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Wiedersehen in Harry's Bar

Wiedersehen in Harry's Bar

Titel: Wiedersehen in Harry's Bar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Schreiber
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    »All These Things That I’ve Done«
    – The Killers
    »Hab ich dir gefehlt?«, fragte sie.
    Ich beugte mich vor, um ihr den Rest Ahorn-Toffee-mit Schokostücken von der Oberlippe zu küssen, unbestreitbar der beste Eisgeschmack im ganzen Universum. Außer uns beiden war niemand mehr am Strand, und wir standen barfuß neben den Picknick-Tischen des Twin Star an der Route 26 und sahen zu, wie die grauen Oktoberwellen heranrauschten und sich am Strand brachen.
    Ich und Paula.
    Es war Herbst, die beste Zeit im ganzen Jahr für diesen windumtosten Küstenabschnitt, den sich Connecticut mit dem Meer teilte. Der Strand links und rechts von uns war verlassen, eine sanfte, langgezogene Sandbucht mit Seegras und schiefen Zaunlatten, denen das raue Atlantikwetter schon jahrzehntelang übel zusetzte. Im Sommer war hier alles voller Familien mit kleinen Kindern, Teenagern, Fahrradfahrern, Liebespärchen – sogar meine Eltern hatten sich einmal hier verabredet, jedenfalls wird es in unserer Familie immer wieder erzählt. Aber jetzt war alles hier angenehm verlassen. Der Parkplatz war fast leer, die Toiletten waren alle abgeschlossen, die Saison war vorbei. Nur noch wir zwei waren übrig und der Typ von der Eisbude, der lieber jetzt als später sein handgemaltes Schild mit der Aufschrift BIS ZUM NÄCHSTEN SOMMER! ins Fenster gehängt hätte.
    Hoch über uns kreischten und kurvten die Möwen durch den metallgrauen Himmel. Sie hörten sich verloren und weit weg an, und wir standen barfuß im kalten nassen Sand.
    Paula schlang die Arme um sich und schüttelte sich. »Es ist frisch.«
    »Warte.« Ich zog mein Columbia-Sweatshirt aus und legte es ihr um die Schultern. »Besser so?«
    »Was für ein Gentleman.« Sie lächelte und ließ den Blick über den Strand schweifen. In der Hand hielt sie noch das Handy, weil sie gerade ein Gespräch beendet hatte. »Und, willst du die große Neuigkeit erfahren?«
    »Ich dachte schon, du rückst überhaupt nicht mehr damit heraus.«
    »Ich dachte schon, du fragst nie danach.«
    »Dann frage ich hiermit offiziell.«
    »Ich habe gerade mit Armitage gesprochen … Er will Inchworm buchen …« Sie machte eine kleine Pause und ließ mich noch einen Sekundenbruchteil länger warten. »Und zwar für die ganze Tour.«
    »Europa?«
    »Zwölf Städte in achtzehn Tagen.«
    »Das gibt’s doch nicht!« Ich musste laut lachen. Sie packte mich, und ich drückte sie fest an mich, hob sie hoch und wirbelte sie im Kreis herum. »Das ist einfach unglaublich, Paula!«
    »Ich weiß!« Ihr Lächeln verwandelte sich in ein breites Grinsen, und ich sah alle elf Sommersprossen auf ihrem Nasenrücken. Ich hatte sie mal gezählt, als wir letzten Monat im Vergnügungspark in der Schlange für eine der Fahrten gestanden hatten.
    »Wie kommt das denn?«
    »Ich hab dir doch gesagt, dass die neuen Songs toll sind, Perry. Armitage hat euer Demo gehört und ist ausgeflippt.« Sie hielt mich jetzt fest an den Händen und hüpfte vor Aufregung auf und ab. Ihre Zehennägel waren pflaumenfarben bemalt, ziemlich dunkel, fast schwarz, und sahen im Kontrast zum Sand phantastisch aus, zehn kleine schwarze Tasten wie die, auf denen man Ragtime spielt. »Er bucht euch für eine Tour durch zwölf Städte, am neunundzwanzigsten geht’s in London los, dann Venedig, Paris, Madrid …« Paula holte ihr Handy hervor und drückte aufs Display. »Hier stehen alle Termine.«
    »Das ist ja nicht zu fassen«, sagte ich. »Ich kann es kaum erwarten, mit dir durch Europa zu ziehen.«
    Sie seufzte leise und ließ die Schultern sacken. »Schön wär’s.«
    »Was denn … Kommst du nicht mit?«
    »Armitage braucht mich hier in New York. Ich muss Anfang Dezember wieder im Studio sein. Moby nimmt ein neues Album in L. A. auf, und …« Sie sah meinen Gesichtsausdruck. »He, vielleicht schaffe ich es ja übers Wochenende nach Paris.«
    »Das wäre schön.«
    »Perry, das ist die Gelegenheit für eure Band. Wenn es hinhaut …«
    Ich lächelte. »Das hätte ich ohne dich nie geschafft.«
    »Ach, hör schon auf!«
    »Nein, ehrlich«, sagte ich. »Du hast das alles möglich gemacht.« Ihre blauen Augen blitzten, verschwanden und tauchten immer wieder auf, während ihr der Wind die Haare vor dem Gesicht hin- und herwehte. Sie hatte denGroßteil des Sommers bei ihrer Mutter in L. A. verbracht und sich die Bräune irgendwie bis in den Herbst bewahren können, weshalb ihr blondes Haar sogar noch blonder aussah. »Aber wir wissen alle, wer die

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