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Bis dein Zorn sich legt

Bis dein Zorn sich legt

Titel: Bis dein Zorn sich legt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Larsson
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gesehen, als wir dort gestorben sind. Als er zum See kam, waren wir schon seit über zwei Stunden tot. Ich war nicht mehr im See. Er staunte über das Eisloch, das einfach zu groß für ein Angelloch war. Dachte, da habe vielleicht jemand eisbaden wollen, genau wie er selbst. Aber warum mitten im See? Und im Loch schwammen die Reste der Tür, eine Menge Holzstücke, das begriff er einfach nicht.
    Dann entdeckte er unsere Rucksäcke an der Raststelle. Dachte, dass Leute in der Nähe seien, die sicher zurückkommen würden. Er trieb sich lange dort herum. Wühlte ein wenig in den Rucksäcken, nahm aber nichts heraus. War neugierig und ein wenig redselig. Aber natürlich kam niemand.
    Als er am nächsten Tag zum Baden zurückkehrte, lagen die Rucksäcke noch immer da. Und auch am übernächsten. Am Tag darauf fing es dann an zu schneien. Die Rucksäcke schneiten ein. Und da nahm er sie mit nach Hause.
    Jetzt geht er ins Obergeschoss seines Hauses und holt sie aus einem Verschlag. Er hat sie sorgfältig eingeschlossen, damit Mäuse und Ratten sie nicht durchwühlen und vollkacken können.
    Sicher gehören diese Rucksäcke den jungen Leuten, von denen die Polizistin gesprochen hat, überlegt er. Er wird sie ihr geben, wenn sie am nächsten Tag zurückkommt, er wird ihr genau sagen, wo sie gelegen haben, und von den Holzstücken im Eisloch erzählen, sicher stammten die doch von der Tür, nach der die Frauen ebenfalls gefragt haben.
    Aber vorher will er noch einige Dinge aus den Rucksäcken nehmen. In dem einen Rucksack liegt ein guter und ganz neuer Trangia-Kocher, im anderen ein großer Pullover aus Merinowolle mit winddichtem Futter. Hjörleifur hat noch nie so einen schönen Pullover besessen. Und die Jugendlichen brauchen die Sachen doch nicht mehr, also kann es nicht schlimm sein, wenn er sie behält.
    Er trägt die Rucksäcke die Treppe hinunter. Es ist so kalt im Obergeschoss. Besser ist es in der Küche, wo der Holzofen seine lebendige Wärme verbreitet und knackt und Funken wirft.
    Er ist so damit beschäftigt, die Rucksäcke auszupacken, den Inhalt durchzusehen und zu entscheiden, was er behalten will und was darin liegen bleiben soll, dass er das Geräusch des Schneemobils nicht hört, das ein Stück vom Hof entfernt zum Halten kommt.
    Ihm fällt nicht auf, dass der Hund einige Male bellt, das macht er ja ab und zu. Er bellt alles Mögliche an. Ein Eichhörnchen. Oder den Fuchs. Oder Schnee, der von einem Baum fällt. Das liebe verrückte Huhn.
    Erst als die Haustür geöffnet wird und er im Haus Schritte hört, geht ihm auf, dass er Besuch hat. Zwei Männer stehen in seiner Küche.
    »Ach was, Hjörleifur«, sagt der eine, »du hattest Besuch von der Polizei.«
    Er sieht die Männer an. Verspürt den Drang zu fliehen. Aber es gibt ja keinen Ausweg.
    Nur der eine redet, der andere, der groß und fett ist, lehnt sich stumm an den Türrahmen.
    »Und was hast du der Polizei erzählt, Hjörleifur? Was wollten die wissen? Jetzt sag schon!«
    Hjörleifur räuspert sich.
    »Die haben nach einigen verschwundenen Jugendlichen gefragt. Ob die hier am See waren. Ob ich etwas gesehen habe.«
    »Und hast du das? Was hast du denen gesagt?«
    Hjörleifur gibt keine Antwort. Kniet noch immer neben den Rucksäcken.
    Und erst jetzt sieht die auch Tore. Zwei feine Rucksäcke aus buntem Nylon. Nichts, was Hjörleifur normalerweise besitzt. Er benutzt alte ausrangierte Militärsachen und selbst gebastelte Dinge, die er zusammennagelt oder mit der Hand aus selbst gegerbten Fellen näht.
    »Du hast die Rucksäcke am See gefunden«, sagt Tore und umfängt die Rucksäcke mit brennendem Blick. »Nicht wahr, du Arsch, so war das doch?«
    »Ich wollte nicht«, fängt Hjörleifur an, sich zu entschuldigen. »Da war niemand, und …«
    Weiter kommt er nicht.
    Tore Krekula nimmt ein Holzscheit von dem Stapel neben dem Ofen. Er packt es mit beiden Händen wie einen Baseballschläger und knallt es mit aller Kraft gegen Hjörleifurs Hinterkopf.
    Ich höre, wie Hjörleifurs Schädelknochen bersten. Ich höre, wie sein Körper zu Boden fällt. Ich höre, wie der Wald vor Entsetzen nach Luft schnappt. Der Boden zittern, bebt unter dem Blut, das hier vergossen wird.
    Der Hund erstarrt draußen auf dem Hof und sträubt die Haare. Er legt sich in den Schnee. Er wird nicht ins Haus laufen, obwohl die Brüder unvorsichtigerweise die Tür offen stehen lassen.
    Die ganze Gegend riecht nach Tod. Die Birken winden sich. Die Vögel schreien. Nur die

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