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Bernie allein unterwegs

Bernie allein unterwegs

Titel: Bernie allein unterwegs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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stand ich so da, und ich glaube, ich dachte an gar nichts. Mein Kopf war ganz leer. Paule hatte mal wieder völlig recht gehabt.
    Aber dann fiel mir auf, dass das Wasser immer dunkler wurde und immer orangefarbener glitzerte. Die Sonne ging unter. Du lieber Himmel! Es wurde Nacht, bald würde es stockfinster sein, und ich hatte keinen Schlafplatz. Geschweige denn etwas zu fressen!

    Panik überfiel mich. Ich rannte auf dem Deich entlang. Solange es noch hell war, hatte ich hier oben einen guten Überblick.
    Ich lief und lief. Obwohl mir vor Hunger schon ganz schlecht war. Rechts vom Deich, auf der Landseite, lagen einzelne Gehöfte. Riesige Häuser mit riesigen Dächern, die fast bis auf die Erde hinunterhingen. Winzige kleine Fenster, aber ein Dach, das bis in den Himmel ragte. Ganz anders als bei Paule und Frau Küster. Da hatte das Dach oben auf dem Haus gesessen wie ein Deckel auf einem Topf, aber hier waren die Dächer wie Paules Mütze, die er sich weit über die Ohren und bis auf die Nase gezogen hatte, sodass sich Mama immer wunderte, dass er überhaupt noch etwas sehen konnte.
    Außerdem waren die Dächer nicht aus Schieferplatten wie bei Küsters, sondern aus Schilf oder Gras oder Stroh … So genau konnte ich das nicht erkennen. In jedem Fall war es komisch, und ich wagte es nicht, hinunterzurennen und mich vor eine Tür zu setzen und zu jaulen, weil ich noch niemanden gesehen hatte, der in so einem Haus wohnte.
    Die Sonne war mittlerweile am Horizont verschwunden, und es wurde immer dunkler. Ich konnte kaum noch laufen, aber die Angst saß mir wie eine bissige Raubkatze im Nacken. Also rannte ich weiter.
    Plötzlich sah ich am Ufer nicht wie bisher all die klobigen Steine, wo man sich die Beine brechen konnte, wenn man darüberlief, sondern feinen weißen Sand. »Ein Strand!«, jubelte ich.
Mama hatte manchmal davon geschwärmt. Es sei das tollste Gefühl überhaupt, durch weichen Sand zu laufen, hatte sie gesagt, es sei Massage für die Pfoten, und man fühle sich wie auf Wolken.
    Aber das Beste an dem Strand, zu dem ich jetzt runterlief, war, dass lauter kleine Häuschen darauf standen. Und weit und breit kein Mensch. Also waren die Hütten wahrscheinlich leer. Wie geschaffen zur Übernachtung für kleine, hungrige Bernhardiner.
    In einer der Hütten lag ein sandiges Handtuch, das irgendjemand wohl vergessen hatte, in einer anderen fand ich ein paar Brotkrümel und eine zerknüllte Papiertüte. Leider hatte niemand ein paar Schinkenbrötchen liegen lassen!
    Egal. Ich war glücklich, in dieser Nacht ein bisschen Schutz zu haben.
    Todmüde sprang ich auf den mit blau-weißem Stoff überzogenen Sitz einer der Hütten, rollte mich zusammen und sah hinaus aufs Meer.
    Es war jetzt vollkommen dunkel. In der Ferne blinkte ein weißes Licht. Keine Ahnung, ob das einer dieser Leuchttürme oder eine dieser Bojen war, die den Schiffen im Dunkeln den Weg wiesen, wie Mama erzählt hatte, aber eigentlich war es mir auch egal.
    Das leise Plätschern des Wassers machte mich noch müder, als ich ohnehin schon war, und ich schlief sofort ein.
    Zwei Stunden später wurde ich wach, weil ich vor Angst schlotterte und schon zweimal von der Bank gefallen war. Der Mond stand hell und unheimlich über dem Wasser; eine
Möwe schrie heiser. Ich war ziemlich sicher, dass es kein Lebewesen auf der ganzen Welt gab, das so allein war wie ich, und überlegte gerade, ob ich mir nicht lieber ein Loch im Sand buddeln sollte, um mich darin zu verstecken, als ich in unmittelbarer Nähe, vielleicht drei Meter entfernt, einen schwarzen Klumpen liegen sah. Der Klumpen war offenbar ganz nass, denn er glänzte im Mondlicht und sah irgendwie eklig aus. Wie ein riesiger Wurm oder eine rasierte Monsterratte. Ich starrte den schwarzen Haufen an und wagte es nicht, mich zu rühren. Ich konnte mich gut daran erinnern, dass Mama, die uns jeden Abend eine Gutenachtgeschichte erzählt hatte, einmal von einem Meerungeheuer gesprochen hatte, das wie ein riesiger wabbliger Pudding aussah, auf seine Beute zuschlitterte und darüberschwappte, und nach fünf Minuten hatte sich der Mensch oder der Hund darunter in nichts aufgelöst.
    Daher war ich mir absolut sicher, dass der schwarze Haufen hier am Strand ein Seeungeheuer war, ein kleines zwar, aber ich wollte es trotzdem nicht auf mich aufmerksam machen, zumal ich jetzt sah, dass sich der Haufen langsam hob und senkte. Das Ungeheuer atmete.
    Auf einmal blieb mir fast das Herz stehen: Das Monster bewegte sich,

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