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Barcelona 02 - Das Spiel des Engels

Barcelona 02 - Das Spiel des Engels

Titel: Barcelona 02 - Das Spiel des Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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Barcelona einen kleinen Star des Fortsetzungsromans, eine Heldin, die ich mir ausgemalt hatte, wie man sich eine Femme fatale nur mit siebzehn Jahren ausmalen kann. Chloé Permanyer war die dunkle Fürstin der Vampire. Ihre Intelligenz war enorm und nur ihre Hinterlist größer, sie trug stets die revolutionärsten und teuersten Dessous und fungierte als Geliebte und linke Hand des geheimnisvollen Baltasar Morel. Dieser Morel war der Kopf der Unterwelt und wohnte in einer unterirdischen, von Automaten und makabren Reliquien bevölkerten Villa, deren geheimer Zugang sich in den Tunnels unter den Katakomben des Barrio Gótico befand. Chloés Lieblingsmethode, ihren Opfern den Garaus zu machen, bestand darin, sie durch einen hypnotischen Schleiertanz zu bezirzen und dann mit einem vergifteten Lippenstift zu küssen, der, während sie ihren Opfern in die Augen schaute, sämtliche Muskeln ihres Körpers lähmte und sie dann lautlos ersticken ließ – sie selbst schluckte vorher ein in Dom Pérignon Grand Cru aufgelöstes Gegengift. Chloé und Baltasar hatten ihren eigenen Ehrenkodex: Sie liquidierten nur Abschaum und befreiten die Welt von Mördern, Geschmeiß, Frömmlern, Fanatikern, dogmatischen Philistern und Kretins aller Art, die diese Welt im Namen von Fahnen, Göttern, Sprachen, Rassen oder anderen Idiotien, mit denen sie ihre Habgier und Schäbigkeit bemäntelten, für alle anderen zu einem Unort machten. Für mich waren die beiden wie alle echten Helden Antihelden. Don Basilio, dessen literarischer Geschmack im Goldenen Zeitalter der spanischen Dichtung stecken geblieben war, hielt das Ganze für einen Riesenunsinn, aber da die Geschichten gut aufgenommen wurden und er eine widerwillige Zuneigung für mich empfand, tolerierte er meine Extravaganzen als jugendlichen Überschwang.
    »Ihr Handwerk ist feiner ausgebildet als Ihr Geschmack, Martín. Die Krankheit, unter der Sie leiden, hat einen Namen, und der lautet Grand-Guignol, was für das Drama dasselbe ist wie Syphilis für die Geschlechtsteile. Sie zu bekommen mag ja lustvoll sein, aber von da an geht es nur noch bergab. Sie sollten die Klassiker lesen – oder wenigstens Don Benito Pérez Galdós, um Ihre literarischen Ambitionen zu schärfen.«
    »Aber den Lesern gefallen die Erzählungen«, argumentierte ich.
    »Das ist nicht Ihr Verdienst. Es ist das Verdienst der Konkurrenz, deren Texte so schlecht und pedantisch sind, dass schon ein Absatz von ihnen genügt, um einen Esel in einen scheintoten Zustand zu überführen. Würden Sie doch verdammt noch mal den Zustand der Reife erreichen und endlich vom Baum der verbotenen Frucht fallen!«
    Ich nickte, scheinbar zerknirscht, aber insgeheim hätschelte ich dieses sündige Wort, Grand-Guignol, und sagte mir, jede Sache, wie unbedeutend sie auch sein mochte, brauche zur Verteidigung ihrer Ehre einen Vorkämpfer.
    Schon wollte ich mich für den glücklichsten aller Sterblichen halten, als ich entdeckte, wie sehr es einigen Zeitungskollegen zu schaffen machte, dass der Benjamin und das offizielle Redaktionsmaskottchen seine ersten Schritte in der Welt der Belletristik getan hatte, wo doch ihr eigenes literarisches Streben seit Jahren im Elend eines grauen Limbus daniederlag. Dass die Leser diese bescheidenen Erzählungen verschlangen und mehr schätzten als alle anderen in den letzten zwanzig Jahren erschienenen Zeitungstexte, machte alles nur noch schlimmer. In wenigen Wochen sah ich, wie die, die ich kurz zuvor noch als meine Familie betrachtet hatte, in verletztem Stolz zu feindseligen Richtern wurden, welche mir den Gruß und jedes Wort versagten und entrüstet ihr verschmähtes Talent hinter meinem Rücken an spöttischen und verächtlichen Ausdrücken wetzten. Mein unfassliches Glück wurde mit Pedro Vidals Protektion, der Ignoranz und Dummheit unserer Abonnenten und unter Zuhilfenahme des weitverbreiteten, stets willkommenen nationalen Irrglaubens erklärt, Erfolg im Beruf sei der unwiderlegbare Beweis für Unfähigkeit und mangelnde Verdienste.
    In Anbetracht dieser ebenso unerwarteten wie unheilvollen Wendung versuchte mich Vidal aufzumuntern, aber ich ahnte langsam, dass meine Tage in der Redaktion gezählt waren.
    »Neid ist die Religion der Mittelmäßigen. Er stärkt sie, entspricht der sie zernagenden Unruhe, verdirbt letzten Endes ihre Seele und gestattet ihnen, die eigene Niedertracht und Gier zu rechtfertigen, bis sie glauben, diese seien Tugenden und die Himmelspforten stünden nur

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