Beute
Coliform-Wachstum«, sagte sie. »So sollte es aussehen. Aber hier …« Sie holte ein weiteres Bild auf die Mitte des Bildschirms. Die runden Formen sahen mottenzerfressen, ausgefranst und unförmig aus. »Das ist kein normales Wachstum«, sagte sie kopfschüttelnd. »Ich fürchte, es ist eine Phagenkontamination.«
»Du meinst, ein Virus?«, sagte ich. Ein Phage war ein Virus, das Bakterien angriff.
»Ja«, sagte sie. »Coli-Bakterien sind anfällig für eine sehr große Anzahl von Phagen. Der T4-Phage ist natürlich der gewöhnlichste, aber Theta-d müsste so konstruiert sein, dass es T4-resistent ist. Ich nehme also an, dass da ein neuer Phage im Spiel ist.«
»Ein neuer Phage? Du meinst, er hat sich gerade entwik-kelt?«
»Ja. Vermutlich der Mutant eines bestehenden Stamms, der die konstruierte Resistenz irgendwie umgeht. Aber das ist eine Katastrophe für die Herstellung. Wenn unser Bakterienmaterial infiziert ist, müssen wir die Produktion einstellen. Sonst spukken wir nur Viren aus.«
»Offen gestanden«, sagte ich, »wäre es vielleicht gar nicht schlecht, die Produktion einzustellen.«
»Mir bleibt wahrscheinlich keine andere Wahl. Ich versuche, ihn zu isolieren, aber er sieht aggressiv aus. Kann sein, dass ich ihn nicht loswerde, wenn ich nicht alles vernichte. Mit frischem Material ganz von vorn anfange. Das wird Ricky gar nicht gefallen.«
»Hast du ihm schon davon erzählt?«
»Noch nicht.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich denke, schlechte Nachrichten hat er schon genug. Und außerdem …« Sie brach ab, als hätte sie es sich anders überlegt.
»Außerdem …?«
»Für Ricky hängt unheimlich viel vom Erfolg dieser Firma ab.« Sie blickte mich an. »Bobby hat ihn neulich am Telefon gehört, wie er über seine Aktienoptionsrechte gesprochen hat. Und da hat er besorgt geklungen. Ich denke, Ricky sieht Xymos als seine letzte große Chance. Er ist seit fünf Jahren hier. Wenn es hier nicht hinhaut, ist er zu alt, um in einer anderen Firma noch mal neu anzufangen. Er hat eine Frau und ein kleines Kind; er kann nicht noch einmal fünf Jahre investieren, in der Hoffnung, dass es in einer anderen Firma klappt. Also will er das hier um jeden Preis schaffen und hängt sich richtig in die Sache rein. Er arbeitet sogar die Nächte durch, zermartert sich das Hirn. Er schläft höchstens drei, vier Stunden. Ehrlich gesagt, ich fürchte, er kann schon nicht mehr vernünftig denken.«
»Das kann ich mir vorstellen«, sagte ich. »Der Druck muss entsetzlich sein.«
»Vor lauter Schlafmangel ist er unberechenbar geworden«, sagte Mae. »Ich weiß nie, was er machen wird oder wie er reagiert. Manchmal hab ich den Eindruck, dass er die Schwärme gar nicht loswerden will. Oder vielleicht hat er Angst.«
»Vielleicht«, sagte ich.
»Jedenfalls, er ist unberechenbar. Ich wäre an deiner Stelle also vorsichtig«, sagte sie, »wenn du die Schwärme vernichten willst. Denn das hast du doch vor, nicht? Sie vernichten?«
»Ja«, sagte ich. »Das habe ich vor.«
6. Tag, 13.12 Uhr
Sie hatten sich alle im Freizeitraum, dem mit den Videospielen und Flipperautomaten, versammelt. Niemand spielte jetzt damit. Sie sahen mich aus ängstlichen Augen an, während ich erklärte, was wir zu tun hatten. Der Plan war ganz einfach - der Schwarm selbst diktierte, was wir tun mussten, obgleich ich diese unangenehme Wahrheit aussparte.
Im Grunde, so sagte ich ihnen, hatten wir es mit einem außer Kontrolle geratenen Schwarm zu tun. Und der Schwarm ließ selbst organisiertes Verhalten erkennen. »Eine hohe SO-Komponente bedeutet, der Schwarm kann sich selbst wieder zusammenfügen, wenn er beschädigt oder auseinander gerissen wurde. So war das ja auch, als ich ihn zerstreut habe. Deshalb muss der Schwarm vollständig zerstört werden. Das heißt, die Partikel müssen Hitze, Kälte, Säure oder hohen Magnetfeldern ausgesetzt werden. Und nachdem ich sein Verhalten erlebt habe, würde ich sagen, die beste Chance, ihn zu vernichten, haben wir nachts, wenn der Schwarm Energie verliert und zu Boden sinkt.«
Ricky klagte: »Aber Jack, wir haben dir doch schon gesagt, dass wir ihn nachts nicht finden können.«
»Stimmt, das könnt ihr nicht«, sagte ich, »weil ihr ihn nicht sichtbar markiert habt. Mann, da draußen ist eine große Wüste. Wenn ihr ihn in seinem Versteck aufspüren wollt, müsst ihr ihn mit irgendwas markieren, was so deutlich ist, dass ihr seine Spur überallhin verfolgen könnt.«
»Mit was denn markieren?«
»Das
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