Ball der einsamen Herzen - ROTE LATERNE - Band Nr. 2 (German Edition)
Rentnerstrich. Tilly hat ja dort gearbeitet ...«
Plötzlich schüttelte er sich, denn Tilly hatte ihm ihren Whisky ins Gesicht geschüttet. Dann schnappte seine Hand vor und zerrte sie zu sich heran.
»Du Dreckstück!« fauchte er. »Du versoffenes Dreckstück! Und jetzt raus hier auf der Stelle!«
»Wenn jemand wen rausschmeißt«, mischte sich Emma ein und schob Karl einfach beiseite, »dann bin noch immer ich das, verstanden? Geh hinter die Theke und putz dich ab! Und du, Tilly, lässt ihn in Ruhe!«
»Ich lass mir doch nicht alles von diesem Kerl gefallen!« schrie die Frau. »Meinen Heinrich hat er beleidigt!«
Emma warf einen verächtlichen Blick auf Heinrich.
»Ich wüsste nicht, was es an dem zu beleidigen gibt!« sagte sie.
»Wenn du mich rausschmeißt, lass ich dir den Laden hochgehen!« drohte Tilly. »Drei Luden hetze ich dir auf den Hals und die Sitte obendrein. Du bist nicht die Größte!«
»Sei friedlich!« sagte Emma. »Es war nicht so gemeint. Natürlich kannst du bleiben. Aber der da soll nicht immer herumsitzen. Er säuft ja doch nischt!«
Damit drehte sie sich um und ging.
»Hab ich dir nicht schon hundertmal gesagt, dass diese Leute kein Umgang für dich sind?« meinte Heinrich und rückte seine Krawatte zurecht. »Tiefste Gosse ist das, Pfui!«
»Fang mir bloß keinen Putz mit den Weibern an!« drohte Emma ihrem Karl.
»Die lässt dich für ein paar Wochen in den Klingelpütz einfahren!«
»Die doch nicht!« sagte Karl.
»Du verlangst zweihundert für den Sekt und verkaufst sie gleich mit. Das ist verboten!«
»Anders kriegt man die doch nicht an den Mann«, meinte er mit einem schrägen Grinsen. »Kürzlich wollte einer so- ' gar sein Geld wiederhaben, weil sie nichts taugt. Ich schmeiß sie doch noch raus!«
»Pass bloß auf, dass du nicht der erste bist, der hier rausfliegt!« sagte sie. »Dann kannst du wieder in deinem Loch hausen!«
Sie stritten eine ganze Zeitlang hin und her und ließen ihre üble Laune wegen des schlechten Geschäfts aneinander aus. Und sie wartete nur auf die Gelegenheit, ihm in den Keller folgen zu können. Aber er ging nicht. Noch nicht jedenfalls ...
Um drei Uhr war nichts mehr los. Gähnend saßen die Mädchen herum. Es war kein guter Tag gewesen.
»Wir machen zu!« verfügte Karl.
»Vielleicht kommt noch jemand!« widersprach Emma.
»Dann kannst du dich ja für ein Bier hinsetzen!« sagte er gähnend. »Ich für meinen Teil habe genug!«
»Das kann ich mir denken!« sagte Emma.
Und dann hörte sie, wie er den Keller aufschloss. Leise folgte sie ihm, schlich die Treppe hinunter und sah ihn dann hinter den Flaschen suchen. Er hatte einen Geldschein aus seiner Hosentasche gezogen, den er scheinbar in die Plastiktüte stecken wollte. Emma genoss seine zunehmende Verzweiflung.
Schließlich stand er mit hängenden Armen da und drehte sich dann langsam um.
»Na, Pützkes, wat sagst du nu?« fragte sie.
»E-e-emma!« stotterte er. »Ich hab nur ...«
»Du ...« sagte sie. »Beklaust mich?« »Aber Emma, ich habe doch nur ...«
Weiter kam er nicht. Sie hatte ihm eine kräftige Ohrfeige verpasst, die ihn rückwärts gegen das Flaschenregal taumeln ließ. Und dann holte sie noch einmal aus und verpasste ihm einen auf die andere Backe.
Diesmal rollten ein paar Flaschen heraus und zerklirrten auf dem Steinboden. Das brachte die Mädchen auf den Plan.
»Mensch, Kinder, kommt mal!« schrie Tilly. »Die Emma haut dem Pützkes die Jacke voll!«
»Das gibst's doch nicht!« rief Mieze feixend. »Dat müssen wir uns angucken.«
Eine nach der anderen stieg die Kellertreppe hinunter. Emma ließ nun ihre ganze Wut an Karl ab. Er duckte sich mühsam unter den Schlägen und versuchte ihnen auszuweichen, so gut es ging.
»Emma, hör doch auf ...«, flehte er ein paarmal. Aber das tat sie nicht, denn sie war jetzt ganz fürchterlich in Rage. Schließlich hielt sie erschöpft inne. Ihre Perücke war verrutscht. Keuchend rückte sie das rote Gebilde wieder zurecht.
»Der Kerl hat mich beklaut!« sagte sie atemlos zu den Mädchen. »Könnt ihr euch das vorstellen?«
»Er sah schon so aus, als hätte er Dreck am Stecken!« bemerkte Tilly. »Aber die Schnauze aufreißen und den großen Max spielen. Am liebsten würde ich ihm auch noch eine scheuern ...«
»Lass ihn! Er hat genug fürs erste. Und außerdem schlage allein ich meinen Mann, wenn er's verdient hat. Merkt euch das!« sagte Emma.
»Ihr Hyänen!« fistelte Karl weinerlich. »Ihr verdammten Hyänen!
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