Befreiung der Gesellschaft vom Staat. Was ist kommunistischer Anarchismus?, Die
durch die waffentätigen Menschen, damit die Klassenschichtung des Volkes und folgerichtig die Enteignung der Gesamtheit durch die starkgemachte Minderheit, die Ausbeutung, den Kapitalismus herbeiführte. Die vom Ganzen losgelöste Verwaltung müßte, genau wie die Waffenführer der Frühzeit sich als Adel selbständig machten und das Volk, das sich ihnen anvertraut hatte, in ein Lehnsverhältnis zwangen, in kürzester Zeit Selbstzweck werden. Selbst unter den gegenwärtigen Zuständen, wo die Beamtenschaft sich in völliger Abhängigkeit von der viel stärkeren Macht der Eigentümer des Landes und der produzierenden Mittel befindet, strebt der Staat in eifriger Anstrengung danach, den Wettstreit der Kapitalisten mit obrigkeitlichen Eingriffen in verwaltungsrechtliche Bindungen zu bringen, während die Kapitalisten sich im Gegenteil über die Ländergrenzen hinweg föderativ vereinigen, sich demgemäß aus den zentralistischen Staatseinengungen zu befreien suchen und die gesetzgebenden und ausführenden Sachwalter des Staates, mit je mehr Vollmachten sie sie zur Niederhaltung der arbeitenden Klasse versehen, umso entschlossener darauf bestehen, daß sie sich auf die Ausübung der Justiz, Polizei und Abgabeneintreibung sowie auf die Sicherung der eigenen Herrschaft über das nichtbesitzende Volk beschränken. Die Enteignung des Privatkapitals zugunsten des Staates würde den Ertrag der Arbeit zwar in andere Kanäle leiten, aber nicht die Abhängigkeit der Arbeitskräfte von ausbeutenden Gewalten mindern, sondern nur die Abhängigkeit des Staates von anderen als seinen eigenen Machtbedürfnissen aufheben. Die Staatsverwaltung, die Beamtenschaft, der regierende Apparat würde sich immer ungeheurer aufblähen und wie jede Herrschaft die Neigung hat, sich zur unabsetzbaren und unauslösbaren Dauermacht zu entwickeln, alle Tätigkeit mit erzieherischen und gewaltsamen Mitteln auf das Ziel richten, das Wohl der Obrigkeit als das wahre Wohl der Gesamtheit erscheinen zu lassen. Am Ende dieses Weges steht die Erblichkeit der Bürokratie, die die Zurückführung der Ausbeutung in den Nutzen einer Oberklasse notwendig mit sich führt, also die restlose Wiederherstellung des Privatkapitalismus mit bloß ausgewechselten Eigentümergruppen und veränderter Ausdrucksweise zur Täuschung der Massen.
Der Marxismus vertritt im Staat und in den eigenen Organisationen den Standpunkt des starrsten Zentralismus. Er bekämpft die Obrigkeit des Gegenwartsstaates, nicht weil sie das Volk in seiner Selbstbestimmung entrechtet, sondern weil sie die Unterdrückung nicht auf die herrschende Klasse ausdehnt. Wir sehen also diesen Tatbestand: Der Kapitalismus hat den Staat nötig zu dem einzigen Zweck, zu dem er sich eignet, selbständige Entscheidungen der arbeitenden Menschen in ihren eigenen Angelegenheiten zu unterbinden; er hat ihn hierzu mit außerordentlich weitreichenden Vollmachten ausgestattet. Die Staatsgesetze dienen dem Schutz der kapitalistischen Einrichtungen und sind so gehalten, daß sie der Form nach für die Angehörigen beider Gesellschaftsklassen verpflichtend sind. Mit der Entwicklung des individualistischen Kapitalismus zu körperschaftlichen, über die Staatsgrenzen hinauswachsenden Ausbeutungsverbindungen haben sich die staatlichen Einheitsbestimmungen für die Angehörigen der besitzenden Klasse allmählich als zu eng erwiesen: sie streben daher für sich die Lockerung der Staatsbefugnisse an, zur besseren Beherrschung der mit der Vervollkommnung der Technik immer bedrängteren Klasse der Besitzlosen ihre noch straffere Gestaltung. Der Staat ist natürlich mit derVermehrung seiner Macht über die Mehrheit zufrieden, wehrt sich aber seiner Machtminderung bei der Wahrung der eigentlichen Vorteile der herrschenden Klasse, solange nicht das gesamte Staatsgefüge nach dem Bedürfnis des international und körperschaftlich ausgebauten Kapitalismus umgewandelt ist (diese Umwandlung ergibt das Bild des faschistischen Staates). Die zentralistischen Sozialisten aber stellen sich auf die Seite des Staates in seinem Bemühen, sich nichts von seiner Allmacht wegnehmen zu lassen, greifen ihn aber an, weil er – und hier bestimmt, da es sich um einen Musterfall kapitalistischer Erscheinungen handelt, wirklich das ökonomische Sein das Bewußtsein – vor den Ansprüchen der besitzenden Klasse trotzdem Schritt für Schritt zurückweicht, und glauben, die rücksichtslose Machtentfaltung der Obrigkeit gegenüber der Armut habe seinen
Weitere Kostenlose Bücher