Beute
ist meine nächste Frage«, sagte ich. »Was für Agenten haben wir hier, die sich zum Markieren eignen würden?« Ich erntete leere Blicke. »Kommt schon, Leute. Wir sind hier in einer Industrieanlage. Ihr werdet doch wohl irgendwas haben, was an den Partikeln haften bleibt und eine Spur hinterlässt, die wir aufnehmen können. Ich meine eine Substanz, die stark fluoresziert, oder ein Pheromon mit einem typischen chemischen Erkennungszeichen oder irgendwas Radioaktives … Nein?«
Weitere leere Blicke. Kopfschütteln.
»Na ja«, sagte Mae, »wir haben natürlich Radioisotope.«
»Ja, wunderbar.« Endlich kamen wir weiter.
»Die verwenden wir, um nach undichten Stellen im System zu suchen. Der Hubschrauber bringt einmal pro Woche welche.«
»Was für Isotope habt ihr?«
»Selen-72 und Rhenium-186. Manchmal auch Xenon-133. Ich weiß nicht genau, was wir zurzeit dahaben.«
»Wie sieht’s mit der Halbwertszeit aus?« Bestimmte Isotope verlieren die Radioaktivität sehr rasch, binnen Stunden oder Minuten. Mit solchen konnte ich nichts anfangen.
»Die Halbwertszeit beträgt im Durchschnitt etwa eine Woche«, sagte Mae. »Selen acht Tage. Rhenium vier Tage. Xenon-133 fünf Tage. Fünf ein Viertel.«
»Okay. Dann könnten wir sie alle für unsere Zwecke einsetzen«, sagte ich. »Es reicht, wenn die Radioaktivität eine Nacht hält, sobald wir den Schwarm markiert haben.«
Mae sagte: »Wir verwenden die Isotope normalerweise in FDG. Das ist flüssige Glukose. Man könnte sie sprühen.«
»Das müsste klappen«, sagte ich. »Wo bewahrt ihr die Isotope auf?«
Mae lächelte freudlos. »Im Depot«, sagte sie.
»Wo ist das?«
»Draußen. Neben den geparkten Autos.«
»Okay«, sagte ich. »Dann gehen wir raus und holen sie.«
»Ach, du liebe Güte«, sagte Ricky und warf die Hände hoch.
»Bist du wahnsinnig geworden? Du wärst heute Morgen da draußen fast gestorben, Jack. Das willst du doch wohl nicht noch mal riskieren.«
»Wir haben keine andere Wahl«, sagte ich.
»Doch, natürlich. Wartet, bis es dunkel wird.«
»Nein«, sagte ich. »Weil wir sie dann erst morgen besprühen könnten. Und wir könnten sie erst morgen Nacht aufspüren und zerstören. Das heißt, wir würden sechsunddreißig Stunden verlieren, und das bei einem Organismus, der schnell evolviert. Das Risiko können wir nicht eingehen.«
»Das Risiko? Jack, wenn du jetzt da rausgehst, überlebst du das nicht. Du bist verrückt, allein der Gedanke ist schon purer Wahnsinn.«
Charley Davenport hatte die ganze Zeit auf den Monitor gestarrt. Jetzt drehte er sich zu der Gruppe um. »Nein, Jack ist nicht verrückt.« Er grinste mich an. »Ich gehe mit ihm.« Charley fing an zu summen: »Born to be Wild«.
»Ich auch«, sagte Mae. »Ich weiß, wo die Isotope lagern.«
Ich sagte: »Das ist wirklich nicht nötig, Mae, sag mir einfach, wo …«
»Nein. Ich komme mit.«
»Wir müssen irgendwie ein Sprühgerät zusammenbasteln.« David Brooks krempelte sich sorgfältig die Ärmel hoch. »Am besten ferngesteuert. Das ist Rosies Spezialität.«
»Also schön, ich komme auch mit«, sagte Rosie Castro und sah David an.
»Ihr wollt alle da raus?« Ricky blickte kopfschüttelnd von einem zum anderen. »Das ist gefährlich«, sagte er. »Äußerst gefährlich.«
Niemand sagte etwas. Wir schauten ihn bloß alle an.
Dann sagte Ricky: »Charley, hör mit dem verdammten Gesumme auf.« Er wandte sich an mich. »Ich glaube nicht, dass ich das erlauben kann, Jack …«
»Ich glaube nicht, dass du eine andere Wahl hast«, entgegnete ich.
»Ich treffe hier die Entscheidungen.«
»Im Moment nicht«, erwiderte ich. Ich war kurz davor, an die Decke zu gehen. Ich hätte ihm am liebsten die Meinung gegeigt, schließlich hatte er den Karren in den Dreck gefahren, er hatte zugelassen, dass ein Schwarm in der Umwelt evolvier-te. Aber ich wusste nicht, wie viele kritische Entscheidungen Julia getroffen hatte. Im Grunde war Ricky dem Management gegenüber devot, wollte seinen Vorgesetzten gefallen, wie ein Kind seinen Eltern. Er machte das sehr charmant; so war er im Leben weitergekommen. Aber es war auch seine größte Schwäche.
Jetzt jedoch schob Ricky starrsinnig das Kinn vor. »Es geht einfach nicht, Jack«, sagte er. »Ihr werdet da draußen nicht überleben.«
»Und ob wir das werden, Ricky«, entgegnete Charley Davenport. Er deutete auf den Monitor. »Sieh doch mal.«
Der Monitor zeigte die Wüste draußen. Die frühnachmittägliche Sonne schien auf
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