Beim Blick in deine Augen
einem Mann, der sie abwechselnd begehrte und verachtete – das wäre in der Tat eine große Lüge gewesen. Und eine, die kein Vater dulden würde.
Nervös strich Laura ihre Schürze glatt. „Freut mich sehr, Sie kennenzulernen, kyrios Karantinos“, sagte sie.
„Mein Sohn hat mir erzählt, Sie stammen aus England?“
„Ja, Sir.“
„Und dass Sie ihn überredet haben, für den Sommer herzukommen und hier zu arbeiten?“
„Das stimmt. Es schien die perfekte Gelegenheit, meinem Sohn einen Urlaub zu ermöglichen.“
Es entstand eine kleine Pause, bevor er auf den kleinen Jungen mit den dunklen Locken deutete. „Und das ist Ihr Sohn?“
„Ja, das ist Alex.“
Nikolos Karantinos’ müde Augen wandten sich jetzt dem Jungen zu, und einen Augenblick lang glaubte Laura, sie würden schmal. Aber der Moment ging vorbei. Er setzte sich langsam und fragte Alex, wie sein Morgen gewesen sei. Zu Lauras Freude und Stolz begann ihr Sohn entspannt zu erzählen. Er berichtete dem alten Mann von seiner Schwimmstunde, und sie hätte gerne weiter zugehört. Aber Constantine hob seine Hand, um sie auf ihn aufmerksam zu machen.
Ihre Wangen brannten, als sie seinem spöttischen Blick begegnete, während er Wein bestellte. Er genießt das, dachte sie auf dem Weg in die Küche. Er genießt es, mir meine untergeordnete Stellung deutlich zu machen.
Sie versuchte, Constantines sarkastischen Spott nicht an sich heranzulassen, aber das war leichter gesagt als getan, und als er ungeduldig nach dem Brotkorb verlangte, hätte sie ihm diesen gerne über seinen Kopf gestülpt. Oder ihm die Schüssel mit dem Zaziki in den Schoß geschüttet.
Tatsächlich war sie so sehr damit beschäftigt, alle Gläser nachzufüllen und Gang nach Gang aufzutragen, dass Laura kaum Gelegenheit fand, der Unterhaltung zu folgen – obwohl sie gerne gehört hätte, was Alex zu seinem Großvater sagte oder ob es Anzeichen gab, dass der alte Mann erriet, wer der kleine Junge tatsächlich war. Und es fühlte sich merkwürdig an, ihren eigenen Sohn in der Rolle der Kellnerin zu bedienen.
Noch nie war sie sich mehr wie ein Außenseiter vorgekommen, als während dieser scheinbar endlosen Mahlzeit – als wäre sie nur jemand, der aus der Ferne beobachtet. Als habe sie nirgendwo einen Platz.
Und herrschte nicht auch eine merkwürdig kühle Atmosphäre zwischen Constantine und seinem Vater? Als würden die beiden Männer sich tolerieren, aber nicht lieben? Sollte Alex sich daran ein Beispiel nehmen?, fragte sie sich, plötzlich ängstlich. Sollte er sich emotional zurückhalten?
Aber zumindest Alex schien sichtlich aufzublühen. Laura spürte, wie sehr er die Aufmerksamkeit genoss. Von Constantine, von dessen Vater und auch von dem jungen Stavros. Weil er die Gesellschaft von Männer nicht gewohnt war. Zum ersten Mal wurde ihr klar, wie begrenzt sein Leben mit zwei Frauen in einer kleinen Wohnung über einem Dorfladen gewesen war.
Sie beobachtete, wie Constantine eine Orange für seinen Sohn schälte, die Augen starr auf die starken Finger gerichtet, die die Haut abzogen. Schatten fielen auf seine hohen Wangenknochen, und seine sinnlich geschwungenen Lippen hatten sich zu einem leichten Lächeln entspannt. Und dann blickte er plötzlich auf, und sie spürte, wie sie errötete, als er sein Glas in ihre Richtung erhob.
„Bring mir noch etwas mehr Eis für mein Wasser“, meinte er, und Lauras Wangen glühten, als sie nickte und in die Küche lief, um welches zu holen.
Constantine sah ihr nach. Sah ihre weichen, verführerischen Kurven, die sich unter dem wenig eleganten Kleid abzeichneten, und spürte, wie sein Herzschlag sich erneut beschleunigte. Wie schaffte es diese unscheinbare kleine Person nur, dass sein Körper sich so nach ihr sehnte? Und was noch wichtiger war: Würde dieses Verlangen abflauen, sobald er sie besessen hatte? Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Natürlich würde es das. Als wenn jemand wie sie sein Interesse länger als eine Nacht lang fesseln könnte!
Laura kehrte mit dem Eis zurück und beugte sich vor, um etwas davon in sein Glas zu tun. Sie war sich der verführerischen Wärme seines Körpers bewusst und nahm den leichten Moschusduft wahr, der von ihm ausging.
All die leeren Versprechungen fielen ihr wieder ein, die sie sich selbst gegeben hatte – dass sie der überwältigenden Anziehungskraft nicht nachgeben würde, die zwischen ihnen existierte. Dass sie ihr Herz vor weiteren Verletzungen schützen würde, indem sie
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