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Gluecklich, wer vergisst

Gluecklich, wer vergisst

Titel: Gluecklich, wer vergisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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Prolog
    Der Rosenwind hatte nachgelassen. Der Tag neigte sich dem Ende zu.
    Als am frühen Abend das Wasser wieder zu einer spiegelnden Fläche wurde und man den Grund des Sees nicht nur erahnen, sondern auch sehen konnte, stand sie allein auf einem hölzernen Steg.
    Sie ging in die Knie, tauchte ihre Hände in das kühle Nass. Dann sprang sie hinein. Schwamm weit hinaus, ließ sich auf dem stillen Wasser treiben. Kraulte erst knapp vor Einbruch der Dunkelheit zurück ans Ufer.
    Sie kletterte die wackelige Leiter des Steges hinauf, wickelte das Handtuch um ihren kindlichen Körper, griff nach Jeans und Sweater und ging zum Bootshaus, das völlig im Dunkeln lag.
    Als sie nur mehr ein paar Schritte entfernt war, nahm sie den Lichtschimmer hinter den halb geschlossenen Fensterläden wahr. Neugierig schlich sie näher, stellte sich auf die Zehenspitzen und spähte durch den Spalt.
    Das alte Ruderboot wurde von einer Kerze schwach beleuchtet. Schemenhaft zeichneten sich zwei Gestalten im Boot ab.
    Plötzlich vernahm sie eigenartige Geräusche: Leises Wimmern, Schluchzen, ein unterdrückter Schrei: „Nein, bitte nicht …“ Die folgenden Worte gingen im Plätschern der Wellen unter.
    Das Wimmern wurde lauter: „Hör auf, du tust mir weh!“
    Sie zitterte, kreidebleich im Gesicht. Vorsichtig öffnete sie die Tür des Bootshauses.
    Das erste, was sie sah, war der nackte, pickelige Hintern eines Mannes. Sein Rücken verdeckte zur Hälfte das Gesicht und die rotblonde Haarpracht einer Frau. Die Flamme der Kerze erleuchtete ihre vor Angst und Schmerz weit aufgerissenen Augen.
    Es dauerte ein paar Sekunden, bis sie begriff, was sich hier abspielte. Ihre Freundin lag auf dem Rücken, den Kopf an die Bank gelehnt. Der Mann kniete über ihr und bewegte seinen Hintern auf und ab. Seine Finger kneteten die kleinen prallen Brüste.
    Das Gefühl von Hilflosigkeit verstärkte ihre Panik. Sie fing einen Blick ihrer Freundin auf. Aus ihren Augen sprachen Verzweiflung und Ohnmacht zugleich.
    Um nicht lauthals zu schreien, biss sie sich auf die Unterlippe und schloss dann leise die Tür hinter sich. Sie wollte davonlaufen, doch ihre Füße schienen im feuchten Gras zu kleben. Weinend und nur mit dem Handtuch bekleidet verließ sie schließlich den Badeplatz.
    Abends ging sie nicht zum Konzert im Schloss. Sie legte sich ins Bett, ließ aber die Lampe auf ihrem Nachtkästchen an. Ihre Augen waren vom vielen Weinen gerötet. Hektische rote Flecken machten sich auf ihren Wangen breit. Sie sah krank aus. Leise Klaviermusik drang in ihr Zimmer.
    Kurz nach Mitternacht, als die letzten Gäste das Schloss längst verlassen hatten, klopfte jemand an ihre Tür. Sie rührte sich nicht.
    „Verdammt, mach auf! Ich weiß, dass du nicht schläfst.“
    Aus Angst, die laute Stimme könnte ihre Eltern wecken, öffnete sie.
    Ihre Freundin stand, nur mit einem kurzen Hemdchen bekleidet, das lange Haar total zerzaust, in der Tür und fauchte sie an: „Schwör mir auf der Stelle, dass du keinem Menschen erzählen wirst, was du heute gesehen hast. Schwöre es beim Leben deines Vaters. Er soll tot umfallen, wenn du etwas verrätst.“
    Entsetzt hob sie zwei Finger der rechten Hand zum Schwur und schloss wortlos wieder die Tür.

1. Kapitel
    „Wir müssen sofort an den Attersee fahren. Deine Halbschwester steht unter Mordverdacht.“ Die Stimme meines Vaters triefte vor Theatralik.
    „Bist du jetzt am helllichten Tag schon besoffen?“, fauchte ich in den Hörer.
    „Es ist eine Tragödie!“
    Die einzige Tragödie sind schauspielernde Väter. Ich sagte es nicht laut.
    „Du hast kriminalistisches Gespür und außerdem eine tolle Verbindung zur Wiener Kriminalpolizei. Du musst uns helfen!“
    Er sprach von „uns“. Noch bevor ich ahnte, worum es ging, sagte ich energisch: „Lass mich in Frieden, Victor. Ich habe von kriminellen Geschichten ein für alle Mal die Nase voll. Kein Interesse.“
    „Ich sage nur Franzi …“
    Als ich nicht sofort reagierte, sagte er: „Erinnerst du dich denn nicht mehr an Franzi? Deine beste Freundin, damals am Attersee?“
    „Ich erinnere mich sehr wohl an sie“, sagte ich reserviert.
    „Franzi ist deine Halbschwester. Und sie ist gerade verhaftet worden. Keiner außer dir oder deinem Kommissar wird ihr helfen.“
    Mein Herr Papa weigerte sich nach wie vor, den Karrieresprung meines Freundes zu akzeptieren. „Jan Serner ist Major und für banale Mordfälle nicht mehr zuständig“, sagte ich. Dann erst registrierte ich,

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