Betthupferl: Roman (Fraueninsel-Reihe) (German Edition)
Tante Caro erzählen lässt. Ich bin morgens um acht aus dem Haus gegangen – es kann leicht sein, dass er seit Stunden auf sie eingeredet hat.
»Nein, er hat mir ein Angebot gemacht. Zweihundertfünfzigtausend. Sefferl, das ist vielleicht wirklich das Beste. Du willst nicht auf der Insel bleiben, ich mach es nicht mehr lange, vielleicht hat er ja recht?«
Doktor Bergmann drängt sich jetzt wieder in den Vordergrund, fährt sich siegessicher über den apricotfarbenen Scheitel und sagt in schmalzigem Tonfall: »Und außerdem habe ich mich bei Ihnen entschuldigt, nicht wahr, Frau Drechsel? Wenn ich gewusst hätte, wie sehr Sie an Ihrem Zuhause hängen, hätte ich Sie nie nach Heiligenruh gebracht. Obwohl es sich dabei um eine Luxusseniorenresidenz handelt, wie Sie alle wissen. Viele alte Menschen wären sehr glücklich, wenn sie auch nur eine Nacht dort verbringen dürften. In so einem Etablissement, da wohnt man nicht, da lebt man.«
Mir klappt die Kinnlade nach unten. War das nicht mein Spruch? Habe ich mit dem nicht auch immer Leute dazu gebracht, etwas zu kaufen, was nicht zu ihnen gepasst hat? In mir wallt eine so dermaßene Empörung hoch, dass ich die Zähne fletsche wie ein Bullterrier, eine solche Wut, dass sie fast zu groß ist, um nur einer Finanzwurst wie dem Bergmann zu gelten.
»Caroline, pass auf! Das ist bloß ein neuer Trick, ein windiger! Du fühlst dich nur so schwach, weil er schon wieder hier ist, du machst es doch noch lässig fünfzehn Jahr!«, poltert jetzt auch Basti los. »Aber du hast dann kein Daheim mehr, verstehst du? Dein Daheim heißt dann Sylt am See !«
»Nein«, unterbreche ich ihn und beherrsche mich mühsam. »Basti, Herr Doktor Bergmann, das können Sie alle noch nicht wissen, aber die Hotelanlage ist endgültig vom Tisch. Der Denkmalschutz ist durch. Wollen Sie mal sehen?«
Bergmann schüttelt angewidert den Kopf. »Das ist sicher wieder die nächste Lüge, die Sie mir auftischen wollen! Warum weiß dann im Bauamt niemand was davon?«
»Nun, weil das Amt für Denkmalschutz die heutige Begehung abwarten wollte. Bitte sehr.«
Ich reiche dem Bergmann Habersacks Schreiben. Aber der lacht auf, inzwischen röter als Olivers Porsche, zerknüllt es und stopft es sich hinten in die Hose.
»Den Trick kenne ich – schauen Sie mal, was ich davon halte!«, schreit er dann. »Ich scheiß drauf!«
Tante Caro zittert, als würde sie gleich in Ohnmacht fallen, und ich hole mein Handy aus der Tasche, um Helga zu alarmieren.
»Hören Sie auf, in Gegenwart meiner Tante so einen Terror zu veranstalten! Sie bekommen Ihre vierzigtausend, und dann ist Ruhe! Wir hatten eine Abmachung, und daran werden Sie sich halten. Basti, hast du das gehört? Der glaubt mir den Denkmalschutz nicht! Dann reden Sie eben selbst mit dem Herrn Habersack, der ist nämlich noch hier, jawoll, auf dieser Insel, und wenn Sie nicht mitkommen wollen, dann wird mein Freund, der Herr Sterzinger, dafür sorgen, dass Sie es tun!«
Beim Einatmen hebt sich Bastis imposanter Brustkasten um weitere dreißig Zentimeter, und der Finanzberater jault auf und versucht seinen Oberarm aus Bastis eisernem Griff zu befreien.
»Nehmen Sie Ihren Gorilla da weg, in Gottes Namen. Ich komm ja schon, ich komm ja schon.«
»Dass man auch immer erst grob werden muss«, schimpfe ich, während sich Doktor Bergmann widerwillig in Richtung Klosterpforte schleifen lässt. Ich warte auf Helga. Und als ich die Ärztin im Laufschritt kommen sehe, mit flatterndem Schal, Doktorkoffer und einer Plastiktüte, in der wahrscheinlich ein paar Renkensemmeln von der Sonnfischerei drin sind, fällt mir auf, wie sensationell hier alle zusammenhalten. Und während ich Basti hinterherrenne, spüre ich mit hundertprozentiger Sicherheit, dass ich nicht mehr in mein altes Leben zurückwill.
»So, und ihr redet jetzt miteinander!«, sagt der Schmied gerade und stellt den zeternden Finanzler neben dem selig lächelnden Habersack ab, der mindestens eine genauso rote Birne hat wie Bergmann, allerdings liegt es bei ihm schätzungsweise am »Ab-pfent« und nicht an der Aufregung.
»Ja, wen haben wir denn da? Den Herrn Doktor!«, zwitschert Schwester Sebastiana, als sie meinen Blick deutet, und greift mit ihrem frommsten Lächeln zur Absinthflasche unter dem Ladentisch. »Was zum Aufwärmen gefällig?«
Nach zwei heißen Nopi-Spezial braucht Bergmann den Basti nicht mehr als Aufpasser, und Schwester Sebastiana wedelt uns von der Hütte weg.
»Geht mal ein Stück
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