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Bel Ami (German Edition)

Bel Ami (German Edition)

Titel: Bel Ami (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy de Maupassant
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sie besser sehen zu können.
    »Hier ist es reizend«, flüsterte Madame de Marelle. »Wir sind hier gut aufgehoben. Das nächste Mal ziehe ich mich wie ein Nähmädchen an.«
    Sie setzte sich ungeniert und ohne jeden Widerwillen an den Tisch, dessen Holzplatte, über die der Kellner nur selten mal mit der Serviette fuhr, von Speisefett und verschüttetem Wein glänzte. Duroy war etwas verlegen und suchte vergeblich nach einem Haken, um seinen Zylinderhut aufzuhängen. Schließlich legte er ihn auf einen Stuhl.
    Sie aßen ein Ragout, dann Hammelkeule mit Salat.
    »So etwas habe ich zu gern«, wiederholte Clotilde immer wieder. »Ich habe manchmal pöbelhaften Geschmack. Ich amüsiere mich hier besser als im Café Anglais.«
    Dann setzte sie hinzu:
    »Wenn du mir noch eine Freude machen willst, dann führe mich in eine Tanzkneipe; ich kenne eine sehr amüsante hier in der Nähe. Sie heißt die ‘Weiße Königin’.«
    Duroy fragte erstaunt:
    »Mit wem warst du denn da?«
    Er sah sie an und bemerkte, daß sie errötete und verwirrt war, als hätte diese plötzliche Frage eine heikle Erinnerung wachgerufen. Nach einem ganz kurzen Zögern, an dem kaum etwas zu merken war, antwortete sie:
    »Es war ein Freund.«
    Und nach einer abermaligen kurzen Pause fügte sie hinzu:
    »... der schon gestorben ist.«
    Und sie senkte die Augen mit ganz natürlicher Schwermut.
    Zum ersten Male dachte Duroy an alles, was er von dem Vorleben dieser Frau nicht kannte und er begann zu grübeln. Sicherlich hatte sie schon Liebhaber gehabt. Aber welcher Art waren sie? Aus welchen Kreisen? Eine unbestimmte Eifersucht, eine starke Feindschaft gegen diese Frau erwachte in seinem Herzen, ein Haß, gegen alles, was er nicht wußte, gegen alles, was sie in ihrem Wesen und in ihrem Herzen trug, was ihm aber nicht gehörte. Er sah sie an, und die Geheimnisse, die dieser schöne, stumme Frauenkopf verbarg, reizten ihn. Vielleicht dachte sie jetzt gerade mit Bedauern an den anderen oder an die anderen? Wie gern hätte er in diese Gedanken hineingeblickt, sie durchwühlt, um alles zu wissen und alles zu erfahren!
    Sie fragte nochmals:
    »Wollen wir nach der ‘Weiße Königin’ gehen? Das wäre die Krone dieses Abends.«
    Er dachte: »Ach was, was geht mich ihre Vergangenheit an? Es ist einfach dumm, mich darüber aufzuregen!«
    Er antwortete lächelnd:
    »Aber gewiß, mein Liebling.«
    Auf der Straße sagte sie ganz leise in jenem geheimnisvollen Ton, in dem man Geheimnisse zu sagen pflegt:
    »Bisher wagte ich nicht, dich darum zu bitten. Aber du ahnst nicht, wie gern ich solche Junggesellenausflüge nach solchen Lokalen mitmache, wo Damen eigentlich nicht hingehen dürfen. Während des Karnevals werde ich mich als Student verkleiden. Dieses Kostüm steht mir fabelhaft.«
    Als sie das Ballokal betraten, schmiegte sie sich erschrocken und doch vergnügt an ihn. Sie betrachtete entzückt die Kokotten und die Zuhälter, und als wollte sie sich über eine etwaige Gefahr beruhigen, sah sie sich hin und wieder nach dem ernsten, unbeweglichen Polizisten um und sagte: »Der Mann sieht zuverlässig aus.« Nach einer Viertelstunde hatte sie genug und er führte sie nach Hause.
    Nun begann eine Reihe von Ausflügen in alle möglichen verdächtigen Lokale, wo sich das einfache Volk amüsiert, und Duroy überzeugte sich mehr und mehr, wie begeistert seine Geliebte für solche Bummelfahrten nach Studentenart war.
    Das folgende Mal kam sie zu dem gewöhnlichen Stelldichein in einem Leinenkleid mit einer Haube auf dem Kopf, wie sie die Dienstmädchen tragen. Trotz der gesuchten Schlichtheit ihrer Toilette hatte sie aber ihre Ringe, Armbänder und Brillantohrringe anbehalten. Als er sie bat, diese abzutun, erwiderte sie: »Ach was, man wird sie für Rheinkiesel halten!« Sie fand ihre Verkleidung großartig, und obwohl sie sich tatsächlich nicht besser versteckte als der Strauß, der seinen Kopf in den Sand steckt, besuchte sie ruhig die Kneipen von übelstem Ruf,
    Sie wollte, daß Duroy sich auch als Arbeiter anzöge.
    Er ging aber darauf nicht ein, behielt seinen eleganten Straßenanzug an und wollte nicht einmal seinen Zylinder gegen einen weichen Filzhut eintauschen.
    Sie hatte sich über seinen Eigensinn mit der Begründung hinweggetröstet: »Man wird mich für ein Kammermädchen halten, das ein Verhältnis mit einem jungen Lebemann hat«, und diese Komödie fand sie herrlich.
    Sie kamen in die gewöhnlichsten Kneipen, saßen in den verräucherten Spelunken auf

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