Berlin - ein Heimatbuch
geschehen. Gewidmet dem Gedächtnis unserer ermordeten Brüder und Schwestern 1933–1945 und den Lebenden die das Vermächtnis der Toten erfüllen sollen.
Die Jüdische Gemeinde zu Berlin
Zudem gibt es ein Ehrenfeld für die im Ersten Weltkrieg gefallenen jüdischen Soldaten, in dessen Zentrum ein drei Meter hohes Denkmal aus Muschelkalkstein von Alexander Beer steht, das einen monumentalen Altar darstellt.
Zur Erhaltung der baulichen Substanz des Friedhofes wurde 2002 der Förderverein Jüdischer Friedhof e. V. gegründet. Das Areal soll in einigen Jahren offiziell zum Weltkulturerbe der UNESCO zählen.
Mit dem Film »Im Himmel, unter der Erde« hat Britta Wauer dem Jüdischen Friedhof Weißensee 2011 ein filmisches Denkmal gesetzt, welches zu Recht den Panorama Publikumspreis der 61. Internationalen Filmfestspiele Berlin erhielt.
Jüdischer Friedhof Berlin-Weißensee
Herbert-Baum-Straße 45, 13088 Berlin-Weißensee
Das eigentliche Berlin
»Jetzt zeig es mir endlich, Murat.«
Ich nehme Karl wortlos bei der Hand und führe ihn durch den Flur unseres Hauses zur Eingangstür. Die öffne ich mit Schwung.
»Hier!«
Karl sieht mich verständnislos an.
»Hier«, sage ich und deute hinaus.
Die empörteste Ehefrau von allen ruft böse: »Murat! Was ist denn aus deiner legendären türkischen Gastfreundschaft geworden?«
Ich spüre, wie mein linkes Auge nervös zuckt. Das tut es seit dem Tag, an dem ich unseren Dauerbesuch vom Hauptbahnhof abgeholt habe, und inzwischen immer öfter.
Ich vermute, es handelt sich um Augen-Tinnitus. Ich sehe überall Pfeifen. Und Karl ist die Oberpfeife. Es gab in den letzten Wochen eine Zeit, da fand ich unsere Heimsuchung fast sympathisch. Und sah sie nahezu als Familienzuwachs. Aber jetzt will ich definitiv nicht mehr. Im Gegensatz zu Konstantin Wecker sage ich: Genug ist doch genug. Ich will mit der süßesten Ehefrau aller Zeiten und meinem bald das Erdenlicht erblickenden Kind alleine sein.
»Hier« wiederhole ich, nach draußen deutend.
»Das soll das eigentliche Berlin sein?« Karl-Holger betrachtet meinen Vorgarten mit skeptischen Blicken. Dass die Quasselstrippe extrem nerven kann, sollte inzwischen selbst der gutmütigste Leser eingesehen haben. Aber dass er die letzten Tage auch noch ständig auf der dümmsten aller dummen Touri-Fragen herumreitet, das setzt dem König aller Nervengifte endgültig die Krone auf.
»Was ist denn nun das richtige Berlin?«
Leute, es gibt kein richtiges oder falsches Berlin. Marzahn ist genauso richtig wie Neukölln. Wilmersdorf genauso richtig wie Pankow. Oder falsch.
»Geh und finde es heraus.« Ich schiebe Karl durch die Haustür und schließe sie mit Schmackes.
Sogleich klingelt er aufgebracht Sturm. Und mein weichherziges Weib hat Mitleid und lässt ihn wieder herein.
»Du kannst Karl doch nicht im Schlafanzug in den Vorgarten stellen.«
Warum nicht? Warum eigentlich nicht? Seit seiner Ankunft tut der Wahnwitzige nichts anderes, als auf meinen hochsensitiven Nervensträngen herumzutrampeln! Und ich darf ihn nicht einmal als Pyjama-Gartenzwerg auf den Rasen stellen? In was für einer kaputten, ungerechten Welt leben wir eigentlich? Aber bitte, von mir aus. Soll er halt kriegen, was er sich wünscht. Vielleicht gibt er ja dann endlich, endlich, endlich Ruhe.
»Zieh dir was Vernünftiges an«, blaffe ich den Nachtbekleideten an. »Dann zeige ich dir das eigentliche Berlin – du willst es ja nicht anders.«
Karl flippt fast aus vor Freude. Fehlt nur noch, dass er vor Begeisterung Männchen macht.
Wir fahren mal wieder zum Alexanderplatz, in Karls Welt nur noch als Viehmarkt bekannt, und laufen von dort die paar Meter zum Nikolaiviertel.
Das Nikolaiviertel ist das ursprüngliche Zentrum Berlins und mittendrin steht die Nikolaikirche mit ihren gewaltigen auf die schlanken Türme gesetzten goldenen Kugeln. Zwischen 1230 und 1250 erbaut, ist sie das älteste erhaltene Gebäude der Stadt und Berlins erste Kirche. Berlin selbst wurde 1237 erstmals urkundlich erwähnt und ist damit ein Teenager unter Deutschlands Städten. Nur mal so zum Vergleich: Trier ist über 2.000 Jahre alt.
Das Nikolaiviertel sieht für sein trotzdem vergleichsweise hohes Alter erstaunlich jung und gut erhalten aus. Was einen simplen Grund hat: Es wurde im Zweiten Weltkrieg fast komplett zerstört und von den DDR-Oberen zur 1987 anstehenden 750-Jahr-Feier neu aufgebaut. Unmittelbar nach der Wende war es der Lieblingsort aller Berlinreisenden, was dazu
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