Bille und Zottel 01 - Pferdeliebe auf den ersten Blick
nur ein Beweis dafür, daß Pferde die dümmsten Tiere der Welt sind!“
„Weil er die Ehre nicht zu schätzen wußte, dich tragen zu dürfen?“ spöttelte Helga.
Bille nahm Zottel zärtlich am Kopf und führte ihn auf die Straße zurück. Dann saß sic auf.
„Du hast eben von Pferden keine Ahnung!" sagte sie mitleidig zu Heike, die sich immer noch abwechselnd Nase und Po rieb. „Lernen läßt sich das nicht. Man hat es oder man hat es nicht.“
*
Am nächsten Morgen — die Sonne strahlte vom Himmel, wie es sich für solch einen Festtag gehörte — putzten Karlchen und Bille Zottel für seine Galavorstellung, bis er nicht mehr wiederzuerkennen war. In die Mähne hatten sie bunte Schleifchen gebunden und auch der Schweif war in zahlreiche kleine Zöpfe geflochten, deren Ende bunte Schleifchen zierten. Zottel ließ alles geduldig mit sich geschehen, als ahnte er, was auf dem Spiel stand.
„Wollen wir ihm auch die Hufe lackieren, so richtig glänzend schwarz — als hätte er Lackschuhe an?“ fragte Karlchen.
„Unsinn, mit was denn? Bis wir hinkommen ist er sowieso wieder dreckig. Nimm ein paar Lappen mit, damit wir ihn noch mal aufpolieren können“, sagte Bille besorgt. „Und jetzt komm — je eher wir da sind, desto besser!“
„Wann soll’s denn losgehen?“
„Um zehn Uhr — aber bis dahin haben wir noch eine Menge zu tun.“
Onkel Paul hatte eine kleine Kutsche für Zottel besorgen lassen und sie über und über mit Blumengirlanden geschmückt.
„Hier habt ihr noch einen Korb voller Blumen für sein Zaumzeug“, sagte Onkel Paul, als Bille und Karlchen mit Zottel den Hof betraten.
„Gut, aber das machen wir zu allerletzt, sonst hat er bis dahin alles aufgefressen“, entschied Bille. „Was können wir sonst noch tun?“
„Helga und Heike stellen gerade vorn die Sonnenschirme und Tische für den Begrüßungstrunk auf. Sie können euch sagen, was noch alles zu tun ist.“
Bille band Zottel im Hof an — weit weg von allem, was ihn als Extra-Frühstück hätte reizen können — und ging mit Karlchen durch den Laden nach vorn.
Helga und Heike waren fleißig gewesen, das Portal war mit bunten Fähnchen geschmückt und überall standen Körbe und Vasen voller Sommerblumensträuße.
„Na endlich!“ stöhnte Heike. „Wir haben geglaubt, ihr kämt überhaupt nicht mehr. Habt ihr eurem Liebling noch Dauerwellen gemacht?“
„Ja —so könnte man’s nennen“, sagte Bille ungerührt.
„Also an die Arbeit — holt mal die Gläser und Getränke aus dem Lager. Wir machen inzwischen hier weiter“, kommandierte Heike und breitete weiße Tischtücher auf die Tische.
Bille führte Karlchen ins Lager. Dort standen Kartons mit Gläsern bereit und mehrere Kühlboxen mit Sekt, Orangensaft und Cola.
„Gibt’s das wirklich umsonst?“ fragte Karlchen und schaute sehnsüchtig auf die Colaflaschen.
„Klar - an so einem großen Feiertag. Aber du wirst schon noch ein bißchen warten müssen. Hier, faß an!“
Zu zweit schleppten sie die Kühlboxen nach draußen. Auf halbem Weg setzte Bille ihre Last plötzlich hart auf den Boden. Es klirrte bedenklich.
„Was ist los, kannst du nicht mehr?“
„Mensch, Karlchen, ich bin so aufgeregt — mir ist ganz schlecht!“
Karlchen legte den Kopf schief und betrachtete Bille eingehend. „Du siehst aus wie ein Harzer Käse. Na los, scher dich zu deinem Zottel, ich mach das hier schon.“
Vor dem Eingang versammelten sich immer mehr Neugierige, die die Vorbereitungen für den großen Augenblick mit Andacht verfolgten. Kurz vor zehn Uhr bog Bille mit Zottel vor der geschmückten Kutsche um die Ecke. Ein lautes „Ah!!!“ und prasselnder Applaus empfing sie. Bille wurde rot vor Stolz und Zottel dankte artig mit einer Verbeugung. Er sah aus wie eine lebende Erntekrone auf vier Beinen, überall steckten Sträußchen aus Sommerblumen und Ähren.
Karlchen kam herüber, um ein wenig an Zottels Ruhm teilzuhaben, und gemeinsam begannen sie, an die Kinder Luftballons, Fähnchen und Süßigkeiten zu verteilen. Aus den Lautsprechern drang beschwingte Tanzmusik, Onkel Paul hatte streng darauf geachtet, daß kein Stück darunter war, das Zottel in alte Zirkusseligkeit versetzen würde.
Jetzt erschien auch Onkel Paul, er nahm mit dem großen Schlüsselbund in der Hand seinen Platz vor dem Portal ein, bleich, aber gefaßt. Er duftete nach einem teuren Kölnisch Wasser und das nagelneue Hemd weichte unter kleinen Schweißbächen vor sich hin. Aber das sah
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