Beißen fuer Anfaenger (komplett)
ist.«
»Meinst du?« Ich hielt Tesla am Halfter und streichelte seine wohlgeformte Brust. Ungeachtet seines Alters strotzte er vor Muskeln. Er wendete den Kopf und beschnüffelte meine Hand. Ich kraulte ihn eine Weile hinter den Ohren, dann wühlte ich die Hand in seine Mähne und ließ sie seinen Nacken hinuntergleiten, schwelgte darin, wie sich das warme Pferd unter meinen Fingerspitzen anfühlte. »Ich mag ihn. Er ist – was zum Froschlaich?«
Ich schob eine schmutzige Strähne beiseite und inspizierte die Stelle, wo Teslas Schulter mit seinem Hals zusammentraf. Sie sah nicht auffällig aus – auch hier war nur schmutziges graues Pferdehaar –, aber als ich mit den Fingern behutsam über die Oberseite seiner linken Schulter strich, spürte ich etwas, eine Wulst, wie von einer dicken Narbe. »Er muss sich vor langer Zeit mal verletzt haben«, überlegte ich laut.
»Wer, Benedikt?«
»Nein, Tesla. Fass mal hier hin. Was spürst du?«
Soren hinkte zu mir und fuhr mit der Hand über Teslas Schulter. »Ein Pferd.«
»Gib dir mehr Mühe.«
Soren gehorchte, dann verzog er das Gesicht und wischte sich die Hand an seinen Shorts ab. »Ein verschwitztes Pferd. Wegen Benedikt –«
Ich kippte den Wasserkübel mit dem Fuß um. Soren sprang zurück, um der sich ausbreitenden Pfütze auszuweichen. Ich hob den Eimer auf und gab ihn ihm, dann befestigte ich den Führstrick an Teslas Halfter. »Komm, ich will ihn putzen. Du kannst mir helfen, bevor der abendliche Andrang startet. Der Tierarzt wird ihn morgen untersuchen, da muss er fit aussehen.«
Soren runzelte die Stirn, trotzdem folgte er mir, als ich Tesla über den grasbewachsenen Parkplatz führte. »Du weichst dem Thema aus.«
»Ja, das tue ich. Und ich mache das recht geschickt, findest du nicht?«
Er ließ einen dieser dramatischen Seufzer hören, wie sie nur fünfzehnjährige Jungs draufhaben. »Ich habe dich gewarnt. Wenn du am Ende heulend zu mir gelaufen kommst, weil er dir schrecklichen Kummer bereitet hat, dann behaupte nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.«
Ich lächelte und knuffte ihn mit dem Ellbogen. »Abgemacht.«
Eins muss man Soren zugutehalten: Er mochte noch so neidisch auf Bens ultracooles Motorrad sein (meine Mutter zu bearbeiten, damit sie mir eine Spritztour mit ihm erlaubte, war der nächste Punkt auf meiner Liste), trotzdem war er bereit, das Thema fallen zu lassen, um mir zu zeigen, wie man sich um ein Pferd kümmert. Bruno, Peters prächtiger Andalusier, sah im Vergleich zu Teslas schmuddeligem Grau fast strahlend weiß aus, aber eine Stunde später, nachdem ich ihn eingeschäumt und abgespült hatte (zu Teslas großem Entzücken – ich schwöre, dass der Gaul geseufzt hat vor Wonne, als Soren einen Striegel zückte), sah er weniger grau aus, sondern mehr wie ein echter Schimmel. Ich brachte weitere dreißig Minuten damit zu, seine Mähne und seinen Schweif auszukämmen, sodass er ziemlich schick aussah, als Peter zu uns stieß, um Teslas Hufe und Gebiss zu untersuchen.
»Er ist alt«, stellte er fest, als er in Teslas offenes Maul spähte. »Wahrscheinlich zwanzig bis fünfundzwanzig Jahre. Aber er scheint sich ganz gut gehalten zu haben.« Er ließ die Lippen des Pferdes los und tätschelte ihm den Hals. Tesla streckte ihn durch und tänzelte steifbeinig auf der Stelle. Peter lachte. »Das ist ein netter alter Junge. Er sollte uns keine Probleme bereiten. Deine Mutter sagt, dass du arbeiten wirst, um sein Futter zu bezahlen. Stimmt das?«
»Ja.« Ich nickte, und mir wurde ganz wohlig warm ums Herz, weil Tesla sich von seiner Schokoladenseite zeigte. Der alte Charmebolzen. »Ich kann Essen verkaufen oder Tickets oder Sachen schleppen oder –«
Peter schüttelte den Kopf. »Du wirst dir von Imogen das Handlesen beibringen lassen. Deine Mutter hat mir versichert, dass du gut darin sein wirst, und Imogen möchte lieber nur die Runen deuten. Sie wird es dich lehren. Ich bezahle dich während deiner Lehrzeit in Form von Futter für Tesla, danach erhältst du einen richtigen Lohn, einverstanden?«
Mein Magen verknotete sich zu einem festen Ball angesichts der Vorstellung, Leuten aus der Hand zu lesen. Das würde bedeuten, dass ich sie anfassen müsste! Meine hinterlistige, hinterlistige Mutter. Sie versuchte schon seit ein paar Jahren, mich dazu zu bringen, Menschen aus der Hand zu lesen. Jetzt hatte sie mich exakt da, wo sie mich immer hatte haben wollen.
Mann, da kauft man einfach nur ein Pferd, und mit einem Mal ist das Leben
Weitere Kostenlose Bücher