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Barcelona. Eine Stadt in Biographien: MERIAN porträts (MERIAN Digitale Medien) (German Edition)

Barcelona. Eine Stadt in Biographien: MERIAN porträts (MERIAN Digitale Medien) (German Edition)

Titel: Barcelona. Eine Stadt in Biographien: MERIAN porträts (MERIAN Digitale Medien) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfhart Berg
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vielen originellen kleineren Boutiquen im gotischen und antiken Viertel östlich der Ramblas protzt der Gràcia-Boulevard mit den üblichen Nobel-Shops. Zwischen Plaça de Catalunya und der
Diagonal
glänzen die Schaufenster für Prada, Gucci, Zara, Hermès, Armani, Escada und so weiter, der Quadratmeter für die gemietete Werbefläche für 50 bis 70  Euro. Die berühmtesten Jugendstilpaläste, Hausnummern 33 bis 45 , sind von der Barclay’s Bank, einem Juwelier und der katalanischen Nobelmarke Loewe besetzt, dazwischen und gegenüber edle Fast-Food-Ketten baskischer Tapas-Restaurants. Nicht gerade das, was sich einst Ildefons Cerdà erträumte. Aber das, was heute Barcelona dennoch lebenswert erscheinen lässt, falls man es im Sinne des zeitgemäßen Lifestyles interpretiert. Eben »seny« und »rauxa« – Kunst und Genuss.

EUSEBI GÜELL
    1846 – 1918
    Er war ein steinreicher Industrieller und Mäzen, ein Kapitalist mit sozialistischen Ideen. Für seine Zukunftsvisionen setzte er sein schier unerschöpfliches Kapital ein – und einen genialen Freund.
    D ies ist die Geschichte von Ausbeutung und Mäzenatentum, von Mord und Totschlag, von Sklavenhandel und Fortschrittsglauben. Und von einer lebenslangen Männerfreundschaft zwischen einem Großindustriellen und einem noch größeren Künstler, von Geld und Genie. Sie spielt in Barcelona und dreht sich um den Senator, Konzernchef und Grafen, geadelt von Spaniens König Alfons  XIII ., dem Großvater des heutigen Regenten Juan Carlos. Es geht um Eusebi Güell i Bacigalupi. Der zweite Familienname steht für die Familie seiner Mutter, italienischer Adel aus Genua.
    Die Person Güell versteht nur, wer sich dessen Vorfahren und seinen Geburtsort im 19 . Jh. vor Augen führt: Seit 1765 profitiert die Hafenstadt vom königlichen Verdikt, wonach Barcelona neben Sevilla und Cádiz Handelsschiffe in die spanischen Kolonien Kuba, Puerto Rico, Santo Domingo, Peru, Ostindien und Äquatorial Afrika schicken darf. Katalanische Kaufleute werden mit dem Handel von Seide, Gewürzen, Tabak und Sklaven steinreich – sogenannte »Indiano«- oder »Cubano«-Dynastien, zu denen auch Eusebis Vater
Joan Güell
gehört. Als die Stadtverwaltung des überbevölkerten Barcelona 1848 ein Gebiet zwischen dem damaligen Dörfchen Sants, heute unterhalb des Barça-Stadions gelegen, und dem Riu Llobregat als Industriefläche freigibt, kauft sich Joan Güell direkt am Fluss eine große Parzelle für wasseraufwendige Textilfabriken. Güells Fabrikanlage »El Vapor Vell« (»Alter Dampf«) ist nur eine von vielen Industrieanlagen, die Zigtausende Arbeiter aus Andalusien lockten. Damals wie heute gelten für arrogante Katalanen die einfachen Andalusier als »moros«, als »die aus Afrika«.
    Am Hafen und in Sants entsteht ein neues Proletariat. Nur hat die neue Arbeiterklasse von Barcelona keinen Friedrich Engels als Posaunisten gegen den Kapitalismus. Barcelonas unterdrückte Proletarier, ohne starke gewerkschaftliche Organisationen und schlecht bezahlt, gehen auf die Straße, plündern und zerstören Spinnmaschinen. Beim Generalstreik 1855 ermorden Demonstranten am 2 . Juli direkt vor dem Fabriktor des »Vapor Vell« die beiden Mitgesellschafter von Joan Güell. Der flieht mit seinem achtjährigen Sohn Eusebi nach
Nîmes
und erklärt ihm bei langen Spaziergängen durch die Parks die Weltlage. Nach diesen Unruhen verlegt Papa Güell seine Geschäftsinteressen: Er beteiligt sich am Eisenbahnbau, wird Mitgesellschafter am Bau des Jahrhundertkanals d’Urgell und Direktor der größten katalanischen Bank, der heutigen »Caixa«. Als er 1872 stirbt, ist die Güell-Dynastie steinreich. Vater Joan hinterlässt seinem einzigen Sohn Eusebi ein Vermögen von über fünf Millionen Peseten, umgerechnet circa eine Million Gold-Dollar, heute etwa 100  Millionen Dollar wert.
    Der 36 -jährige Eusebi Güell ist in den Jahren zuvor im familiären Stadtpalast in der
Rambla dels Caputxins 30
( ▶ G 6 ) wohlbehütet aufgewachsen. Er hat schon als Kind die Schere zwischen Arm und Reich hautnah erleben können. Zwar erhält er Privatunterricht in der Bibliothek und fährt mit der Familienkutsche zum Landsitz nach
Pedralbes
. Kann er aber mal durch das große Portal entwischen, so begegnet er links und rechts der Ramblas vor allem Dreck und Armut, Revoluzzern, Bettlern und Prostituierten. Schräg gegenüber steht das Cabaret-Bordell »Eden Concert«.
    Güells Sinne sensibilisieren sich für soziale Probleme. Als

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