Bille und Zottel 03 - Mit einem Pferd durch dick und duenn
aus dem Sattel, schluckte seinen Ekel tapfer hinunter und bahnte sich einen Weg durch die blökende Schafherde, bis zu dem Heuhaufen am anderen Ende. Den Heuhaufen zu erklettern war schwieriger, als er gedacht hatte. Als er schließlich oben war und das Nest mit den bunten Eiern entdeckt hatte, sah er aus wie ein paniertes Schnitzel. Und als er versuchte, die kratzenden Halme wenigstens aus seinem Kragen zu entfernen, faßte er in eine Distel.
„Die wollen uns fertigmachen!“ knurrte er wütend. Aber dann fiel ihm ein, daß Bille und ihre Freunde ja die gleichen Bedingungen zu erfüllen hatten, und ritt mit zusammengebissenen Zähnen weiter.
Hol einen Apfel vom Baum! hieß die letzte Aufgabe vor dem Pferdewechsel. An dem Ast einer Buche hingen nebeneinander acht Apfel, die man nur erreichen konnte, wenn man sich im Sattel aufstellte.
„Na, Gott sei Dank — das ist wenigstens leicht“, murmelte Jochen und hielt Mambo genau unter dem Ast an.
Aber sowie er die Zügel locker ließ, setzte sich Mambo wieder in Bewegung und Jochen plumpste zurück in den Sattel. Beim fünften Versuch blieb Mambo wenigstens an der Stelle, wenn er auch ständig hin und her trippelte und schwankte wie ein Schiff in Seenot. Jetzt mußte es klappen! Jochen stellte sich vorsichtig auf, reckte sich, riß den Apfel herunter und schrie vor Begeisterung „Ha!“. Mambo machte erschreckt einen Satz nach vorn und Jochen fiel rückwärts in den Dreck.
Stöhnend und fluchend stieg Jochen wieder auf. Hinter sich hörte er, wie Florian Bongo anfeuerte.
Als Jochen die Waldwiese erreichte, bot er einen erbarmungswürdigen Anblick, aber niemand schien es zur Kenntnis zu nehmen.
„Hast du alles?“ fragte Bille ihn strahlend. „Gut gemacht!“
Das richtete Jochen seelisch wieder ein wenig auf. Er legte seine Beute auf den Tisch, an dem Herr Henrich saß und die Punkte in eine Liste eintrug. Da kam auch schon Florian herangestürmt und stoppte Bongo so knapp vor dem Tisch, daß der bedenklich ins Wanken geriet. Seine Hände hatten eine schwärzliche Färbung, und Jeans und Stiefel waren dreckbespritzt. Aber sonst schien er gut über die Runden gekommen zu sein.
„Jochen reitet jetzt Bongo, und Florian bekommt Mambo“, sagte Herr Henrich. „Jochen startet zuerst, Florian fünf Minuten später. Bille muß warten, bis Bernhard hier ist.“
Florian übergab Jochen Bongos Zügel.
„Hoffentlich kommst du dir nicht zu lächerlich vor!“ sagte er anzüglich.
Auf der zweiten Hälfte der Strecke kam es mehr auf das reiterische Können an. Die Strecke führte über eine Reihe von Hindernissen, einen steilen Hang hoch und auf der anderen Seite wieder hinunter, über mehrere Gräben und schließlich durch einen frisch gepflügten Acker bis in den Park von Groß- Willmsdorf . Jochen merkte schnell, wie angenehm Florians kräftiges Russenpony zu reiten war, während Florian hinter ihm feststellen mußte, daß Mambo hart im Maul war wie ein Esel, und doppelt so temperamentlos.
Erst beim letzten Graben bekam Jochen Schwierigkeiten. An dieser Stelle hatte Bongo einmal ein unangenehmes Erlebnis gehabt. Beim Überqueren des Grabens stach ihn eine Wespe in den Bauch. Seither war er nicht mehr zu bewegen, den Graben zu überspringen. Auch heute weigerte sich Bongo standhaft, sich von der Stelle zu rühren. Jochen bearbeitete ihn mit den Fersen und mit der Peitsche — alles vergebens. Als Jochen nicht nachgeben wollte, schickte Bongo den lästigen Reiter mit einem kurzen Buckeln und Auskeilen in den Graben, lief bis zur nächsten Brücke und auf der anderen Seite zurück bis in die Mitte der Wiese, wo er Jochen ruhig erwartete. Bis Jochen ihn eingeholt hatte und wieder aufstieg, war Florian auf Mambo längst an ihnen vorbeigaloppiert.
Auf der Waldwiese tauschten gerade Bettina und Simon die Pferde. Beide hatten alle Aufgaben ohne viel Zeitverlust lösen können.
„Laß dir Zeit mit Pünktchen, du liegst ohnehin prima. Sie hat sich vorher kräftig ausgetobt, sie wird dir bestimmt keinen
Ärger machen. Geh langsam an die Hindernisse ran, Pünktchen springt zur Not auch aus dem Stand — und hoch sind sie sowieso nicht!“ Simon klopfte seiner Stute ermahnend den Hals.
„Wird schon schiefgehen!“ sagte Bettina lachend. „Ich fühle mich heute blendend in Form!“
Während Bettina antrabte, erschien Bernhard auf der Bildfläche. Sein Aussehen stand dem Jochens in keiner Weise nach. Er hatte Mühe, vor den anderen zu verbergen, daß er stocksauer war.
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