Bei Dir bin ich geborgen
zusammenreimen konnten.
Aller Wahrscheinlichkeit nach war sie in ihrem eigenen Wagen gekommen. Doch ohne die geringste Ahnung, wie der Wagen aussah, bestand wenig Aussicht, ihn ausfindig zu machen. Das Einkaufszentrum war gestern sehr voll gewesen, eine Frau mit einem weinenden Kind auf dem Arm war nichts Auffälliges, im Gegenteil. Im Vorweihnachtsstress waren weinende quengelige Kinder fast schon die Norm.
Auch seine Kollegen hatten kein Glück gehabt. Alles in allem war der Tag frustrierend gewesen. Die einzige Hoffnung war nun noch Glynnis’ Belohnung.
Spätestens mit den Abendnachrichten würde die ganze Region Bescheid wissen.
Kurz nach fünf Uhr trat Chief Crandall zu Dan an den Schreibtisch. „Dan, gehen Sie nach Hause! Sie sind jetzt… wie lange im Einsatz, vierundzwanzig oder fünfundzwanzig Stunden? Sie müssen schlafen!“
„Ich weiß nicht, ob mir das gelingen wird, Chief.“
„Dann versuchen Sie es! Völlig übermüdet kann ich Sie hier auch nicht brauchen.
Keine Sorge, ich werde Sie schon anrufen, wenn sich etwas Neues ergibt.“ Eigentlich wollte Dan nicht gehen, aber er sah am Gesicht seines Chefs, dass Widerspruch zwecklos war. Widerstrebend erhob er sich und griff nach seinem Mantel. „Haben Sie meine Handynummer? Falls ich nicht zu Hause sein sollte.“
„Dan…“
„Ich dachte nur, ich schaue bei der Mutter des Kindes vorbei, das ist alles.“
„Gut. Aber sehen Sie zu, dass Sie danach etwas schlafen, haben Sie gehört?“ Dan kannte das Viertel, in dem Glynnis wohnte. Ein Schulfreund von ihm hatte nur einige Straßen weiter gewohnt. Es lag nicht weit vom Zentrum entfernt, und er brauchte nur einige Minuten, bis er das Haus von Glynnis gefunden und geparkt hatte. Ein hübsches rotes Ziegelhaus. Auf der einen Seite des Grundstücks befand sich eine riesige Fichte, in der Einfahrt stand ein schwarzer Honda. Kat war offensichtlich heimgefahren, denn ihr roter Kleinwagen war nirgendwo zu sehen.
Dan bemerkte die Fußmatte mit dem Weihnachtsmotiv vor der Tür. Wenn er ihre Tochter nicht fand, würde es ein schreckliches Weihnachten für Glynnis und ihre Familie geben. Mit düsteren Gedanken läutete er.
Es dauerte einen Augenblick, bis Glynnis die Tür öffnete. Dan hätte sich am liebsten geohrfeigt, als er Glynnis’ Augen hoffnungsvoll aufleuchten sah. Er hätte sie lieber vorher anrufen sollen!
„Es tut mir Leid“, begann er. „Es gibt nichts Neues. Ich wollte bloß vorbeikommen und sehen, wie es Ihnen geht.“
„Oh.“ Das Licht in ihren Augen erlosch. Sie zuckte die Schultern. „Es ist schon okay.“
Sie sah aber nicht okay aus, ganz im Gegenteil: müde, bleich und sorgenvoll.
Dennoch wirkte sie jünger als gestern, vielleicht, weil sie jetzt kein Makeup trug, Sweatshirt und Jeans anhatte und das Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte. Das rotbraune Sweatshirt passte gut zu ihren Augen und ihrem Haar, wie er fand.
„Aber immerhin könnte ich Ihnen berichten, was wir bisher erreicht haben.“
„Dann kommen Sie doch rein.“
Er folgte ihr ins Haus. Sofort fielen ihm die warmen Farben und die freundliche Einrichtung ins Auge. Der Boden war mit Holzdielen ausgelegt, die Möbel wirkten gemütlich, und an den Wänden hingen Familienfotos.
Er blieb vor einem großen gerahmten Foto eines pausbäckigen Babys stehen.
„Das ist Livvy.“
Glynnis war erstaunt. „Woher wissen Sie das? Auf dem Foto ist sie erst elf Monate alt.“
„Ich habe sie an den Grübchen erkannt.“
Glynnis versuchte tapfer zu lächeln. „Ich liebe ihre Grübchen“, sagte sie leise.
„Daran sieht man ihr schelmisches Wesen.“ Einen Moment lang schwieg sie.
Dann flüsterte sie so leise, dass Dan sie kaum, verstehen konnte: „Ich habe solche Angst.“
„Ich weiß. Deswegen bin ich hergekommen. Ich möchte Ihnen sagen, dass jeder Beamte im ganzen Gebiet und sogar in ganz Ohio bei der Suche nach Ihrer Tochter mithilft. Es mag eine Zeit lang dauern, aber wir werden sie finden.“ Glynnis nickte.
In diesem Augenblick begann die Standuhr zu schlagen. „Haben Sie einen Fernseher?“
„Ja.“
„Wollen Sie nicht die Nachrichten sehen? Vielleicht bringen sie schon etwas über die Belohnung.“
„Oh ja, natürlich.“
Dan folgte Glynnis ins Wohnzimmer und ließ sich auf einem der grünen Sessel nieder, während Glynnis die Fernbedienung vom Couchtisch nahm und den Apparat einschaltete. Sekunden später sah man bereits das Studio des lokalen Nachrichtensenders. Der Moderator
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