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Backup - Roman

Backup - Roman

Titel: Backup - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Bitchun Society hält, lebt gewöhnlich länger als deren Kritiker. Die Missionare sind nicht sonderlich erfolgreich – man muss wirklich sehr überzeugend sein, um zu einer Kultur durchzudringen, die nahezu einem Jahrhundert an Propaganda widerstanden hat –, aber wenn man ein ganzes Dorf bekehrt, sackt man alles Woppel ein, das dort zu holen ist. Häufiger kommt es allerdings vor, dass Missionare aus einem Backup reanimiert werden, wenn man ein Jahrzehnt lang nichts mehr von ihnen gehört hat. Ich hatte noch keinen aus Fleisch und Blut getroffen.
    »Wie viele erfolgreiche Missionen hast du denn schon hinter dir?«, fragte ich.
    »Bist mir draufgekommen, wie? Hab gerade meine fünfte in zwanzig Jahren abgeschlossen. Ging um Konterrevolutionäre, die sich im alten Stützpunkt des Weltraum-Verteidigungskommandos auf Cheyenne Mountain verschanzt hatten und eine Generation später immer noch dort ausharrten.« Er fuhr sich mit den Fingerspitzen durch den Backenbart. »Deren Eltern hatten abtauchen müssen, nachdem ihre Ersparnisse aufgebraucht waren, und sie selbst benutzten keine Technik, die über ein einfaches Gewehr
hinausging. Davon hatten sie allerdings reichlich. «
    Daraufhin erzählte er die faszinierende Geschichte, wie er nach und nach erst die Anerkennung und dann das Vertrauen der Bergbewohner errungen und es schließlich auf ebenso hinterhältige wie wohltätige Weise missbraucht hatte: indem er ihre Gewächshäuser an Freie Energie ankoppelte, die eine oder andere genmanipulierte Getreidesorte einführte, ein paar Tote zum Leben erweckte und den Bergbewohnern die Ideale der Bitchun Society langsam näher brachte, bis sie selbst nicht mehr wussten, warum sie nicht genau das von Anfang an gewollt hatten. Inzwischen hatten die meisten von ihnen den Planeten verlassen, stießen mit Entdeckerfreude, unbegrenzten Energiereserven und unerschöpflichen Ressourcen zu neuen Grenzen vor und überbrückten die langweiligen Phasen der Reise durch Kälteschlaf.
    »Wären sie auf dem Planeten geblieben, hätten sie den Schock, glaube ich, nicht überstanden. Weißt du, sie betrachten uns als den Feind und hatten schon alle möglichen Vorkehrungen für den Fall getroffen, dass wir sie angreifen und von dort wegbringen würden: Giftkapseln in hohlen Zähnen, Sprengfallen, geheime Rückzugsorte, Treffpunkte für die Überlebenden. Sie können ihren Hass auf uns einfach nicht überwinden, obwohl
wir nicht einmal wissen, dass es sie gibt. Auf anderen Welten können sie sich immer noch einreden, sie führten ein hartes, bodenständiges Leben.« Erneut rieb er sich das Kinn; die harten Handschwielen kratzten über den Backenbart. »Aber was mich angeht, findet das wirkliche raue Leben immer noch hier, auf dieser Erde, statt. Jede der kleinen Enklaven stellt so etwas wie eine Alternativgeschichte der Menschheit dar. Was wäre zum Beispiel, wenn wir die Freie Energie in Anspruch genommen, aber auf die Möglichkeiten des Kälteschlafs verzichtet hätten? Was wäre, wenn wir den Kälteschlaf zwar angewendet hätten, aber nur bei Schwerkranken, nicht bei Leuten, die lediglich der Langeweile auf endlosen Busfahrten entkommen wollen? Oder Hyperlinks nutzen würden, aber auf keine Ad-hoc-kratie und kein Woppel zurückgreifen könnten? Jede dieser Alternativen ist wundervoll und hat ihren eigenen Reiz.«
    Da ich die dumme Angewohnheit habe, mich nur um des Streitens willen zu streiten, sagte ich aus dem Bauch heraus: »Wundervoll? Na klar, nichts ist herrlicher als, sagen wir, zu sterben, zu verhungern, zu erfrieren, im eigenen Saft zu schmoren, zu töten, Grausamkeiten, Ignoranz, Schmerz und Elend zu erdulden. Das sind die Dinge, die ich wirklich vermisse.«
    Immer-auf-Achse-Dan schnaubte verächtlich.
»Meinst du etwa, ein Junkie vermisst es, nüchtern zu sein?«
    Ich klopfte auf die Theke. »Hallo! Es gibt keine Junkies mehr!«
    Er zündete eine weitere Zigarette an. »Aber du weißt doch wohl, was ein Junkie ist, nicht? Junkies vermissen die Nüchternheit deshalb nicht, weil sie sich gar nicht daran erinnern, wie intensiv sie in diesem Zustand alles ringsum erlebt haben und wie sehr der Schmerz die Freude versüßt hat. Wir können uns nicht mehr daran erinnern, wie es gewesen ist, den eigenen Lebensunterhalt mit Arbeit verdienen zu müssen; sich zu sorgen, mit dem Geld vielleicht nicht auszukommen, zu erkranken oder von einem Bus überfahren zu werden. Wir wissen nicht mehr, wie’s ist, wenn man Risiken eingeht, und wir wissen

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