Bernie allein unterwegs
Robbie einen Gefallen zu tun. Geschmeckt haben sie mir nicht, aber ich fühlte mich hinterher besser und kräftiger.
»Husum liegt eine Stunde von hier entfernt, wenn man gut auf den Pfoten ist«, erklärte Robbie. »Du kommst automatisch hin, wenn du weiter auf dem Deich langgehst. Das schaffst du. Ich drück dir alle Flossen, dass du einen Menschen findest, der dich adoptiert, aber wenn alle Stricke reißen, kommst du einfach wieder hierher. Ich schlafe nachts immer hier, weil meine Schwestern diesen Platz nicht kennen. Dann fang ich dir so viele Fische, wie du willst, und du musst wenigstens nicht verhungern. «
»Danke«, stotterte ich. »So hilfsbereit, wie du bist, musst du einfach ein Hund sein. Wenn nicht sogar ein schwimmender Bernhardiner. Du siehst eben nur nicht so aus. So wie ich.«
Ich biss Robbie liebevoll in die Flosse. Einen Tag und eine Nacht auf Wanderschaft, und schon hatte ich einen Freund. Das machte mich richtig froh.
GEFANGEN
Ich wachte auf, weil mir die Sonne direkt auf die Nase schien und ich niesen musste. Endlich hatte ich ein paar Stunden wirklich fest geschlafen. Ich blinzelte in den Morgen und riss dann wie elektrisiert die Augen auf: Das Meer war weg! Völlig weg! Da war überhaupt kein Wasser mehr!
Mein Herz klopfte wie wild. Eine Naturkatastrophe! Ich sah mich um. Robbie war auch nicht mehr da. Schade, ich hätte mich gern noch von ihm verabschiedet, und vielleicht konnte er mir ja auch erklären, wo das Meer geblieben war. Schließlich lebte er dort.
Mein Magen knurrte. Zwei kleine Fische waren zu wenig für einen Hund, der einmal ein riesiger Bernhardiner werden wollte. Ich wusste, dass Hugo vom Walde hundertzwanzig Kilo wog und Paule bloß fünfundsechzig. Mein Vater war also fast doppelt so schwer wie Paule. Und ich wollte genauso groß und schwer werden wie mein Vater.
Plötzlich sah ich einen ziemlich dicken Mann auf mich zukommen. Er rannte sogar und hatte mich fest im Blick. Sofort war mir mulmig zumute, denn dass er sauer war, sah man meilenweit gegen den Wind.
Ich machte mich ganz klein, legte den Kopf auf die Pfoten und versuchte brav und harmlos auszusehen.
»Was hast du hier zu suchen, du verdammter Köter!«, schrie der Mann. »Wirst du wohl abhauen! Das ist kein Hundestrand!«
Aha. Dann war ich hier also an einem Menschenstrand. Aber irgendwo musste es ja dann auch Hundestrände geben, oder? Das wäre ja großartig! Ich musste bei der nächsten Gelegenheit mal Robbie danach fragen.
»Verschwinde!«, brüllte der Mann schon wieder und kniff die Augen zusammen.
In diesem Moment begann ich mich vor dem Mann direkt zu fürchten, aber ich wusste, dass ich allemal schneller rennen konnte als er. Daher sprang ich blitzschnell aus dem Strandkorb und galoppierte los. Immer den Deich entlang, so wie Robbie es mir gesagt hatte. Ich drehte mich nicht um, aber ich konnte sehr gut hören, dass mir der unfreundliche Mann nicht folgte.
Robbie Williams. Hoffentlich treffen wir uns noch mal, dachte ich und schickte ein Stoßgebet zum Hundegott, der unglaublich tolle Zufälle zustande bringen konnte.
Nirgends war Wasser. Der Deich war wie ein lang gezogener Hügel, der braunen Schlamm auf der einen und grüne Wiesen auf der anderen Seite trennte. Aber wenn ich meine Augen ganz doll zusammenkniff und in die Ferne schaute, konnte ich weit hinten am Horizont ein Schiff sehen. Und da Schiffe normalerweise nicht im Sand oder auf der Wiese spazieren fuhren, musste das Meer also noch irgendwo sein.
Den nächstbesten Hund, den ich traf, würde ich fragen.
Der Himmel war wolkenlos, und die Sonne brannte mir aufs Fell, als ich in Husum ankam. Hundelittchen, waren das viele Häuser! Alle standen um den Hafen herum, und eins war gemütlicher als das andere! Dagegen war Lüttelbüttel ja wirklich nur ein winziges Nest, und ich hatte das Gefühl, Husum war mindestens so groß wie New York. Oder wie München. Das ist eine Großstadt, hatte Mama immer gesagt, und die ist ganz in der Nähe von dem Ort, wo dein Papa, Hugo vom Walde, wohnt.
Und so wie sie das sagte, hatte ich das Gefühl, dass sie ganz schön verliebt war in Papa. Sie würde bestimmt sehr traurig sein, wenn die Küsters nicht mehr mit ihr nach Bayern fuhren.
Jedenfalls müsste es ja mit dem Hundeteufel zugehen, wenn ich in dieser Riesenstadt Husum keinen Menschen finden würde, der sich nichts sehnlicher als einen Bernhardiner wünschte.
Ich hatte einen Mörderdurst und konnte an nichts anderes denken, als endlich
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