Das ist nicht wahr, oder?
EINLEITUNG
Dieses Buch ist absolut wahr, bis auf die Stellen, die es nicht sind. Es ist im Grunde dasselbe wie UNSERE KLEINE FARM, nur mit mehr Kraftausdrücken. Ich weiß, jetzt denken alle: »UNSERE KLEINE FARM war aber doch absolut wahr!«, aber nein, sorry, überhaupt nicht. Laura Ingalls war eine notorische Lügnerin, da hat niemand die Fakten geprüft, und wenn ihre Mom heute noch leben würde, würde sie wahrscheinlich sagen: »Keine Ahnung, wie Laura auf die Idee kommt, sie hätte als kleines Mädchen in der Prärie gelebt. Wir haben in New Jersey gewohnt, zusammen mit Tante Frieda und unserem Hund Mary, der blind war, seit Laura ihm mit Bleichlauge einen Blitz auf die Stirn ätzen wollte. Und woher sie das mit dem Erdloch hat, in dem wir angeblich gelebt haben, weiß ich auch nicht, obwohl, wir waren wirklich mal mit ihr in den Carlsbad Caverns.«
Eben deshalb bin ich besser als Laura Ingalls. Weil meine Geschichte zu neunzig Prozent stimmt
und
weil ich wirklich mal in einem Erdloch gelebt habe. 1 Und meine Memoiren sind nur deshalb
größtenteils
wahr statt
absolut
wahr, weil ich keine Lust habe, verklagt zu werden. Außerdem soll meine Familie ruhig sagen können: »Nein,
das
ist nie passiert. Wir haben sie doch nicht aus einem fahrenden Auto gestoßen, als sie acht war. Das ist so ein Hirngespinst, das einfach nicht stimmt.« (Und sie haben recht, in Wirklichkeit war ich neun. Ich saß bei meiner Mom auf dem Schoß, als mein Dad plötzlich eine scharfe Linkskurve machte. Die Tür flog auf und ich wurde wie ein Sack voller Katzen nach draußen geschleudert. Meine Mom bekam mich zwar noch am Arm zu fassen, was auch geholfenhätte, wenn mein Vater
gebremst
hätte, aber er hat anscheinend nichts gemerkt oder vielleicht gedacht, ich würde schon nachkommen, jedenfalls schleiften meine Beine über einen Parkplatz, der bestimmt mit Scherben und gebrauchten Spritzen gespickt war. Ich habe daraus dreierlei gelernt:
Erstens
wurde Kindersicherheit im Auto Ende der Siebziger nicht besonders großgeschrieben.
Zweitens
sollte man immer abhauen, bevor die Sanitäter kommen, weil das orange-bräunliche Zeugs, das diese Sadisten einem drauf tun, höllisch brennt und viel mehr wehtut als jede Schürfwunde, die man kriegt, wenn man von einem Auto mitgeschleift wird. Und
drittens
hat die Drohung »Jetzt ist Ruhe, oder ihr könnt was erleben« nichts zu bedeuten, es sei denn, der betreffende Vater ist schon stundenlang mit zwei schreienden Kindern im Auto unterwegs und wird auf einmal ganz still. In diesem Fall sollte man schleunigst die Tür verriegeln oder wenigstens daran denken, beim Aufprall draußen gut abzurollen. Ich sage ja nicht, dass er mich absichtlich aus dem Auto geworfen hat, es hat sich einfach nur die Gelegenheit ergeben und mein Vater ist ein gefährlicher Mensch, dem man nicht trauen darf.) 2
Hat jemand gemerkt, dass etwa die Hälfte dieser Einleitung in Klammern steht? Das geht jetzt die ganze Zeit so weiter. Ich entschuldige mich im Voraus dafür und auch dafür, dass ich meine Leser vor den Kopf stoße. Sie werden sich das halbe Buch lang über irgendwelche wirren Kommentare zu Hitler und Abtreibung und Armut amüsieren und die verklemmten Spießer belächeln, die sich immer gleich auf den Schlips getreten fühlen und über keinen bescheuerten Witz lachen können, bis
Sie
auf eine Stelle stoßen, bei der
Sie
hochgehen und (obwohl jetzt alle anderen Sie für hysterisch halten) denken: »Das geht aber wirklich zu weit.« Also, ich entschuldige mich für diese eine Stelle. Keine Ahnung, was ich mir dabei gedacht habe, ehrlich.
BRANDSTIFTERIN MIT DREI JAHREN
Nennt mich Ismael. Ich reagiere zwar nicht darauf, weil ich nicht so heiße, aber es klingt viel besser als die meisten anderen Dinge, die man mich nennt. »Nennt mich
Diese-verrückte-Type-die-ständig-rumflucht
« wäre wahrscheinlich treffender, aber »Ismael« hat irgendwie mehr Klasse und klingt auch viel seriöser als der Anfang, den ich ursprünglich geplant hatte, wie ich nämlich vor Kurzem bei Starbucks meiner Gynäkologin begegnet bin und sie einfach an mir vorbeigesehen hat, als würde sie mich nicht kennen. Ich stand da und überlegte, ob sie das tut, um ihre Patientinnen nicht in Verlegenheit zu bringen, oder ob sie mich ohne meine Vagina tatsächlich nicht erkennt. Egal wie, es ist einigermaßen irritierend, wenn Leute, die schon in deiner Vagina waren, deine Existenz ignorieren. Ich sollte auch gleich noch klarstellen, dass »ohne
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