Bei Null bist du Tod
Erinnerung wird zurückkommen. Ich möchte da sein, wenn das passiert.«
Jock schüttelte den Kopf.
»Versuch doch mal, es so zu sehen. Ich habe versprochen, keine Fragen zu stellen. Bei mir kannst du ganz entspannt sein. Wenn du über Reilly reden willst, werde ich dir zuhören. Ich kann es gar nicht erwarten, dir zuzuhören.«
Jock schaute ihn an. »Warum?«
»Grozak und Reilly haben meinen Vater ermordet. Sie haben ihn enthauptet.«
Ja, Jock erinnerte sich, dass Jane etwas von dem Mord an Marios Vater erwähnt hatte. »Tut mir Leid. Das war ich nicht. Mir wurde nie befohlen, jemanden zu enthaupten.«
Mario war entsetzt. »Wir wissen, wer es war. Ich habe nicht angenommen, dass du das getan hast.«
»Das ist gut. Es würde alles nur noch komplizierter machen.«
Mario nickte. »Ich würde sagen, das ist ziemlich untertrieben.« Er hatte sich genug von dem Schrecken erholt, um ein Lächeln zustande zu bringen. »Du bist anders, als ich erwartet hatte. Aber das heißt nicht, dass wir uns nicht gut verstehen und einander helfen können.«
Eine ganze Weile ruhte Jocks Blick auf Mario. Dieser Kerl wollte ihn benutzen, und er hielt ihn für so einfältig, es einfach zuzulassen. Jock konnte es ihm nicht verübeln. Wenn der Nebel sich über ihn legte, war er kaum in der Lage, auf der simpelsten Ebene zu funktionieren. Aber jetzt gab es Zeiten, in denen der Nebel sich lichtete, und dann fühlte er sich hellwach, dann waren alle seine Sinne geschärft.
»Möchtest du nicht wissen, was auf diesen Schriftrollen steht?«, fragte Mario mit einschmeichelnder Stimme. »Ich habe gerade von einer Schriftrolle eine Übersetzung fertig gestellt, die ich noch niemanden habe lesen lassen. Ich könnte dir davon erzählen. Du wärst der Erste, der vom Inhalt des Briefs erfährt.«
Er versuchte, ihn zu bestechen. Jock konnte die Verzweiflung spüren, die Mario umtrieb. Rachegelüste und Hass und die Ungeduld, die mit dieser Verzweiflung einherging. Seltsam, dass er plötzlich die Gefühle anderer wahrnehmen konnte, nachdem er so lange vollkommen in sich zurückgezogen gelebt hatte.
Am besten, er nahm es einfach hin. Er war immer noch schwach, und alle um ihn herum waren stark. Er musste seine Kräfte sammeln. Annehmen, was Mario ihm geben wollte. Sich von ihm benutzen lassen.
Bis der Nebel endgültig verschwunden war.
Noch sieben Tage
»Ich hätte nicht geglaubt, dass es funktionieren würde.« Trevor schaute zu Mario und Jock hinüber, die gemeinsam über den Bootssteg gingen. »Ich dachte, du hättest dich von Mario beeinflussen lassen. Aber das geht jetzt schon seit zwei Tagen, und die beiden scheinen sich wirklich angefreundet zu haben.«
»Er hat mich tatsächlich beeinflusst. Er hat mir Leid getan. Aber nicht genug, um nicht sofort einzugreifen, falls er Jock unter Druck setzt. Dafür hat es mich zu viel Mühe gekostet, MacDuff zu überreden, Mario überhaupt mit Jock reden zu lassen. Doch es war eine Möglichkeit, ihn dazu zu bringen, dass er uns Ciras Brief gibt.« Jane schüttelte ungläubig den Kopf. »Mario scheint sehr einfühlsam mit ihm umzugehen. Es erinnert mich daran, wie ich ihn erlebt habe, als wir auf der Burg angekommen sind. Jock sagt, er scherzt mit ihm und erzählt ihm Geschichten aus seinem Leben in Italien. Ich glaube nicht, dass er Jock bisher eine einzige Frage gestellt hat.«
»Bisher.«
»Bisher.« Ihre Hände ballten sich zu Fäusten. »Aber wir werden bald selbst anfangen müssen, ihm Fragen zu stellen. Es macht mich völlig verrückt, hier rumzusitzen und darauf zu warten, dass Jock endlich irgendwas einfällt, das diesen Horror aufhalten könnte. Wir können ihm nicht mehr viel Zeit geben, um zu heilen. Hast du etwas Neues von Brenner gehört?«
»Nur, dass er sich in dem Skiort umgesehen hat. Jock hat drei Monate lang in einem Laden Skiausrüstung verkauft, bis er eines Tages einfach nicht mehr aufgetaucht ist. Der Ladenbesitzer hat sich große Sorgen gemacht. Er meinte, es hätte nicht zu dem Jungen gepasst, so unzuverlässig zu sein. Um ein Haar hätte er eine Vermisstenanzeige aufgegeben.«
»Aber er hat es nicht getan?«
Trevor schüttelte den Kopf. »Nein. In diesen Orten tauchen immer wieder irgendwelche Weltenbummler auf. Die bleiben eine Weile, um sich ein paar Dollar zu verdienen, genießen das Skilaufen und ziehen dann wieder weiter.«
»Keine Spur von Reilly?«
»Bisher noch nicht. Es gibt ein paar Quellen, die Brenner anzapfen kann, aber er muss umsichtig vorgehen, damit
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