Bis du stirbst: Thriller (German Edition)
das getan haben.«
»Es war ein Fehler. Ihr Junge hat das vergeigt. Er hat etwas an sich genommen, was ihm nicht …«
Murphys Finger gleiten von der Planke, und er verschwindet unter der schlammigen Oberfläche, kommt einen Moment später wieder hoch, mehr Schlamm als Fleisch.
Noch ein Umriss taucht aus der Dunkelheit auf. Sami erkennt ihn nicht, aber er hat eine Pistole auf Garza gerichtet und sieht aus, als wüsste er, wie man damit umgeht. Eine Weile lang tut sich nichts. Der Fremde rührt sich nicht. Niemand nimmt irgendjemanden zur Kenntnis.
Dann sagt der Fremde: »Es ist vorbei, Ray, lassen Sie die Waffe fallen.«
Garza dreht sich langsam um. Lässt die Waffe sinken. »Ich bin hier, um diesen Kerl hier festzunehmen. Was ist Ihre Entschuldigung?«
»Nicht abgeschlossene Geschäfte.« Ruiz blickt auf Sami. »Sind Sie in Ordnung?«
Sami nickt.
»Und Ihre Schwester?«
Er nickt wieder. »Wer sind Sie?«
»Ich bin der Exmann Ihrer Bewährungshelferin.«
Sami versucht, die Verbindung herzustellen. Das dauert eine Weile. Schließlich erinnert er sich, dass er einem pensionierten Polizisten namens Vincent Ruiz eine Nachricht hinterlassen hatte.
»Tut mir leid, dass ich so lange gebraucht habe.«
»Ist schon in Ordnung«, sagt Sami. »Wie haben Sie mich gefunden?«
»Durch ein Mädchen namens Kate Tierney. Vielleicht tun Sie mal was Nettes für sie. Ihr Blumen schenken. Sie zum Essen ausführen. Mädchen mögen so etwas.«
66
Wind ist aufgekommen, hat die Wolken weggeblasen. Jetzt kommt der Mond zum Vorschein, der in den Pfützen scheint und Tausende von silbernen Lichtern im Putney Common aufleuchten lässt.
Polizeiwagen haben das alte Krankenhaus umzingelt, das gar nicht mehr verlassen aussieht. Es hat geschlafen und ist wieder zum Leben erwacht, mit Sanitätern, die auf den Fluren zugange sind, und Leichen, die von drinnen herausgerollt werden.
Nadia sitzt mit einer Decke um die Schultern und einer Sauerstoffmaske über dem Gesicht in einem Krankenwagen. Sami trägt Handschellen und wird bewacht, aber man lässt ihn bei seiner Schwester sitzen. Seine Rippen sind gebrochen. Er wird geröntgt werden müssen. Das Adrenalin hat aufgehört, in seinem Körper herumzujagen, und Erschöpfung macht sich breit. Er schließt die Augen.
Taschenlampen bewegen sich durch den Park. Tony Murphy wird auf einer Bahre getragen. Es braucht sechs Mann dazu. Der Schlamm ist aus seinen Augen und seinem Mund gewaschen worden, aber seine Kleider lassen ihn aussehen wie eine Terrakotta-Statue, die aus einem Sumpf ausgegraben wurde.
Ruiz sieht zu, wie zwei Polizeibeamte zu beiden Seiten von Murphy in einen Krankenwagen steigen. Dann bemerkt er Ray Garza, wie er mit Fiona Taylor diskutiert und verlangt, einen Anwalt zu sprechen. Garza behauptet, er hätte versucht, sich die Bande zu krallen, die das Old Bailey ausgeraubt hat, um Murphy daran zu hindern, es ihm in die Schuhe zu schieben.
»Hören Sie, Süße, Sie sollten mir danken, anstatt mich wie einen Verbrecher zu behandeln«, sagt er. »Vielleicht sollte ich besser mit einem Ihrer Vorgesetzten sprechen.«
Fiona Taylor lässt sich ihren Ärger nicht anmerken, aber sie wird einen Weg finden, es Garza heimzuzahlen.
Noch eine Leiche wird auf einem Rollwagen herausgebracht, die Räder rasseln auf dem brüchigen Asphalt. Sie befiehlt Garza herüberzukommen.
»Würden Sie lieber jetzt eine formelle Identifizierung abgeben oder im Leichenschauhaus?«
»Was meinen Sie damit?«
Fiona löst einen der Gurte und zieht die Ecke der Plane zurück, entblößt ein Gesicht; ein junger Mann, gelassen im Angesicht der Umstände. Er könnte schlafen, wäre da nicht der Blaustich um seine Lippen und das kleine Loch in seinem Hals auf der Höhe des Kehlkopfs.
Ray Garzas Gesicht sagt alles. Murphy hat einen Jungen geschickt, um den Job eines Mannes zu erledigen – Garzas Jungen; seinen missratenen Sohn; sein einziges Kind.
Er streckt die Hand aus, berührt Ray junior, streicht die Strähne aus seinen Augen, lässt die Fingerspitzen über seine Lippen gleiten, als wolle er ihn zum Atmen bringen. Garzas Augen schließen sich nur für einen Moment, bevor er den Kopf in den Nacken wirft und aufheult. Am Boden zerstört. Untröstlich.
Ruiz sieht zu, ohne das geringste Gefühl von Triumph oder Befriedigung zu empfinden.
Seit zweiundzwanzig Jahren hat er sehen wollen, wie Garza dafür bezahlt, was er Jane Lanfranchi angetan hat, wollte ihn für immer hinter Gittern sehen. Aber Rache ist
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