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Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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dürfen mir glauben, Lena, wenn Sie noch einmal meinen Anweisungen zuwiderhandeln, dann sorge ich dafür, dass Sie demnächst Brad Stephens den Kaffee holen. Ist das klar?»
    Sie schaffte ein Kopfnicken.
    «Okay», sagte er und öffnete die Wagentür. «Gehen wir.»
    Lena ließ sich Zeit damit, ihren Sicherheitsgurt zu lösen. Sie stieg aus dem Wagen, rückte Waffe und Holster zurecht, als sie aufs Haus zuging. Als sie die Eingangstür erreicht hatte, war Jeffrey bereits von Nan eingelassen worden.
    «Hallo», grüßte Lena.
    «Hallo», erwiderte Nan. Wie am Abend zuvor hielt sie wieder ein zusammengeknülltes Papiertaschentuch in der Hand. Ihre Augen waren geschwollen, ihre Nase war hellrot.
    «Heda», sagte Hank.
    Lena blieb stehen. «Was machst du denn hier?»
    Hank zuckte die Achseln und rieb sich die Hände. Er trug ein ärmelloses T-Shirt, und die Einstichnarben an seinen Armen waren deutlich zu sehen. Lena war peinlich berührt. Sie hatte Hank bisher nur in Reece gesehen, wo man seine Vergangenheit kannte. Sie hatte die Narben so oft gesehen, dass sie es schon fast ganz verdrängt hatte. Jetzt sah sie sie zum ersten Mal mit Jeffreys Augen, und am liebsten wäre sie aus dem Zimmer gerannt.
    Hank schien darauf zu warten, dass Lena etwas sagte. Stotternd gelang es ihr, ihn vorzustellen. «Das hier ist Hank Norton, mein Onkel», sagte sie. «Jeffrey Tolliver, Polizeichef.»
    Hank streckte die Hand aus, und Lena wäre beim Anblick der geschwollenen Narben auf seinen Unterarmen am liebsten im Boden versunken. Manche von ihnen waren zentimeterlang, wo er die Nadel auf der Suche nach einer geeigneten Vene einfach unter die Haut gestoßen hatte.
    Hank sagte: «Wie geht es Ihnen, Sir?»
    Jeffrey ergriff die angebotene Hand und drückte sie fest. «Tut mir Leid, dass wir uns unter solchen Umständen kennen lernen.»
    Hank verschränkte die Hände. «Ich danke Ihnen.»
    Alle schwiegen. Dann sagte Jeffrey: «Ich vermute, Sie können sich denken, warum wir hier sind.»
    «Wegen Sibyl», antwortete Nan. Ihre Stimme klang ein paar Oktaven tiefer, wahrscheinlich weil sie die ganze Nacht geweint hatte.
    «Genau», sagte Jeffrey und deutete auf das Sofa. Er wartete, bis Nan sich gesetzt hatte, und ließ sich neben ihr nieder. Lena war überrascht, als er Nans Hand nahm und sagte: «Mir tut Ihr Verlust ganz schrecklich Leid, Nan.»
    Tränen stiegen Nan in die Augen. Doch sie lächelte. «Ich danke Ihnen.»
    «Wir tun alles, was in unserer Macht steht, um denjenigen zu finden, der das getan hat», fuhr er fort. «Und ich möchte, dass Sie wissen: Sollten Sie irgendetwas brauchen, sind wir für Sie da.»
    Sie flüsterte noch ein Dankeschön, senkte den Blick und zupfte an einer Kordel ihrer Trainingshose.
    Jeffrey fragte: «War jemand über Sie oder Sibyl wütend, was meinen Sie?»
    «Nein», antwortete Nan. «Ich hab es gestern Abend schon zu Lena gesagt. In letzter Zeit war alles wie immer.»
    «Ich weiß, dass Sibyl und Sie absichtlich ein zurückgezogenes Leben führten», sagte Jeffrey. Lena verstand, was er meinte. Er benahm sich weitaus feinfühliger, als sie am Abend zuvor gewesen war.
    «Ja», stimmte Nan zu. «Uns gefällt es hier. Wir sind beide Kleinstadtmenschen.»
    Jeffrey fragte: «Fällt Ihnen jemand ein, der sich vielleicht etwas zusammengereimt haben könnte?»
    Nan schüttelte den Kopf. Sie blickte zu Boden. Ihre Lippen bebten. Es gab nichts sonst, was sie ihm zu erzählen hatte.
    «Also schön», sagte er und erhob sich. Er legte Nan die Hand auf die Schulter, um ihr zu bedeuten, dass sie sitzen bleiben sollte. «Wir finden schon allein raus.» Er griff in seine Jackentasche und holte eine Visitenkarte hervor. Lena sah zu, wie er sie in einer Hand hielt und etwas auf die Rückseite schrieb. «Das hier ist meine Privatnummer», sagte er. «Rufen Sie mich an, wenn Ihnen irgendetwas einfällt.»
    «Haben Sie vielen Dank», sagte Nan und nahm die Karte.
    Jeffrey wandte sich an Hank. «Würde es Ihnen etwas ausmachen, Lena nachher nach Hause zu fahren?»
    Lena war wie vor den Kopf gestoßen. Sie konnte nicht hier bleiben.
    Hank war allem Anschein nach ebenso verdutzt. «Nein», brachte er heraus. «Kein Problem.» «Gut denn.» Er tätschelte Nans Schulter und sagte dann zu Lena: «Sie und Nan können den Abend nutzen, um eine Liste all der Leute aufzustellen, mit denen Sibyl zusammengearbeitet hat.» Jeffrey bedachte Lena mit einem wissenden Lächeln. «Seien Sie um sieben Uhr morgen früh auf dem Revier. Wir fahren

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