Beginenfeuer
ob es rechtens ist, dass die Krone die Geschäftigkeit der Beginen so großzügig unterstützt«, fügte der König eine Spur säuerlich hinzu. »Wollt Ihr es bei einer Untersuchung belassen, Sire?«
»Vorerst schon. Die Beginen vom Weingarten unterstehen seit dem Jahre 1299 der Gerichtsbarkeit der französischen Krone. Weder der Magistrat von Brügge noch die geistlichen Herren der Stadt können sie zur Rechenschaft ziehen oder ihnen Handwerk und Handelsgeschäfte verbieten. Diese Tatsache macht es freilich nötig, dass ein Mann meines Vertrauens die Angelegenheiten in Brügge für mich prüft, ehe ich Entscheidungen treffe.«
Wunderbar, schoss es dem Grafen durch den Kopf. Das heißt, ich darf auf glühenden Kohlen zwischen Zünften, Magistrat und Kirche tanzen. Was habe ich mit frommen Frauen zu schaffen?
»Wem gilt Euer besonderes Augenmerk, Sire?«, erkundigte er sich bedächtig. »Der Zunft der Wollhändler? Dem Magistrat von Brügge? Oder den frommen Frauen im Weingarten?«
»Ihr habt in Eurer Aufzählung Seine Heiligkeit vergessen, Andrieu«, erwiderte der König knapp. »Wie man aus seiner Umgebung vernimmt, begegnet die Kirche den Beginen mit steigendem Misstrauen. Der Franziskanerpater Simon von Tournai hat bereits anlässlich des Konzils von Lyon im Jahre 1274 von der Gefahr einer Irrlehre gesprochen. Es missfällt den frommen Männern, dass die Beginen nach eigenen Regeln leben. Ihre Selbstständigkeit ist den Kirchenfürsten ein immer größerer Dorn im Auge. Man hätte sie gerne gehorsamer und abhängiger. Die Tatsache, dass so viele von ihnen des Lesens und Schreibens mächtig sind und dieses Wissen auch noch an andere Weibsleute weitergeben, rückt sie gar in die Nähe der Ketzerei. Ganz davon zu schweigen, dass sie mit ihrem Fleiß Summen erwirtschaften, die Seine Heiligkeit zu gerne in die kirchlichen Truhen fließen lassen würde.«
Andrieu versuchte aus dieser reinen Information die persönliche Einstellung des Königs herauszuhören. Wenn es um Geld ging, war das Verhältnis zwischen Papst und Krone noch vertrackter als sonst.
Ersterer verdankte dem Einfluss des Königs seine Wahl in das höchste Amt der Christenheit. Frankreich hatte sich erfolgreich gegen die weltlichen Ambitionen der Kurie behauptet und an Macht gewonnen. Es garantierte dem Heiligen Stuhl innerhalb seiner Grenzen zudem eine Sicherheit, die er in Rom oder Perugia, im unmittelbaren Einflussbereich der mächtigen Colonnas, vergeblich gesucht hätte. Allerdings musste Seine Heiligkeit teuer dafür bezahlen. So durfte die Krone den Klerus fünf Jahre lang besteuern. Ob sie dieses Recht nach der Frist so einfach dahingehen würde, bezweifelte der Heilige Vater sicher selbst. Als Papst von Philipps Gnaden war er in den letzten Jahren in zunehmende Abhängigkeit geraten. Seine Reise, wenn nicht gar seine Flucht nach Avignon, bestätigte, dass er inzwischen offen gegen diese Fesseln aufbegehrte. In einer solchen Situation galt es mit besonderer Vorsicht zu handeln. Die Abgaben an die Krone rissen ein großes Loch in die Kirchenkassen. Sicher suchte der Papst nach Quellen, dieses Loch zu stopfen. Vielleicht zog er in Betracht, die wohlhabenden Beginenkonvente unter Kirchengewalt zu stellen und die Ordensregeln zu ändern? Wenn er den Beginen ihre Unabhängigkeit nahm, erhielt er Zugriff auf ihr Vermögen. Obwohl die frommen Frauen in geistlichen Belangen einem Bischof, einer Pfarre oder einem Orden unterstanden, besagten ihre Statuten, dass sie für ihr eigenes Auskommen zu sorgen hatten und der Kirche nicht zur Last fallen durften. Dass sie durch Fleiß und geschicktes Wirtschaften nun gar Reichtum schafften und mehrten, erregte allerseits Neid. »Auch als Abgesandter meines Königs bin ich ein Mann und habe keinen Zutritt zu einem Beginenhof«, erinnerte der Graf an eine weitere Beginenregel.
»In der Tat.« Der König wandte sich zum Tisch. »Aber Robert von Bethune, der Graf von Flandern, ist erst in diesem Sommer aus Paris wieder in seine Residenz nach Brügge zurückgekehrt. Er ist mehr als froh, dass ich der Stadt endlich offiziell verziehen und ihn und seine Familie wieder unter meinen königlichen Schutz genommen habe. Er wird Euch in allen Ehren im Prinzenhof willkommen heißen. Ladet die Magistra der Beginen zum Gespräch dorthin und hört Euch an, was sie von den Vorwürfen hält.«
»Und wenn die Dame einen Rat von mir möchte?«
»Wird sie ihn von mir bekommen, sobald ich mich mit den Umständen vertraut gemacht
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