Backup - Roman
ziehen und so. Aber was soll’s, ich muss doch niemandem etwas beweisen, oder?«
»Da hast du recht«, bemerkte ich großmütig.
»Also«, fuhr er nachdenklich fort. »Meine Frage lautet: Wie lange kann ich mich auf Eis legen? Es gibt doch Leute, die sich für tausend, sogar zehntausend Jahre in Kälteschlaf begeben, nicht?«
»Und an was denkst du? Eine Million Jahre?«, fragte ich scherzhaft.
Er lachte. »Eine Million ? Du denkst in viel zu kleinen Maßstäben, mein Junge. Wie wär’s damit: bis zum Wärmetod des Universums.«
»Bis zum Wärmetod des Universums«, wiederholte ich.
»Klar«, sagte er gedehnt und ich spürte im
Dunkeln sein Grinsen. »Zehn hoch hundert Jahre oder so. Ich denke an die Phase, wenn alle möglichen Prozesse im Universum vollendet sind und die maximale Entropie erreicht ist – du weißt schon, wenn die Schwarzen Löcher alles aufgesaugt haben und völliger Stillstand herrscht. Und Kälte. Und ich überlege mir: Warum soll man den Wecker nicht auf eine solche Zeit stellen?«
»Klingt nicht sehr verlockend«, erwiderte ich. »Brrrr.«
»Im Gegenteil! Ich stelle mir eine auf Nanotechnologie basierende Kanope mit Selbstwartung vor, die über genügend Nährmasse verfügt – sagen wir einen Asteroiden von einer Billion Tonnen –, und jede Menge Einsamkeit, wenn die Zeit kommt. Ich werde in jedes Jahrhundert reinschauen, nur um zu sehen, was läuft, aber wenn sich nichts wirklich Aufregendes ergibt, mache ich die ganz lange Reise. Bis an die letzte Grenze.«
»Das ist ziemlich cool«, bemerkte Jeanine.
»Danke.«
»Du verarschst uns doch nicht, oder?«, fragte ich.
»Keineswegs«, sagte er.
Ich erhielt keine Einladung, mich dem Ad-hoc wieder anzuschließen, nicht einmal, nachdem Debra das Magische Königreich nach Absturz ihres Woppel verlassen hatte und das Spukhaus
wieder in seinen Ursprungszustand versetzt wurde. Tim rief mich an und berichtete, dass sie, mit entsprechender Unterstützung der Imagineure, damit rechneten, es in einer Woche wieder in Betrieb zu nehmen. Ich wette, Suneep war inzwischen so weit, dass er am liebsten jemanden umgebracht hätte. Ein Haus, das in sich gespalten ist, kann nicht stehen, hatte Mr. Lincoln in der Halle der Präsidenten früher immer so schön gesagt.
Ich packte drei Garnituren Wäsche und eine Zahnbürste in meine Umhängetasche, checkte um zehn Uhr morgens aus meiner Suite im Polynesian aus und traf mich mit Jeanine und Dan beim Parkservice vor dem Haus. Dan hatte mit meinem Woppel einen Sportwagen besorgt und wir nahmen Jeanine vorne in unsere Mitte. Den ganzen Weg bis Cape Canaveral ließen wir auf der Stereoanlage alte Beatles-Songs laufen. Unser Shuttle startete um zwölf Uhr mittags.
Vier Stunden später dockte das Shuttle an, aber als wir die Dekontamination und das Orientierungsgespräch hinter uns hatten, war es bereits Zeit fürs Abendessen. Dan, dessen Woppel nach seinem Geständnis fast auf demselben Tiefstand war wie Debras, spendierte uns in der großen Kugel trotzdem ein Essen, das aus Quetschtuben mit scharfem Fusel und Steakpaste bestand. Eine Weile schauten wir zu, wie das Universum kälter wurde.
Ein paar Typen hatten sich an eine Gitarre und einen Satz Trommeln angeschirrt und zogen eine Session durch. Sie waren gar nicht so schlecht.
Jeanine war nicht ganz wohl dabei, hier nackt herumzuschweben. Nachdem Dan das Gebirge, wo sie mit ihrer Familie gelebt hatte, verlassen hatte, war sie mit ihren Leuten in den Weltraum aufgebrochen, allerdings an Bord eines Langstrecken-Generationenschiffs. Nach wenigen Jahren war sie im Kälteschlaf in einer Wartungskapsel auf die Erde zurückgekehrt. Mit der Zeit würde sie sich schon an das Leben im Weltraum gewöhnen. Oder auch nicht.
»Na«, sagte Dan.
»Gut«, erwiderte ich und ahmte dabei seine gedehnte, lakonische Sprechweise nach. Er lächelte.
»Jetzt ist es so weit«, sagte er.
In Jeanines Augen bildeten sich Perlen aus salzigen Tränen. Als ich sie wegwischte, schwebten sie durch die Kugel davon. Seit ich gesehen hatte, wie sie mit Augen, groß wie Untertassen, durch das Magische Königreich gewandert war, hatte ich zärtliche, geschwisterliche Gefühle für sie entwickelt. Nichts Romantisches – das kam für mich nicht in Frage, vielen Dank auch! Stattdessen empfand ich kameradschaftliche Zuneigung und fühlte mich irgendwie für sie verantwortlich.
»Wir sehen uns in zehn hoch hundert Jahren«, erklärte Dan und begab sich zur Luftschleuse. Ich
wollte ihm
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