Bille und Zottel 01 - Pferdeliebe auf den ersten Blick
geflüchtet, wenn ich mit mir nicht ins reine kam. Schon als kleiner Junge.“
„Und heute?“
„Heute ist das genauso.“
Sie schwiegen. Gegenüber ließ sich Donau aufstöhnend neben ihrer kleinen Tochter ins Stroh plumpsen. Nur Nathan stand noch aufrecht und wachte über den Schlaf der anderen. Bille sah die Silhouette seines Kopfes gegen das helle Fenster.
„Man ist ständig rund um die Welt unterwegs, man siegt oder unterliegt - man fordert das Äußerste von sich und seinen Pferden. Und dann steht man plötzlich da und fragt sich: warum tust du das eigentlich? Du liebst dein Tier doch, warum verlangst du das von ihm? Hat das alles einen Sinn?“
Er hatte zu sich selbst gesprochen und Bille war es unheimlich, den bewunderten und verehrten Lehrer in solchen Zweifeln zu erleben.
„Sie denken an das letzte Stechen, nicht wahr?“ fragte sie zögernd. „Ich habe es im Fernsehen angeschaut.“
„Ja. Auch an das letzte Stechen. Kein schöner Sieg, glaub mir. Aber hingehen und sagen: ich mute meinem Pferd diese weitere Anstrengung nicht zu! Wer tut das schon — man will es - und macht es dann doch nicht. Siehst du, Reiterlein, so feige sind die Erwachsenen.“
Bille schwieg betroffen.
Von dieser Seite hatte sie das Turnier-Reiten noch nie betrachtet. Ein Sieg im Preis der Nationen war ihr immer als das höchste Glück erschienen.
„Und dann kommt man nach Hause“, fuhr Herr Tiedjen fort, „und ist ein Fremder geworden. Die Felder sind abgeerntet und man hat sie nicht reifen sehen. Fohlen sind geboren worden und man hat sich an ihren ersten Lebenswochen gar nicht freuen können . . .“
„Aber nun sind Sie doch wieder hier, und . . Bille brach ab. Was konnte sie einem Mann wie Herrn Tiedjen schon sagen!
Herr Tiedjen schwieg eine Weile. Dann richtete er sich auf und legte Bille den Arm um die Schulter.
„Du hast recht, Mädchen. Jetzt bin ich wieder hier und es ist immer noch Zeit, alles besser zu machen. Weißt du, was wir jetzt tun werden? Wir gehen hinüber in die Scheune und legen eine Polka aufs Parkett, daß alle anderen von der Tanzfläche gefegt werden. Einverstanden?“
„Einverstanden!“
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