Beutewelt 02 - Aufstand in der Ferne
Sonnenaufgang
Der Sommer des Jahres 2030 hatte begonnen und die aufkommende Hitze hüllte die Hauptstadt des wiedergegründeten Staates Japan bis in den letzten Winkel der endlosen Häuserschluchten ein. Tokio glich einer riesigen Herdplatte und seine Bürger stöhnten unter den sengenden Strahlen der Sonne.
Sie war aufgegangen im fernen Osten, am äußersten Ende des asiatischen Kontinents, so wie es die Nationalflagge des alten und neuen Japans immer symbolisiert hatte.
Haruto Matsumoto, der oberste Souverän des Inselstaates , saß an diesem Tage im Garten seiner Villa am Stadtrand von Tokio. Alles um ihn herum blühte, Insekten summten leise und ein strahlend blauer Himmel tat sich über ihm auf. Es war wundervoll und sehr heiß heute, doch der Präsident nahm die Welt um sich herum kaum wahr. Zu tief steckten seine Gedanken in einem Sumpf aus Sorgen und Angst und daran konnte auch der schöne, blaue Himmel nichts ändern, welcher sich über seinem Land ausdehnte.
Das Oberhaupt Japans ließ sich auf einer Liege nieder und las einmal mehr die neuesten Meldungen der ausländischen Zeitungen, die ihn und sein Land in einem sehr schlechten Licht darstellten. Nach einer Weile legte er die Blätter weg und starrte verärgert gen Himmel.
Neben ihm saß sein alter Weggefährte, der japanische Außenminister Akira Mori, und studierte ebenfalls die aktuellen Meldungen der Weltpresse. Er murmelte leise vor sich hin und warf Matsumoto gelegentlich fragende Blicke zu. Dann legte auch er die Zeitungen zur Seite, richtete sich auf und verschränkte die Hände hinter dem Rücken.
Hinter den beiden nachdenklichen Männern zeichneten sich
die Umrisse des Fujiyamas, des großen Berges, am Horizont ab. Der „Fujisan“ oder „Herr Fuji“, wie die Japaner ihren verehrten Berg nannten, schien noch immer über die Hauptstadt zu wachen. Ob er sie aber beschützen konnte, das sollte erst die Zukunft zeigen.
„Wird es jetzt immer so weitergehen?“, fragte Matsumoto seinen Freund und Berater.
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie morgen mit dieser Kampagne einfach aufhören werden“, erwiderte dieser und nahm erneut eine Zeitung in die Hand.
„Dieser Hass ist mir unbegreiflich. Fehlt nur noch, dass sie mich als Kindermörder verleumden“, sagte der Präsident gekränkt.
„Sie stellen dich in den „Global Policy News“ als Mistkäfer dar, der eine Bombe auf die Welt werfen will“, gab Außenminister Mori zurück. „Das ist auch nicht viel netter!“
„Bei der Abstimmung habe ich 89% der Stimmen des japanischen Volkes bekommen. Ja, 89%! Und diese Schmierfinken von der ausländischen Presse stellen es so dar, als ob ich mich lügend und mordend an die Macht geputscht habe!“, schimpfte Matsumoto.
Akira Mori, der nicht viel anderes von den gesteuerten Medien erwartet hatte und viele Dinge gelassener sah als der japanische Präsident, welchem die ständige Hetze gegen Japan im Ausland und vor allem seine Person allmählich zusetzte, erklärte: „Du hast einen sehr mutigen Schritt gewagt, als du unser Land aus dem Weltverbund herausgelöst hast. Du hast ein unabhängiges Japan geschaffen und das hat sich seit 2018 niemand mehr getraut. Sei doch froh, alter Freund. Die Wirtschaft erblüht unter deinen Händen und dein Volk verehrt dich.
Seit Jahrzehnten waren die Japaner nicht mehr so zufrieden wie unter deiner Herrschaft. Lass dich nicht durch diese
Lügner von der Presse, die jene Weltregierung nun einmal in den Händen hält, fertig machen.
Es wird die Zeit kommen, da werden auch andere Nationen aufwachen und die Ketten zerbrechen. Du hast der übrigen Welt ein Beispiel an Mut und Aufrichtigkeit geliefert, wofür dir Millionen Menschen, nicht nur in Japan, dankbar sind.“
„Aber der Preis ist hoch“, knurrte Matsumoto.
„Das ist schon richtig. Aber selbst der weltweite Boykott unserer Waren hat bisher noch nicht die Früchte getragen, die sich die Weltregierung erhofft hat“, gab Mori mit kämpferischer Mine zurück. „Japan steht wie ein Felsen im Meer!“
„Werden sie uns bald mit Krieg überziehen, wenn wir nicht klein beigeben?“, fragte das Staatsoberhaupt seinen Berater mit sorgenvollem Blick.
„Das will ich nicht hoffen. Möge unserem Volk so etwas erspart bleiben“, erwiderte der Außenminister.
Die beiden Männer blickten sich mit ernsten Augen an und waren eine Weile stumm. Dann schauten sie zusammen auf den Fujisan, dessen schneebedeckte Spitze wie der Bart eines alten, weisen
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