Begehrter Feind
prüfend. »Dein Ehemann vielleicht?«
Unwillkürlich stieß sie einen stummen Schrei aus. Als er noch einen Schritt auf sie zumachte, stürzte sie sich in ihrer Verzweiflung auf den schmalen Gang zwischen ihm und den Heuballen. Für einen Augenblick hörte sie nichts außer dem Rascheln von Stroh, während sie sich zur Eile anspornte.
Falls sie schnell genug war, falls er nicht mit dem rechnete, was sie vorhatte …
Sie wollte gerade an ihm vorbei, als Dominic einen Arm ausstreckte und sie um die Taille fasste. Sie schrie und zappelte, doch noch ehe sie Luft holen konnte, hatte er sie zu sich umgedreht.
Nun trat sie ihm gegen die Schienbeine und trommelte mit den Fäusten auf seine Brust ein.
»Gisela!«, raunte Dominic.
Mit einem Fluch beugte er sich zur Seite, und bevor sie sich von ihm befreien konnte, verschwamm der Stall um sie herum. Sie fiel!
Gisela landete rücklings auf einem Strohhaufen, Dominic neben, halb unter ihr. Er hatte ihren Fall abgefedert, damit sie nicht zu hart aufschlug, wie sie mit einem Anflug von Dankbarkeit feststellte.
Dann wischte sie sich rasch das Stroh aus dem Gesicht und wollte sich wieder aufrappeln.
Unterdessen stützte er sich auf einem Arm auf und sah sie kopfschüttelnd an. Seine breite sonnengebräunte Hand ruhte flach auf ihrem Bauch. »Ich lasse dich nicht laufen, Gisela. Vorher will ich eine Erklärung.«
Kapitel 2
D ominic betrachtete Giselas aschfahles, verängstigtes Gesicht und konnte kaum dem Drang widerstehen, sie zu schütteln. Sorge und Wut regten sich in ihm. Wieso sah sie ihn an, als wäre er ein feuerspeiender, frauenverschlingender Drachen?
Und was war aus der zuversichtlichen, sinnlichen Frau geworden, an die er sich erinnerte?
Im gedämpften Licht des Stalls breitete sich ihr goldenes Haar auf dem Stroh aus, das sich aus dem Lederband gelöst hatte. Ihre strahlend blauen, von dichten Wimpern umrahmten Augen wirkten riesig in dem blassen ovalen Gesicht. Die hohen Wangenknochen schienen ausgeprägter, ihre Wangen selbst eingefallener. Dann fiel sein Blick auf die geschwungenen Lippen, die sich ein wenig öffneten, als sie nach Luft rang.
Bittere Reue überkam ihn, erinnerte er sich doch allzu gut an jede sinnliche Nuance ihres Mundes und auch daran, wie er sich in ihren Küssen verloren hatte.
Das schien allerdings eine Ewigkeit zurückzuliegen.
Er musste sich räuspern, weil sein Hals sich unangenehm eng anfühlte, und sah ihr in die Augen. »Sag mir, wovor du solche Angst hast!«
Unter seiner Hand hob und senkte sich ihr Bauch, als sie seufzte. Obwohl ihn mehrere Woll- und Stoffschichten von ihr trennten, meinte er, ihre weiche Haut zu spüren, die sich unter seinen Zärtlichkeiten erwärmte.
Ein Schauer durchfuhr ihn.
Sie musste es gleichfalls gespürt haben, denn er bemerkte ein Flackern in ihrem Blick. Dann drehte sie sich geschwind zur Seite und machte Anstalten, von ihm wegzukrabbeln. Doch er packte ihren Arm und zog sie zurück. Als sie ihn wütend anfunkelte, sagte er: »Du willst es mir nicht leicht machen, was?«
»Bitte, Dominic!« Sie zitterte. »Ich flehe dich an, bring mich nicht fort von hier!«
Verwundert zupfte er ihr einen Strohhalm aus dem Haar. »Warum sollte ich das wollen?«
Sie zuckte zusammen. Noch nie zuvor war sie vor ihm zurückgeschreckt, als wäre er eine Gefahr für sie. Allmählich verlor er die Geduld und wollte schon etwas sagen, als er Stimmen aus dem Hof vernahm. Zwei Männer.
Gisela zitterte noch heftiger.
Sanft drückte er ihren Arm. »Steckst du in irgendwelchen Schwierigkeiten?«
Stumm sah sie ihn an und kniff die Lippen zusammen. Für einen Moment glaubte er zu fühlen, dass sie ihm vertrauen wollte, dann jedoch wirkte sie wieder misstrauisch.
Am liebsten hätte er geflucht wie ein Fischhändler. Er ließ ihren Arm los. »Gisela, ich kann dir nicht helfen, wenn du mir nicht traust.«
»Was macht mich sicher, dass du mir helfen willst? Seit ich dich das letzte Mal sah, sind viele Jahre vergangen.«
»Stimmt, aber …«
»Nein, Dominic«, fiel sie ihm ins Wort, stützte sich auf einem Arm auf und sah ihn so wütend an, dass ihre Augen wie blaues Feuer waren. »Du könntest …«
»… auf dem Markt so fasziniert gewesen sein, dass ich dir folgen musste, um dann zu entdecken, dass du meine längst verlorene Liebe bist? Ja, das stimmt.«
»Lass mich ausreden!«, sagte sie leise. »Du könntest …«
»… mich nach all den Jahren der Trennung immer noch nach deinen Küssen verzehren? Stimmt
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