Beginenfeuer
beengt und eingesperrt fühlten.
»Morgen haben wir die Audienz beim König«, berichtete er ohne lange Vorrede.
»Schon morgen?« Violante sprang von ihrem Stuhl auf. »Beruhigt Euch und denkt daran, was ich Euch gesagt habe. Der König spricht nicht viel, aber er hört genau zu. Er wünscht keinen Widerspruch und kein Herumgerede. Wenn er Euch Fragen stellt, antwortet kurz und präzise. Wenn Ihr das nicht könnt, dann schweigt lieber. Er drückt sich knapp, manchmal sogar schroff aus, das ist seine Art, es hat nichts mit Eurer Person zu tun.«
»Warum will er mich sehen?«
»Er macht sich gern ein Bild von den Menschen, mit denen er zu tun hat. Immerhin gab er Euch den Schutzbrief für Strasbourg. Und außerdem benötigen wir für alles seine Zustimmung. Noch bin ich in seinen Diensten. Es ist mir auch versagt, ohne seine Erlaubnis eine Gemahlin zu nehmen.«
»Das habt Ihr mir so deutlich nie gesagt. Besteht die Möglichkeit, dass er sie, wie ich vielleicht, verweigert?« Mathieu überging die Provokation.
»Ich denke nicht, aber wir sind auf sein Wohlwollen angewiesen.«
Die Flügel des königlichen Audienzzimmers öffneten sich. Mathieu war so erregt wie bei seinem ersten Empfang im Palast des Königs in Paris.
»Mathieu, Graf von Andrieu«, verkündete die Stimme des Zeremonienmeisters, während sie eintraten und die vorgeschriebene Reverenz vollzogen.
»Möge es Eurer Majestät gefallen, dass ich ihr Violante, die Dame von Courtenay, vorstelle.«
Dies war keine Arbeitsbesprechung, sondern eine offizielle Audienz. Es galt genaue Regeln zu befolgen, und sie verharrten beide schweigend, bis der König das Wort ergriff. Dennoch bemerkte Mathieu aus den Augenwinkeln die Andeutung eines kaum sichtbaren Lächelns in den Mundwinkeln Philipps des Schönen. Es gefiel ihm offensichtlich, den Ritter, der sich jahrelang allen Vermählungsplänen widersetzt hatte, in weiblicher Begleitung zu sehen.
»Erhebt Euch. Verratet Eurem König, Violante von Courtenay, was Euch bewogen hat, Eure Abgeschiedenheit unter den frommen Beginen aufzugeben? Es war doch Strasbourg, wenn ich mich recht entsinne?«
»Die Pläne des Papstes haben mich gezwungen dazu, Majestät. Er will den Beginenstand in Bälde aufheben.« Mathieu zuckte zusammen. Die Antwort war zwar kurz und sachlich, aber von einer undiplomatischen Direktheit. Violante war einfach unverbesserlich.
Der König akzeptierte die deutliche Erklärung mit einem Nicken.
»Und was trieb Euch nach Vienne?«
»Der Versuch, diese Pläne vielleicht noch zu beeinflussen.« Mathieu begann unter seinem eleganten Samtwams zu schwitzen. Sie hätte damenhaft die Lider senken müssen. Stattdessen sah sie dem König offen in die Augen.
»Ihr werdet mir nachsehen, dass mich dieser Umstand nicht betrübt.«
Zu seiner Erleichterung stellte Mathieu fest, dass sich das Gesicht Seiner Majestät bei dieser Antwort nicht verfinsterte. Offensichtlich erkannte er, dass Violantes Verhalten Unkenntnis und keine Provokation verriet. Er ging ohne weitere persönliche Fragen zum förmlicheren Teil der Audienz über. »Mathieu von Andrieu, Ihr seid einer meiner besten Ritter, und ich lasse Euch ungern ziehen. Aber mir und meinem Sohn, dem Herzog, ist viel daran gelegen, in Burgund treue Gefolgsleute zu wissen. Die Krone braucht in den Bergen des Jura und am Doubs vertrauenswürdige Männer. Der Frieden mit Kaiser Heinrich ist nur gesichert, wenn unser Reich stark ist. Ihr seid in der Lage, eine gut geführte Streitmacht für uns aufzustellen, die uns in Eurer Heimat gegen das Deutsche Reich schützt.«
Er machte eine kurze Pause. »Und nun zu Eurem anderen Anliegen: Ihr habt meine Erlaubnis, die Dame von Courtenay zur Gemahlin zu nehmen. Seine Eminenz der Erzbischof kann Euch morgen bei der Messe trauen.«
Der König diktierte einem Schreiber die entsprechende Anweisung. »Aber…«
Mathieu griff hastig nach Violantes Hand und drückte sie warnend. Sie verstummte, auch wenn es ihr schwer fiel. Der König gab dem Zeremonienmeister mit einer Geste zu verstehen, dass die nächste Audienz beginnen konnte. Sie waren entlassen.
Mathieu führte Violante hinaus und machte ohne Umschweife seinem Zorn Luft.
»Wie großzügig von Seiner Majestät, mich aus seinen Diensten freizugeben und mich gleichzeitig voll für seine Interessen in Anspruch zu nehmen. Er zwingt mich, Soldaten auszubilden und seine Grenze zu schützen. Noch habe ich nicht einmal einen Überblick, wie es um die wirtschaftliche Lage
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