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Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul

Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul

Titel: Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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Schnurrbärtchen wölbte. Elastisch taumelnd, wie man es in der gemeinen Wirklichkeit an Betrunkenen nicht beobachten wird, überließ er Hut und Stock einem Bedienten, entglitt seinem Mantel und stand da im Frack, mit reich gefältelter Hemdbrust, in welcher Diamantknöpfe blitzten. Mit silberner Stimme sprechend und lachend, entledigte er sich auch seiner Handschuhe, und man sah, daß seine Hände außen mehlweiß und ebenfalls mit Brillanten geziert, ihre Innenflächen aber so rosig wie sein Antlitz waren. An der einen Seite der Rampe trällerte er den ersten Vers eines Liedes, das die außerordentliche Leichtigkeit und Heiterkeit seines Lebens als Attaché und Schürzenjäger schilderte, tanzte alsdann, die Arme selig ausgebreitet und mit den Fingern schnalzend, zur anderen Seite und sang dort den zweiten Vers, worauf er abtrat, um sich vom Beifall zurückrufen zu lassen und vor dem Souffleurkasten den dritten Vers zu singen. Dann griff er mit sorgloser Anmut in die Geschehnisse ein. Dem Stücke zufolge war er sehr reich, was seiner Gestalt eine bezaubernde Folie verlieh. Man sah ihn bei fortschreitender Handlung in verschiedenen Toiletten: in schneeweißem Sportanzug mit rotem Gürtel, in reicher Phantasie-Uniform, ja gelegentlich einer ebenso heiklen wie zwerchfellerschütternden Verwicklung sogar in Unterhosen aus himmelblauer Seide. Man sah ihn in kühnen, übermütigen, bestrickend abenteuerlichen Lebenslagen: zu den Füßen einer Herzogin, beim Champagner-Souper mit zwei anspruchsvollen Freudenmädchen, mit erhobener Pistole, bereit zum Duell mit einem von Grund aus albernen Nebenbuhler. Und keine dieser eleganten Strapazen konnte seiner Makellosigkeit etwas anhaben, seine Bügelfalten zerrütten, seine Glanzlichter auslöschen, seine rosige Miene unangenehm erhitzen. Zugleich gefesselt und gehoben durch die musikalischen Vorschriften, die theatralischen Förmlichkeiten, aber frei, keck und leicht innerhalb der Gebundenheit, war sein Benehmen von einer Anmut, der nichts Fahrlässig-Alltägliches anhaftete. Sein Körper schien bis in das letzte Fingerglied von einem Zauber durchdrungen, für den nur die unbestimmte Bezeichnung ›Talent‹ vorhanden ist und der ihm offensichtlich ebensoviel Genuß bereitete wie uns allen. Zu sehen, wie er die silberne Krücke seines Stockes mit der Hand umfaßte oder beide Hände in die Hosentaschen gleiten ließ, gewährte inniges Vergnügen; seine Art, sich aus einem Sessel zu erheben, sich zu verbeugen, auf- und abzutreten, war von einer Selbstgefälligkeit, die das Herz mit Lebensfreude erfüllte. Ja, dies war es: Müller-Rosé verbreitete Lebensfreude, – wenn anders dies Wort das köstlich schmerzhafte Gefühl von Neid, Sehnsucht, Hoffnung und Liebesdrang bezeichnet, wozu der Anblick des Schönen und Glücklich-Vollkommenen die Menschenseele entzündet.
       Das Parkettpublikum, das uns umgab, setzte sich aus Bürgern und Bürgersfrauen, Kommis, einjährig dienenden jungen Leuten und kleinen Blusenmädchen zusammen, und so unaussprechlich ich ergötzt war, besaß ich doch Gegenwärtigkeit und Neugier genug, umherzuschauen, mich nach den Wirkungen umzutun, welche die Darbietungen der Bühne auf die Genossen meines Vergnügens ausübten, und die Mienen der Umsitzenden mit Hilfe meiner eigenen Empfindungen zu deuten. Der Ausdruck dieser Mienen war töricht und wonnig. Ein gemeinsa mes Lächeln blöder Selbstvergessenheit umspielte alle Lippen, und wenn es bei den kleinen Blusenmädchen süßer und erregter war, bei den Frauen die Eigenart einer mehr schläfrigen und trägen Hingabe aufwies, so sprach es dafür bei den Männern von jenem gerührten und andächtigen Wohlwollen, mit welchem schlichte Väter auf glänzende Söhne blicken, deren Existenz sich weit über ihre eigene erhoben hat, und in denen sie die Träume ihrer eigenen Jugend verwirklicht sehen. Was die Kommis und Einjährigen betraf, so stand alles in ihren aufwärts gewandten Gesichtern weit offen, die Augen, die Nasenlöcher und die Münder. Und dabei lächelten sie. Wenn wir in unseren Unterhosen dort oben stünden, mochten sie denken – wie würden wir bestehen? Und wie keck und ebenbürtig er mit zwei so anspruchsvollen Freudenmädchen verkehrt! – Wenn Müller-Rosé vom Schauplatz abtrat, so fielen die Schultern hinab und eine Kraft schien von der Menge zu weichen. Wenn er, erhobenen Armes einen hohen Ton aushaltend, in sieghaftem Sturmschritt vom Hintergrunde zur Rampe vordrang, so schwollen

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