BattleTech 24: Auge um Auge
ihnen das verdenken? Unsere eigenen Herrscher haben sie jahrhundertelang ignoriert, trotz der Tatsache, daß sie die Steiners nie zermalmen konnten, die es zu meinen Lebzeiten nur fertiggebracht haben, eine Armee auszuheben, die den Chor in einer komischen Oper spielen könnte. Das lyranische Volk hat immer gekämpft wie ein Dachs, um nicht unter den gütigen Schutz des Drachen zu geraten. Und warum auch nicht? Es hatte Bequemlichkeit und Fülle. Wir hatten ihm nur Mühsal zu bieten.«
»Aber was ist mit den damit verbundenen Risiken?« fragte Cassie. »Sie sagten selbst, sie seien in Gefahr.«
»O ja. Die Krieger, die in ihrem Clan das Sagen haben, würden sie und jeden, der auch nur entfernt mit ihnen verwandt ist, töten, wenn sie davon Wind bekämen.«
»Das riskieren sie?«
»O ja, weil sie die enormen Verdienstmöglichkeiten in der Fracht sehen, die ich ihnen verkaufe. Und Clanhändler sind ganz genauso besessen von ihren Zielen wie ihre MechKrieger und Elementare.«
Sie saß da und betrachtete ihre Hände, die in der Auseinandersetzung mit Ninyus Kohorten ganz schön gelitten hatten. Vielleicht sollte sie sie besser eincremen, ehe sie sich in Klauen verwandelten.
»Sie verdächtigten mich, gegen Theodore zu konspirieren«, sagte der riesige Mann wie zu sich selbst. »Aber ich bin sein treuester Diener.«
Sie hörte nicht zu. Zumindest nicht ihm. Cassie hörte sich selbst zu.
Nun, er hat dich benutzt, und er hat das Regiment benutzt, und er hat dich voll aufs Kreuz gelegt, sagte eine Stimme in ihrem Kopf. Es war nicht die haßerfüllte Stimme, die sie ihr ganzes Leben lang verfolgt hatte, um ihr zu sagen, sie sei schmutzig und eklig und falsch. Sie klang kein Stück so.
Na und? Du bist bezahlt worden. Die Caballeros auch. Und was das Hereinlegen angeht – das ist die Wurzel, nicht?
Du bist wütend, weil er dich getäuscht hat.
Cassie schüttelte den Kopf und seufzte. Dann lachte sie.
Chandys großer Kopf war auf seine Knie gefallen, er selbst in Träumerei versunken. Als sie aufstand, blickte er hoch.
»Kind«, sagte er, »mir ist bewußt, daß ich dich getäuscht habe. Aber ich habe auch nichts getan, um dir zu schaden. Und du hast tatsächlich begonnen, mir etwas zu bedeuten, mit deiner Unverschämtheit und deinem scharfen, räuberischen Geist. Wie du weißt, bedenkt dein Kolonel derzeit ein Angebot, den Vertrag des Regiments mit mir zu verlängern. Ich würde dich, egal ob er annimmt oder nicht, gerne bitten, bei mir zu bleiben.«
Und plötzlich hatte er etwas Ungeschicktes und Verletzliches an sich, und sie erkannte, daß er ehrlich zu ihr war. Nicht zum ersten Mal – das mußte sie ihm zugestehen.
»Ich werd's mir überlegen«, sagte sie und ging.
»Das war's? Du hast dem möglicherweise mächtigsten Mann der Inneren Sphäre gesagt, du würdest es dir überlegen?« Kali MacDougalls Stimme bebte vor Bewunderung, als sie durch den Komplex gingen. Der Wind, der vom Yamato her blies, war scharf wie ein DESTSchwert.
»Ja.«
Lady K lachte und umarmte sie. »Gut für dich.«
Sie hatte nicht nach den Einzelheiten von Cassies Treffen mit dem
großen Mann gefragt, und ihre Freundin hatte sie nicht freiwillig preisgegeben. Sie waren eine Bürde, die Cassie zunächst allein tragen würde.
»Und was jetzt?« fragte Kali.
Cassie sah sie von der Seite an, fast scheu. »Glaubst du, du würdest vielleicht ein paar Tage wegwollen, nur zelten gehen oder so, bevor wirklich Schnee fällt? Nur weggehen und reden?«
»Ist der Bär katholisch? Zünden sie daheim im Dreibund Kerzen an und beten zur armen toten Terry de Avila Chävez? Sierra Foxtrot, Cassie, ich dachte schon, wenn ich mit all den Geistern hier eingesperrt bleiben müßte, würde mir bestimmt die Jungfrau erscheinen. Und ich bin nicht katholisch und außerdem nicht geneigt, dem früheren Reverend Tommy Joe Poteet irgendwie zu ähneln.«
Cassie biß sich auf die Unterlippe. »Was ist mit, äh, Archie?« fragte sie und staunte über ihr eigenes Zögern. »Wird er nichts dagegen haben, wenn wir uns ein paar Tage absetzen?«
»He«, sagte Kali, »Archie macht viel Spaß, da gibt es gar keinen Zweifel. Und wenn es mehr als das ist, wird er nichts dagegen haben, wenn ich mir etwas Zeit für mich nehme. Und wenn…« Sie zuckte die Achseln. »Dann vergiß ihn.«
Sie legte den Arm um die kleinere Frau und umarmte sie erneut. »Spaß ist Spaß, Cassie«, sagte sie, »aber Freunde sind das, was bleibt.«
Cassie nickte. »Ja«, sagte sie. »Nur Freunde
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