Bianca Spezial Band 8
eine Krisensitzung.
„Weißt du noch, worüber du geredet hast, bevor du in den Operationssaal gefahren wurdest?“, fragte Brady sie unvermittelt.
„Die Scheidung meiner Eltern?“
„Genau. Und über deinen Dad. Du hast irgendetwas von Disney World erzählt. Du meintest, du hättest zu ihm etwas von Disney World und einem Reitausflug gesagt. Und danach hättest du ihn nie wiedergesehen.“
„Oh, das. Ja … weißt du, ich wollte unbedingt, dass Dad und ich gemeinsam etwas unternahmen, wenn ich ihn besuchte. Ich war mir so sicher, dass das eine gute Idee war. Damals war ich ein zwölfjähriges Mädchen und hatte einen dementsprechenden Geschmack. Also schlug ich ihm Reitausflüge und Disney World vor.“
„Klingt doch gut.“
„Das fand ich auch. Ich war richtig stolz auf meine beiden Ideen. Also habe ich ihm diese Dinge vorgeschlagen und abgewartet. Mal sehen, Lisa-Belle , hat er gesagt. Und ich dachte mir, na ja, Erwachsene reagieren wohl immer so. Die sind nicht gleich begeistert und wollen sofort losfahren. Dann bin ich wieder zurück zu Mom geflogen, habe ihr aber nichts von meinen Vorschlägen erzählt. Ich dachte, Dad würde sie schon noch davon überzeugen. Als dann die nächsten Ferien kamen, sagte sie nichts davon, dass Dad sich gemeldet und Vorschläge gemacht hätte. Selbst zwei Wochen vor Ferienbeginn nicht. Dabei hätte ich doch noch ein paar Sachen gebraucht, zumindest für das Reiten. Eine Reitkappe vielleicht. Ich wollte einfach wissen, was los war.“
„Natürlich.“
„Ich wollte wissen, ob mein Wunsch in Erfüllung gehen würde, mit Dad zwei Wochen lang etwas Tolles zu unternehmen. In den vier Jahren davor war ich immer nur eine Woche bei ihm gewesen, und wir hatten nie etwas miteinander anzufangen gewusst. Schließlich habe ich Mom gefragt, was denn aus meinen Ferien mit Dad werden sollte. Sie meinte dann, dass er sie vor zwei oder drei Monaten angerufen hätte.“
„So lang war das schon her?“
„Ja, und sie hätten über mich geredet. Er meinte wohl, es sei besser, wenn wir uns nicht mehr sehen würden, er und ich. Mom hatte die ganze Zeit nicht gewusst, wie sie mir das sagen sollte. Sie musste es wohl erst mal selbst verarbeiten. Und dann ist mein Vater ganz plötzlich gestorben. An einem Herzinfarkt, als ich achtzehn war. Also hatte ich nie die Gelegenheit … ich konnte ihm nie …“
„Ganz ruhig, es ist alles okay.“ Brady lehnte sich zu Libby hinüber, nahm sie in die Arme und hielt sie ganz fest.
„Nein, es ist nicht okay.“ Nun kämpfte sie nicht mehr gegen ihre Tränen an, sondern ließ ihnen einfach freien Lauf. „Das war es noch nie. Ich bin so schrecklich wütend auf ihn! Weil er nie begreifen konnte, wie sehr er mich verletzt hatte. Weil er nicht versucht hatte, mich in seinem Leben zu halten. Weil er die Ursache dafür ist, dass ich den Menschen, die ich liebe, meine Bedürfnisse nicht mitteilen kann. Schließlich hatte ich ihm gesagt, was ich mir von ihm wünschte, und er hatte mir für immer den Rücken zugekehrt. Und ganz besonders wütend bin ich, weil er einfach gestorben ist, bevor wir die Gelegenheit hatten, alles zu klären.“
„Ich weiß, mein Liebling. Ich weiß.“
„Ich meine … ich habe Glenn lange Zeit alles vergeben, weil er wenigstens anwesend war. Ja, ich weiß, das klingt jetzt ziemlich verrückt … Aber ich durfte bei ihm sein, als er im Sterben lag, und dadurch sind wir uns nähergekommen. Unsere Beziehung war nicht perfekt, aber wir haben die Dinge gemeinsam abgeschlossen und konnten uns richtig verabschieden. Das konnte ich mit Dad nicht, und das werde ich nun auch nie mehr können. Ich kann ihn nie anschreien. Oder umarmen.“
„Dann schrei mich an, Libby, bitte!“ Bradys Stimme brach. „Oder umarme mich. Das wünsche ich mir. Und erzähl mir bitte nicht mehr, dass alles kein Problem ist. Stacey hat mich auch immer wieder angelogen. Das, was du tust, ist zwar eine andere Art von Lüge, aber es ist immer noch eine Lüge.“
„Genau wie mein Schweigen.“
„Ja, genau wie dein Schweigen. Solche Lügen können sehr mächtig werden. Lass das nicht zu, Libby. Ich dachte erst, dein Verhalten hätte nur mit Glenn zu tun, doch da habe ich mich wohl geirrt. Es hat mit deinem Vater zu tun. Aber ich werde mich niemals wie er von dir abwenden, Libby.“
„Ich glaube, in meinem Innersten hatte ich unendlich große Angst davor, Scarlett zu nah an mich heranzulassen und zu gestatten, dass sie mich so sehr ins Herz schließt, wie
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