
Was wollte er hier?
Sie schob sich vor die Türöffnung, um im Notfall den Flur hinunterrennen zu können.
Peking schüttelte den Kopf und wiegte sich vor und zurück. Seine Finger kratzten über die Dielen wie Klauen. »Du musst dich von ihm fernhalten«, krächzte er heiser.
»Von wem?«
»Dem Löwen.« Er kicherte, als hätte er einen Scherz gemacht, doch gleich darauf griff er sich an den Kopf und wimmerte. »Du darfst nicht in seine Nähe.«
»Meinst du Tom?«
»... nicht in seine Nähe ...«
»Dafür ist es ein bisschen spät.«
Heftig schüttelte Peking den Kopf. »Nicht die Arbeit! Das Herz! Das Herz ist zu nah ... Es wird gefressen werden.« Langsam kroch er auf sie zu, und Babel wich in den Flur zurück.
»Ich will Toms Herz nicht fressen.« »Doch. Du willst es verschlingen, und dann kommt der Verschlinger und ... oh, oh ...«
»Hör mal ...«, begann sie, aber sie kam nicht weit, denn mit einer Geschwindigkeit, die sie ihm nicht zugetraut hätte, sprang der Plag sie an, und sie krachten beide auf die Dielen. Ihr Kopf knallte auf den Boden. Der Schmerz schoss ihr unter die Schädeldecke, und für einen kurzen Augenblick sah sie Sterne. Pekings Finger krallten sich in ihre Schultern. Er schüttelte sie.
»Du musst zuhören, Hexe, zuhören!«
Benommen versuchte sie, ihre Magie in den Griff zu bekommen, um sie gegen ihn einzusetzen, aber die verschwimmende Sicht
Weitere Kostenlose Bücher