Beute
stoppelige Kakteen. Ein verkümmerter Wacholderbaum in der Ferne, dunkel im Gegenlicht. Einen Moment lang verstand ich nicht, was Charley meinte. Dann sah ich den Sand über den Boden wehen. Und ich bemerkte, dass der Wacholderbaum zu einer Seite geneigt war.
»Ganz genau, Leute«, sagte Charley Davenport. »Wir haben eine kräftige Brise da draußen. Starker Wind, keine Schwärme - wisst ihr noch? Sie müssen sich dicht am Boden halten.« Er ging in Richtung Durchgang, der zur Energiestation führte. »Verlieren wir keine Zeit. Ziehen wir’s durch, Leute.«
Alle marschierten hintereinander aus dem Raum. Ich wollte als Letzter gehen. Doch zu meinem Erstaunen zog Ricky mich beiseite, versperrte mir den Ausgang mit seinem Körper. »Tut mir Leid, Jack, ich wollte dich nicht vor den anderen in Verlegenheit bringen. Aber ich kann einfach nicht zulassen, dass du das machst.«
»Wär’s dir lieber, jemand anders macht es?«, fragte ich.
Er blickte finster. »Was meinst du damit?«
»Ich rate dir, den Tatsachen ins Auge zu sehen, Ricky. Die Lage ist schon jetzt katastrophal. Und wenn wir sie nicht umgehend in den Griff kriegen, dann müssen wir Hilfe anfordern.«
»Hilfe? Was soll das heißen?«
»Ich meine, das Pentagon verständigen, die Armee. Wir müssen irgendwen verständigen, um die Schwärme unter Kontrolle zu kriegen.«
»Um Gottes willen, Jack. Das können wir nicht machen.«
»Wir haben keine andere Wahl.«
»Aber das würde die Firma kaputtmachen. Wir würden nie wieder Gelder kriegen.«
»Dagegen hätte ich nichts«, sagte ich. Ich war wütend wegen dem, was in der Wüste passiert war. Eine Wochen und Monate währende Aneinanderreihung von falschen Entscheidungen, Fehlern und Patzern. Anscheinend zählten bei Xymos nur kurzfristige Lösungen, Flickschusterei, schnell und unsauber. Keiner interessierte sich für die langfristigen Folgen.
»Versteh doch«, sagte ich, »du hast es mit einem außer Kontrolle geratenen Schwarm zu tun, der offensichtlich tödlich ist. Jetzt muss Schluss sein mit der Pfuscherei.«
»Aber Julia …«
»Julia ist nicht hier.«
»Aber sie hat gesagt …«
»Es interessiert mich nicht, was sie gesagt hat, Ricky.«
»Aber die Firma …«
»Scheiß auf die Firma, Ricky.« Ich packte ihn bei den Schultern, schüttelte ihn einmal heftig. »Kapierst du denn nicht? Du traust dich nicht nach draußen. Du hast Angst vor diesem Schwarm, Ricky. Wir müssen ihn töten. Und wenn wir ihn nicht bald töten können, müssen wir Hilfe holen.«
»Nein.«
»Doch, Ricky.« »Das werden wir ja sehen«, knurrte er. Sein Körper spannte sich, seine Augen loderten. Er packte mich am Hemdkragen. Ich stand einfach da und starrte ihn an. Ich rührte mich nicht. Ricky funkelte mich einen Augenblick lang an, und dann lockerte er den Griff. Er klopfte mir auf die Schulter und strich meinen Kragen glatt. »Ach, verdammt, Jack«, sagte er, »was mach ich denn hier?« Und er setzte sein selbstironisches Surfer-Grinsen auf. »Tut mir Leid. Der Stress macht mir wohl langsam zu schaffen. Du hast Recht. Du hast absolut Recht. Scheiß auf die Firma. Wir müssen es machen. Wir müssen diese Dinger sofort vernichten.«
»Ja«, sagte ich, den Blick noch immer auf ihn gerichtet. »Das müssen wir.«
Er hielt inne. Er nahm seine Hand von meinem Kragen. »Du findest, ich benehme mich seltsam, nicht? Mary findet auch, dass ich seltsam bin. Das hat sie neulich gesagt. Benehme ich mich seltsam?«
»Nun ja …«
»Du kannst es mir ruhig sagen.«
»Vielleicht gereizt … Schläfst du überhaupt noch?«
»Nicht viel. Zwei, drei Stunden.«
»Vielleicht solltest du mal eine Schlaftablette nehmen.«
»Hab ich. Hilft auch nicht. Das ist der verdammte Druck. Ich bin seit einer Woche hier. Schlaucht ganz schön.«
»Kann ich mir vorstellen.«
»Na ja, was will man machen.« Er wandte sich ab, als wäre er plötzlich verlegen. »Hör zu, ich setz mich ans Funkgerät«, sagte er. »Ich werde die ganze Zeit bei euch sein. Ich bin dir sehr dankbar, Jack. Du hast hier wieder für Vernunft und Ordnung gesorgt. Sei bloß … Sei bloß vorsichtig da draußen, okay?«
»Okay.«
Ricky trat beiseite.
Ich ging an ihm vorbei zur Tür hinaus.
In dem Gang, wo die Klimaanlage auf höchster Stufe dröhnte, war Mae auf halbem Weg zur Energiestation plötzlich neben mir. Ich sagte zu ihr: »Du musst wirklich nicht mit da raus, Mae. Du kannst mir doch über Funk sagen, wie ich mit den Isotopen umzugehen habe.«
»Die Isotope
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