Balkan Blues
halten die Zuckermelonen im Gleichgewicht. Einige Sekunden lang verharren sie in dieser Stellung, dann richtet sich der Körper – wenn auch mit Mühe – wieder auf, während die Hände die Steigen näher heranziehen und eng an den Körper pressen. Die Füße machen eine Halbdrehung, ganz langsam und vorsichtig tasten sie den Boden nach Hindernissen ab. Der linke Fuß schreitet normal aus, doch der rechte hinkt etwas hinterher, kann nur schwer den folgenden Schritt ausführen und zwingt den linken, langsamer zu werden.
Der Pritschenwagen steht vor dem Gebäude und ist halbvoll geladen mit Tomaten, Blumenkohl, Kartoffel- und Zwiebelsäcken. Die Füße sind erschöpft. Je näher sie dem Pritschenwagen kommen, desto schleppender wird der Gang des rechten Fußes, während die Hüpfer des linken immer kürzer werden. Die Hände zittern, und die Steigen lösen sich schwankend von der Brust. Der linke Fuß macht einen letzten, kleinen Sprung, der rechte schleift noch einmal über den Boden, und beide treffen sich am Ende der Ladefläche. Mit einem Schlag löst sich die Anspannung der Arme, und die Steigen krachen mit einem seltsamen Knirschen auf die Ladepritsche.
»Laß die Steigen bloß nicht da vorne stehen! Arbeitsscheues Gesindel! Zu faul zum Atmen! Komm rauf, und rück sie nach hinten!«
Füße und Hände verharren einen Augenblick lang reglos, als könnten sie sich nicht entschließen, ob sie gehorchen oder einfach verschwinden sollten. Die Hände geben zuerst nach. Sie umklammern die Kante der Ladefläche, der Körper stützt sich langsam darauf, und die Beine folgen wie von selbst. Die Hände rücken die Steigen schräg nach rechts und füllen den Leerraum in der Ecke der Ladefläche. Hände und Füße warten einen Augenblick, ob noch ein weiterer Befehl erfolgt, und als das nicht der Fall ist, langen die Füße am Rand der Ladefläche an und springen, während die Arme locker an der Seite baumeln, nach unten.
»Theofanidis ist im Büro. Du sollst gleich vorbeikommen, wegen der Bezahlung.«
Wiederum erfolgt eine Halbdrehung, und die Füße nehmen erneut Kurs auf das Gebäude. Nun schreiten sie langsam und locker dahin, die Sohlen schleifen unmerklich über den Boden. Die Hände hängen herab und pendeln willenlos hin und her. Die Füße zögern kurz vor dem Gebäude, dann gehen sie schräg nach rechts auf eine Tür zu, auf der »Herren« geschrieben steht. Der rechte Fuß tritt gegen die Tür und hält sie fest, damit der linke zuerst eintreten kann. Danach läßt er die Tür los, die hinter ihm ins Schloß fällt.
Der Boden sieht aus wie eine mittelgroße Müllhalde. Achtlos tauchen die Füße, man könnte meinen zwecks Reinigung der dunkelroten Turnschuhe, in die Pfütze und bewegen sich auf die erste freie Toilette zu, die – wie alle anderen – keine Tür hat. Es ist feucht und der Boden von Fußspuren gemustert. Aus der Toilette quellen Klopapier, Taschentücher und Zeitungsfetzen. An einigen Papierresten klebt Kot.
Die Füße nähern sich dem Becken und treten abrupt auseinander, als würden sie nach einer wechselseitigen Beschimpfung empört auseinanderfahren. Der Dreck, der in den kleinen Wasserlachen noch frisch und an den umliegenden Wänden bereits eingetrocknet ist, wird von zwei Pferdefliegen umschwirrt. Die rechte Hand ertastet den Reißverschluß und beginnt ihn herunterzuziehen. Die linke zwängt sich in den Hosenschlitz, zerrt den Penis hervor und umklammert ihn mit einem aus Daumen und Zeigefinger gebildeten Ring. Der Ring rutscht langsam nach hinten, und der Penis reckt sich über das Toilettenbecken. Als die linke Hand die Peniswurzel erreicht, übernimmt die rechte das Festhalten, und in dem Augenblick spritzt schon der Urin los. Dunkelgelb und kraftvoll schießt er gegen den hinteren Beckenrand und versprüht rundum seine Tröpfchen. Der Strahl wird immer schwächer und sein Bogen immer kürzer, bis er nach einigen letzten Spritzern versiegt.
Die rechte Hand will den Penis wieder in den Hosenschlitz drücken, doch der erweist sich als ungehorsam, beginnt sich zu strecken und verliert seine Biegsamkeit. Die Hand gibt nach, zieht sich zurück und läßt den Penis frei, wodurch er parallel zum Boden innehält. Die linke Hand gleitet unter den Penis und beginnt ihn sanft und zärtlich zu streicheln, während der Körper sich leicht nach vorne neigt. Der Penis verharrt kurz parallel zum Boden, bis zur vollständigen Erektion. Dann ändert er seine Richtung und steigt langsam, Zentimeter
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