Barbara
qualitativ in den Momenten der Lust, die man empfindet, empfängt und gibt.
Es gibt kein politisches Ziel auf der Welt, welches wert wäre, daß ihm eine Minute menschlichen Glücks geopfert würde. Che Guevaras Opfertod mag durch seine verzweifelte Schönheit Millionen blenden, aber dieses Opfer wurde vergeblich gebracht und wird möglicherweise nur dazu dienen, die Herrschaft kommender Stalinfiguren zu festigen — und die ihrer ewigen Widerparts, der bolivianischen Obersten... Die Welt der Politik ist per definitionem korrupt, weil persönlicher Ehrgeiz und das Vorurteil der Massen ihre Grundlage bilden. Kein noch so großer Idealismus von Einzelnen wird diese fundamentale Korruptheit aufwiegen können. Hätte Lenin länger gelebt, dann hätte auch er vielleicht Trotzkis Ende gefunden.
Aus diesem Grund sollte man sich mit der Politik selbst überhaupt nicht einlassen, sondern sie am besten passiv und symbolisch bekämpfen: indem man es ablehnt, an welchem Krieg auch immer teilzunehmen und indem man die Komödie der Politiker und der Parteien bloßstellt und lächerlich macht.
Das führt auch zu einer Reihe logischer Konsequenzen, die leicht einzusehen sind. Die Erde ist immer noch in künstliche nationale Einheiten aufgeteilt, die nur durch die Praxis der kriegerischen Auseinandersetzung zwischen den Völkern und durch chauvinistischen Fremdenhaß aufrechterhalten werden können: es ist höchste Zeit, dieses längst überholte System abzuschaffen. Ebenso auch das (Seid, dieses düstere Symbol der psychischen Ängste und Begrenztheit des Menschen; die Erde ist fruchtbar genug, um ihre Bewohner reichlich zu ernähren und die moderne Technologie hat einen Punkt erreicht, an dem man Produktion und Verbrauch in harmonischen Einklang bringen könnte, wenn man ein für allemal mit dem Übel bei des Geldes aufräumen würde.
Dieser Traum von einer neuen Gesellschaft ist nicht neu. Jahrhundertelang haben ihn viele hellsichtige und freidenkende Menschen geträumt. Aber heute haben sich die inneren Widersprüche der modernen Gesellschaft (der marxistischen ebenso wie der kapitalistischen) aufs höchste zugespitzt. In den nächsten Jahren wird unsere Gesellschaft entweder explodieren und sich selbst zerstören oder sie wird einen neuen Weg finden.
Die zentrale Figur dieses metaphorischen Romans, das Kind Barbara, kommt in ihrer Suche nach sexueller Erfüllung der Wahrheit der Dinge näher als alle noch so klugen Köpfe der UNO. Sie tut mehr für die Befreiung dieser Welt als wer weiß wieviel Politiker in tausend Jahren.
Wenn man bedenkt, daß noch vor zehn Jahren »Lady Chatterley « in den USA verboten war, wird einem die Geschwindigkeit des Befreiungs- und Umwandlungsprozesses, in dem wir uns befinden, eindrucksvoll klar.
Der Grund dafür ist aber nicht einfach die gute Arbeit, die der Supreme Court und einige einsichtige Richter geleistet haben: diese voneinander unabhängigen Schritte, so bedeutsam sie auch sind, wären vollkommen unmöglich, ja undenkbar gewesen, ohne das Vorhandensein eines tieferen, allgemeinen Verlangens nach Befreiung.
Daß solch ein Roman wie »Barbara« heute veröffentlicht werden kann, ist ein Zeichen für den Umfang dieser sozialen Befreiung und der Liberalisierung der Gesetze. Aber die Tatsache, daß er überhaupt geschrieben werden konnte, ist noch weitaus bedeutender für die geistige Befreiung, die sich in den vergangenen Jahren vollzogen hat.
»Barbara« richtet sich an die Öffentlichkeit. Das Buch ist die Apologie einer erotischen Vision des Lebens. Es beschreibt in so freimütiger und aufrichtiger Weise wir nur möglich eine neue Generation, eine neue Art von Menschen, eine Gruppe von Mutanten, die in Gestalt von Hippies, Provos und Visionären jeder Art und Gattung die alte Welt überschwemmen. In den USA mag diese so bunt gemischte Minderheit nicht einmal ein Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen, aber ihr Einfluß hat das alte Establishment schon aus seinen Angeln gehoben... Man stelle sich nur einmal vor, wie die Welt von morgen aussehen wird sagen wir in zehn Jahren wenn diese durch Mutation entstandene Gruppe zu vollen 5 % angewachsen sein wird und wenn all die Sechzigjährigen, die heute die Welt regieren, gestorben sind oder sich zurückgezogen haben!
Diese Revolution hat natürlicherweise in ihrer Anfangsphase die Form einer sexuellen Revolution angenommen, weil gerade die Sexualität (ahrhunderte hindurch gewohnheitsmäßig vom
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