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Bad Moon Rising

Bad Moon Rising

Titel: Bad Moon Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
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betrunkene Onkel, die mit trübem Blick meine acht Jahre alte Meinung hören wollten, und scharfsinnige Tanten (Theresa ausgenommen), die gegen den Vietnamkrieg demonstriert hatten. Ich hatte die Ilias und Emily Dickinson und den phantastischen Blick auf das Ego meiner Mutter und ihre unverschämte Einstellung, was ihr ihrer Meinung nach alles zustand.
    »Das mit dem Lösegeld ist gelogen, oder?«, wollte Kaitlyn wissen, als ich unten angekommen war. »Ich mein, ich bin ja nicht blöd. Niemand, der sich einen Dreck für mich interessiert, hat Geld.« Die Heulphase hatte sie bereits hinter sich. Sie hatte auch alle anderen dramatischen Phasen hinter sich: Schock, Entsetzen, Wut, Trauer. Sie hatte zweiundsiebzig Stunden gebraucht. Nun herrschte nur noch mechanisches Elend. Hielten wir sie lange genug fest, würde Langeweile dazukommen. Schließlich Schicksalsergebenheit. Aber natürlich würden wir sie nicht so lange festhalten. »Warum gehst du immer wieder runter?« wollte Cloquet wissen. »Du musst nicht in Kontakt mir ihr treten. Ich kümmere mich schon darum.«
    »Das ist doch Blödsinn«, fuhr Kaitlyn fort. »Ich weiß es. Es geht überhaupt nicht um Lösegeld.«
    Die Geschichte mit der Entführung war ein Gefallen gewesen. Um das Loch zu füllen, das ansonsten mit schrecklichen Vorstellungen gefüllt worden wäre. Wenn auch nicht mit der einen richtigen schrecklichen Vorstellung, nicht in hundert Jahren. Sie tat mir leid. Der Fluch nahm einem nicht das Mitgefühl. Er wartete nur darauf, das die Verwandlung sie zu Grausamkeit umformte. Deshalb kam ich immer wieder her, ich wollte abschätzen, wie viel von meinem Menschsein noch vorhanden war. Zu viel. Immer zu viel. Das war das Genie der Lykanthropie: Die Trennung der Arten wurde nie ganz vollzogen. Ganz gleich, was man den Menschen auch antat, ihre Anforderung an die eigenen Gefühle hielt stets an. (Wolf rollte die Augen. ›Natürlich ist das so. Wenn nicht, dann wäre es ja nicht so unglaublich gut, sie zu töten und zu fressen, oder?‹)
    »Sagen Sie es mir«, flehte Kaitlyn.
    Ihre Jeans rochen appetitanregend sauer. Meine Hände waren voller geschäftiger Schwäche. Vor drei Monaten hatte ich einen vierundzwanzigjährigen Wanderer in den Alleghenies gefressen. Er war ganz mit rostbraunem Flaum bedeckt und voller überraschend geschmeidiger Kraft gewesen, ganz wie ein Kaninchen oder eine Gans, wenn man sie packt. Er war noch nie verliebt gewesen. Jede Menge unverbrauchter Liebe schlummerte in ihm. Mit freundlichen Grüßen der sinistren Komik fand ich, Kaitlyn könnte gut zu ihm passen. Sie würden gut füreinander sein. Wenn sie sich begegneten. In mir. Talulla, die Heiratsvermittlerin. Das ist so eine Sache mit der sinistren Komik: Wenn man einmal damit anfängt, nimmt das kein Ende mehr.
    »Nicht«, sagte Kaitlyn, als ich einen Schritt näher kam. Ohne jede Vorwarnung war Wolf aufgeflammt, hatte sich breitgemacht, war gegen ihre Intuition gestoßen wie ein Daumen auf einen blauen Fleck. Frische Angst öffnete ihre Poren, gab bedrohliche Pheromone von sich, die mit der säuerlichen Jeans eine Mischung eingingen, bei der einem das Wasser im Mund zusammenlief. Das Tier bewegte sich in meinen Kiefermuskeln, schauderte, schwoll an, schien für eine Sekunde lang durchgebrochen zu sein – dieser vertraute Trick, der so überzeugend war, dass ich die Hand zu der Stelle hob, wo meine riesige Schnauze hätte sein sollen. Nichts. Natürlich nicht. Noch nicht.
    »Warum machen Sie das, sagen Sie es mir«, jammerte Kaitlyn den Tränen nah.
    Ich erwiderte nichts darauf, aber ich wusste, wenn ich meinen Kopf hob, würde das Ungeheuer durch meine Augen schauen. Kaitlyns Gesicht verzog sich und zitterte. Der niedrige Raum schien plötzlich alles zu verraten, und ich war wie keine andere Frau, die sie je gesehen hatte. Sie legte sich eine Hand an den Hals, wo ihre Haut so blass war wie das Fruchtfleisch eines Apfels. Die Geisterkrallen zerrten an den Nerven unter meinen Nägeln. Sie kannten die weichen Spannungen des Körpers, die Freude des Zerreißens. Einen Augenblick lang ahnte die Frau, was von mir ausging, etwas, das sie für nicht menschlich hielt – doch dann packte mich wieder die Übelkeit, und ich wendete mich ab und würgte noch mehr Galle hoch. Meine Finger und Zehen zerrten an ihren Gelenken. Meine Eckzähne schmerzten wie von Nadeln gestochen. In Kaitlyn ging eine Mauer hoch gegen das, was sie dachte, denn nicht menschlich , das hieß, nun ja,

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