Beichte eines Verfuehrers
Kätzchen, eine Mieze, die gestreichelt werden will. Das ist alles, was man über mich wissen muss.
Der Mann sagt mir, ich soll ihn Joe nennen. Kann sein, dass er wirklich so heißt. Mir ist das egal. Joe ist sauber, er hat noch alle Zähne und einen Haufen Geld. Das bedeutet für mich, ich werde ihm überallhin folgen. Außerdem ist es genug, damit ich ihm in dieser Nacht ganz gehöre, eine Aussicht, die mich nicht sonderlich schreckt.
Anscheinend mag Joe den schmalen Haarreif mit den flauschigen Katzenohren, den ich trage. Er streckt die Hand aus, um sie zu berühren. Dann streichelt er mein dichtes, schwarzes Haar. Ich trage eine Perücke, aber eine aus Echthaar. Die meisten Männer erkennen den Unterschied nicht. Die meisten von ihnen kümmern sich sowieso um nichts, was sich oberhalb meiner Schultern befindet.
Aber dieser Mann ist anders. Er starrt in mein Gesicht, als wolle er sich später an mich erinnern. Normalerweise würde ich mich unbehaglich fühlen, aber er wirkt so echt. Als wolle er mich verstehen.
„Was ist?“, frage ich ihn. Er verunsichert mich.
„Du bist sehr schön.“
„Danke.“ Mein Finger gleitet an seiner Brust hinab zu seiner Gürtelschnalle.
„Hast du ein paar Freundinnen, die an einem Gespräch über Bücher und Literatur interessiert sind?“
Wir nehmen kein Geld für Sex, denn das ist illegal. Die Männer bezahlen hier für unsere Gesellschaft. Alles, was darüber hinausgeht, beruht auf einer Vereinbarung zwischen zwei erwachsenen Leuten. Es kann also vorkommen, dass wir uns darüber einig werden, sofort miteinander zu rammeln wie die Karnickel – und das in einem Club, in dem Dutzende Leute genau dasselbe machen. Also na ja … ich kann nur sagen, dass ich nicht für Sex bezahlt werde. Ich werde nur für die Gesellschaft bezahlt.
„Ich denke schon.“ Ich zwinkere ihn an. Mit meinen höchsten Pumps kann ich ihm direkt in die Augen blicken. „Möchtest du, dass ich dich ihnen vorstelle?“
Er nickt. Ich nehme ihn an die Hand und führe ihn durch den Club. Aus dem oberen Stockwerk ist hämmernd Musik zu hören. Manchmal habe ich bei den schwarzen Wänden das Gefühl, ich wäre im Weltraum verloren. Barbie hängt zusammen mit Candy auf einem der tiefen Sofas an der rückwärtigen Wand des Raums herum. An der Art, wie die beiden gestikulieren, erkenne ich, dass sie sich über die Gefängnisserie unterhalten, die sie immer anschauen. Die beiden Frauen blicken auf, als ich mit Joe näher komme.
„Das ist Joe“, sage ich. „Er mag Bücher.“
Mit Barbie zusammenzuarbeiten ist eine Freude, weil sie einen verdammt heißen Körper hat. Sie setzt ihre blonden Haare und die blauen Augen gekonnt in Szene. Oft sieht sie mit all den Schleifchen und Rüschen aus wie ein Modepüppchen. Das ist ein toller Kontrast zu meiner schwarzen, kinnlangen Perücke und dem schwarzen Catsuit aus Leder. Candy ist das kleine, schlampige Schulmädchen. Ich mag sie nicht.
„Hallo, Ladys“, sagt Joe.
„Hallo Joe“, schnurrt Barbie und kreuzt die Beine, sodass der knappe Rock über ihren straffen, festen Schenkeln hochrutscht. „Was weißt du denn so alles?“
Es ist ein lahmer Spruch, aber er lacht trotzdem. Es ist ein echtes Lachen, nicht so ein Glucksen. Ich mag Joe, weil er meinen Job einfacher macht. Nichts ist schlimmer als die Typen, die vor lauter Nervosität oder Vorfreude alles ruinieren.
„Was für Bücher magst du, Joe?“ Candys Zöpfe hüpfen, als sie sich gerade hinsetzt. Ihr Kopf ist auf der gleichen Höhe wie Joes Schritt. Und das weiß sie genau.
Joe scheint es auch zu wissen, denn er schiebt seine Hüften etwas in ihre Richtung. Also versteht er sich auch auf subtile Körpersprache. Und er mag kleine Schulmädchenschlampen. Barbie und ich wechseln einen kurzen Blick. Sie ist meine beste Freundin und wir können einander lesen wie … na ja, wie Joes Bücher, über die er so gerne diskutieren möchte.
„Lass mich raten.“ Ich schiebe meine Hand in seine. Es fühlt sich gut an, ein bisschen verschwitzt und warm reiben sich unsere Handflächen aneinander. „Du magst Liebesromane?“
Joe lächelt.
„Erotikromane“, schlägt Candy vor. Sie spreizt einfach die Beine. Manche Mädchen haben es einfach nicht drauf.
„Nein“, sagt Barbie. Sie steht auf. Weil sie sogar noch größer ist als ich, kann sie Joe direkt in die Augen sehen. „Joe mag … Mysterythriller.“
„Das ist richtig“, sagt Joe, ohne besonders überrascht zu klingen.
Barbie schiebt sich näher.
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