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Bis dein Zorn sich legt

Bis dein Zorn sich legt

Titel: Bis dein Zorn sich legt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Larsson
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dass dieses Lied hinter Kerttus Rücken gesungen wird.
    Zarah Leander ist jetzt auch in Ungnade gefallen, sie wird wegen ihrer Mauscheleien mit den Nazis gehasst. Karl Gerhard hingegen wird wieder im Radio gespielt. Der Wind schlägt sehr schnell um. Kerttu ist die kleine Zarah Leander des Ortes.
    Alle diese Fäden zwischen den Schwestern. Anni ist über achtzig, Kerttu wird bald achtzig sein. Aber sie können einander kein Wort über all das sagen, was sie denken und empfinden. Am Ende sagt Anni, dass sie jetzt nach Hause geht. Worauf Kerttu mit Mühe ihren Tretschlitten wendet und sich auf den Heimweg macht.
    Anni bleibt noch eine Weile stehen und schaut in den Dunst. Plötzlich nimmt sie mich wahr.
    »Wilma«, sagt sie laut.
    Ich wünschte, ich könnte sie berühren. Stattdessen erinnere ich sie daran, wie wir im See geschwommen sind. Sie ist sogar unter Wasser geschwommen. Und prustend wieder aufgetaucht.
    »Ich wusste nicht, dass ich das noch immer kann«, jubelte sie. »Warum hört man auf, nur weil man alt wird?«
    Ich rief zurück: »Ich höre ganz bestimmt nicht auf. Ich werde schwimmen, bis ich neunzig bin!«
    Und später, in der Küche, vor dem Holzofen, als jede sich in ein Frotteehandtuch eingewickelt hatte, grinste Anni und sagte: »Du willst also mit neunzig aufhören zu schwimmen. Warum eigentlich?«
    Jetzt weint sie, während sie sich umdreht und sich wieder zum Haus hochkämpft.
    Ich ziehe weiter.
    Ich sitze auf dem Rand des Obduktionstischs und betrachte mich selbst.
    Der Gerichtsmediziner war die ganze Zeit schlechter Laune. Wütend, weil er mich erneut obduzieren muss. Vor einer Woche sah mein Körper noch einigermaßen annehmbar aus. Jetzt, nach einer Woche an der Luft, bin ich bläulich und aufgequollen. Mein Fleisch fällt in Stücken ab.
    Jetzt schneidet er meine rechte Hand auf, und plötzlich ist seine schlechte Laune wie weggeblasen. Er fängt an zu summen. Ist das ein Lied? Was hat er nur für eine sonderbare Stimme. Sie klingt, als ob zwei Steine aneinandergerieben würden.
    Er zieht die Handschuhe aus und greift zum Telefon. Bittet darum, mit Anna-Maria Mella sprechen zu dürfen. Als Erstes beschwert er sich bei ihr, dass es verdammt viel Mühe gemacht hat, die Obduktion zu wiederholen, und dass er dankbar sein wird, wenn er in Zukunft davon erfährt, falls sie den Verdacht haben, dass irgendwo vielleicht doch kein pures Unglück vorliegt, denn dann weiß er, wonach er zu suchen hat. Ich höre, wie sie am anderen Ende der Leitung geduldig auf ihn einredet. Er knirscht gereizt mit den Zähnen, aber am Ende kann er sich nicht mehr beherrschen. Er muss ihr von der Hand erzählen.
    »Ich dachte, das könnte dich interessieren«, sagt er, und als er ihr andächtiges, erwartungsvolles Schweigen hört, legt er eine Kunstpause ein und würgt und räuspert sich, bis sie fast den Verstand verliert.
    »Hrrr … hrrr«, geht das so eine Weile, bis er endlich sagt: »Sie hat einen Bruch im fünften Mittelhandknochen … ja, da unter dem kleinen Finger zum Handgelenk hin. Normaler Abwehrschaden … ja, kann durchaus so entstanden sein … dass sie mit der Hand gegen eine Tür geschlagen hat.«
    Ich muss weg von hier. Kann den Anblick dieses Körpers einfach nicht mehr ertragen. Vor Kurzem noch war diese Haut geschmeidig und lebendig. Ich hatte phantastische Brüste. Ich denke daran, wie Simon mich in den Arm genommen hat. Weiß noch, wie er hinter mich trat, mich auf Ohr und Hals küsste und sich dann unter meinen Kleidern zu schaffen machte. Seine süßen kleinen Geräusche, die bedeuteten, dass er mich jetzt wollte. Wir sagten »mmm« zueinander und wussten genau, was wir meinten.
    Ich habe keinen Körper. Dieser blaue, aufgedunsene, zerfallende Fleischhaufen auf dem Stahltisch unter der Leuchtröhre ist wirklich nicht mein Körper.
    Ich bin so schrecklich einsam.
    Auch Hjörleifur Arnarson ist einsam. Ich stehe vor seinem Haus. Der Hund wittert mich. Er starrt in meine Richtung. Sträubt das Nackenfell und kläfft unruhig.
    Wochen können vergehen, bis Hjörleifur mit einem anderen Menschen spricht. Nicht, dass ihm das fehlte. Er denkt natürlich viel an Frauen, aber es ist über dreißig Jahre her, dass er mit einer zusammen war. Er träumt von der weichen Haut und den runden Formen einer Frau. Er lebt sein wildes, eigensinniges Leben dort im Wald. Im Sommer wandert er nackt umher und schläft unter freiem Himmel. Er badet jeden Tag im Vittangijärvi, sommers wie winters.
    Er hat uns nicht

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